John Corey 03 - Nachtflug
Bombe oder Rakete verursacht worden sein könnten.«
»Erstaunlich.«
»So ist es. Niemand kann etwas an der Arbeit aussetzen, die sämtliche Beteiligten an diesem Projekt geleistet haben. Es ging weit über alles bislang Dagewesene hinaus. Hiermit hat man absolutes Neuland betreten und Geschichte geschrieben, was die Untersuchung von Flugzeugunglücken betrifft. Das war das einzig Gute, das bei dieser Tragödie herauskam.« Und sie fügte hinzu: »Niemand fand eine heiße Spur, die auf einen Anschlag hingedeutet hätte, aber man fand viele Beweise, die dagegen sprachen. Der wichtigste davon war, dass keinerlei Sprengstoff-Rückstände an Bord waren.«
»Ich dachte, man hat ein paar Chemikalienspuren gefunden, die auf Sprengstoffspuren hindeuteten. Soweit ich mich erinnere, hat das einen Riesenwirbel verursacht.«
Kate erwiderte: »Man hat ein paar Fehlanzeigen bekommen, zum Beispiel durch den Klebstoff, der in den Materialien der Sitzbespannung und der Auslegewaren enthalten war und gewisse chemische Ähnlichkeiten mit Plastiksprengstoff aufwies. Außerdem hat man in dieser Kabine ein paar echte Treffer gelandet, aber wie sich herausstellte, wurde die Maschine einen Monat vor dem Absturz in St. Louis zur Ausbildung von Sprengstoffhunden benutzt.«
»Sind wir uns da ganz sicher?«
»Ja. Der Hundeführer wurde vom FBI vernommen, und er sagte aus, dass möglicherweise ein paar Semtex-Rückstände zurückgeblieben sein könnten.«
Wir gingen den rechten Gang entlang, zwischen den verkohlten und zerrissenen Sitzen hindurch, auf denen hin und wieder Flecken waren, nach denen ich lieber nicht fragen wollte. Auf einigen Sitzen lagen außerdem Rosen und Nelken, und Kate sagte zu mir: »Einige der Menschen, die du bei dem Gedenkgottesdienst gesehen hast, waren heute Morgen hier, um nahe der Stelle zu sein, wo ihre Angehörigen saßen ... Ich war auch mal hier ... und die Leute knieten neben den Sitzen und sprachen sie an ...«
Ich legte ihr die Hand auf die Schulter, und wir standen eine Weile schweigend da und gingen dann weiter den Gang entlang.
Wir blieben in der Mitte der Kabine stehen, in dem Bereich über dem Haupttank, dort, wo links und rechts die Tragflächen gewesen waren. In diesem mittleren Abschnitt war der Rumpf unterhalb der Stelle, wo der Treibstofftank explodiert war, schwer beschädigt, aber sämtliche Sitze und ein Großteil der Auslegeware waren geborgen worden.
»Wenn eine Rakete mit oder ohne Sprengstoff hier durchgedrungen wäre, müsste man doch irgendeine Spur davon sehen, aber es gibt keine«, sagte Kate. »Weder hier in der Kabine noch an der Außenhaut des Rumpfes, weder am mittleren Haupttank noch an der Klimaanlage unterhalb des Treib stofftanks.«
Ich schaute mir den Boden an, dann die Sitze, die Decke und die herabhängenden Handgepäckfächer. »Trotzdem, hier fehlen jede Menge Teile«, sagte ich.
»Stimmt ... aber trotzdem sollte man meinen, dass Captain Sprucks Rakete irgendeine Spur von ihrem Eintritt und Austritt hätte hinterlassen müssen, als sie sich durch dieses ganze Zeug gebohrt hat.« Schweigend blickte sie sich inmitten der zertrümmerten Überreste der Kabine um, dann sagte sie: »Aber es könnte sein, dass sie sich hier durchgebohrt hat und dass sämtliche Hinweise darauf bei der Explosion und dem anschließenden Absturz aus dreizehntausend Fuß Höhe vernichtet wurden.« Sie schaute mich an.
Ich dachte einen Moment lang nach, dann sagte ich: »Deswegen sind wir hier.«
Wir gingen zum vorderen Teil der Kabine und traten in die Erste Klasse, wo die Sitze breiter waren. Hier war das Flugzeug auseinandergebrochen, mitten durch diesen vorderen Bereich und durch das rekonstruierte Oberdeck. Eine verbogene Wendeltreppe, umgeben von zertrümmerten Plastikwänden, führte hinauf.
Kate schwieg eine Zeitlang, dann sagte sie: »TWA-Flug 800, unterwegs zum Flughafen Charles de Gaulle in Paris, zehn Minuten nach dem Start am Kennedy Airport, bei einer Geschwindigkeit von rund sechshundertfünfzig Kilometern pro Stunde im Steigflug auf elftausend Fuß, etwa acht Meilen vor der Südküste von Long Island.«
Sie holte tief Luft und fuhr fort: »Wir wissen anhand der Passagiere, die noch angeschnallt waren, dass zumindest zwölf von ihnen die Plätze wechselten - das ist bei einem Nachtflug üblich, um eine leere Sitzreihe in der Mitte zu ergattern, wo man sich langlegen kann.«
Ich drehte mich um und schaute zurück zu den Sitzen in der Touristenklasse. Am Abend des 17. Juli
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