John Corey 03 - Nachtflug
weniger edelmütigen Ziele, nämlich ein paar Leuten die ganze Sache in den Hintern zu schieben, wenn ich schon mal dabei war.
Meine Kinnlade tat noch immer weh, und im Bayview Hotel hatte ich bei einem kurzen Blick in den Spiegel festgestellt, dass ein Stück Haut fehlte und sich ein blauschwarzer Bluterguss über den Unterkiefer zog. Außerdem hatte ich Kopfschmerzen, die ich immer kriege, wenn ich Ted Nash begegne, egal ob ich ihm die Stirn ins Gesicht ramme oder nicht. Außerdem war ich um meine besten Teile herum ein bisschen empfindlich, was für mich Grund genug war, ihn umzubringen.
In den zwanzig Jahren, die ich bei der New Yorker Polizei gewesen war, hatte ich nur zwei Männer töten müssen, beide in Notwehr. Meine persönliche und berufliche Beziehung zu Ted Nash war komplizierter als die eher kurzfristige mit den beiden mir völlig fremden Menschen. Ich hatte schießen müssen, und daher waren die Gründe, aus denen ich Ted umbringen wollte, wie auch die Rechtfertigung dafür eine genauere Überprüfung wert.
Die Prügelei am Strand hätte für uns beide läuternd sein müssen, in Wahrheit aber war keiner von uns damit zufrieden, und wir brauchten eine Revanche.
Andererseits waren wir, wie Kate sagen würde, beide Bundesagenten, die unserem Land den gleichen Dienst erweisen wollten, daher sollten wir die Animositäten begreifen, die uns zu gegenseitiger Vernichtung, verbalem Schlagabtausch und körperlicher Gewalt trieben. Wir sollten über unsere Meinungsverschiedenheiten reden und erkennen, dass wir die gleichen Ziele und Hoffnungen hatten und sogar die gleichen Charakterzüge, was eher ein Grund zur Einigkeit als zur Auseinandersetzung sein sollte. Wir mussten uns eingestehen, dass wir uns gegenseitig einen Tort antaten, und einen konstruktiven und ehrlichen Beitrag dazu leisten, die Gefühle des anderen zu verstehen.
Beziehungsweise, um es kurz und einfach auszudrücken, ich hätte den Mistkerl ersäufen sollen wie eine Ratte oder ihn wenigstens mit seiner eigenen Knarre erschießen.
Ein Schild wies mich darauf hin, dass ich ins Nassau County kam, und der irre DJ gab bekannt, dass auf dem herrlichen Long Island wieder eine herrliche Samstagnacht angebrochen sei. »Von den Hamptons bis zur Gold Coast, von Plum Island bis Fire Island, vom Ozean bis zum Sund - überall rocken und rollen wir, lassen wir's krachen und feiern wir Feten. Wir haben unsern Spaß!«
Leck mich.
Was Mr. Nashs Enthüllungen mir gegenüber anging, so hatte er eine sehr gute Geschichte parat, und möglicherweise sagte er sogar die Wahrheit - auf dem Video war keine Rakete zu sehen. Das war gut, wenn es denn stimmte. Ich würde gern glauben, dass es ein Unglück war. Allerdings wäre ich sehr sauer, wenn ich herausfinden sollte, dass dem nicht so war.
Ich hatte in diesem Spiel vielleicht noch eine Karte, und das war Jill Winslow - aber ich wusste nicht genau, ob es sich bei der richtigen Jill Winslow um die in Old Brookville handelte, wohin ich zur Zeit unterwegs war. Die richtige Jill Winslow könnte ebenso wie ihr Geliebter tot sein. Und wenn ich weiter rumschnüffelte, könnte auch ich bald tot sein, auch wenn es kein Vertuschungsmanöver und keine Verschwörung gab - ich glaube, Ted Nash wollte mich am liebsten tot sehen, und nach dem heutigen Abend würden ihm seine Bosse freie Hand lassen.
Ich bog vom Expressway ab und fuhr auf der Cedar Swamp Road nach Norden. Ich sah weder Zedern noch Sümpfe, was gut war. Ich werde immer nervös, wenn ich Manhattan verlasse, aber nach dem Jemen könnte ich sogar in New Jersey Urlaub machen.
Ich kannte mich in dieser Gegend des Nassau County ein bisschen aus, weil bei der Antiterror-Task Force ein paar Detectives aus dem Nassau County waren. Mit denen hatte ich ein paar Salami-Salami-Gestalten observiert, die hier draußen lebten, arbeiteten und nichts Gutes im Sinn hatten.
Ich fuhr die Cedar Swamp Road entlang, die von großen Häusern, einem Country Club und ein paar verbliebenen Anwesen von Long Islands Gold Coast flankiert wurde.
Dann bog ich auf die Route 25A ab, die Hauptverbindungsstraße von Ost nach West, und hielt mich in Richtung Osten.
Ich musste davon ausgehen, dass Ted Nash spätestens morgen im Bayview Hotel aufkreuzen und mit Mr. Rosenthal über meinen Besuch und über Jill Winslow reden würde. Folglich musste ich mich sputen, aber wenn ich noch heute Nacht mit Mrs. Winslow sprach, könnte es - von der späten Stunde einmal abgesehen - Schwierigkeiten mit Mr.
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