John Grisham
schön!«, sagte Inez.
»Dank e, Mama. Und jetzt eins von Litll e Bennie Burke, dem wahrscheinlich Besten von allen. Er stammt übrigens aus Indianola, habt ihr das gewusst?« Sie hatten es nicht gewusst. Wie der Großteil der weißen Landbevölkerung hatten sie keine Ahnung von Blues und noch weniger Interesse daran.
Raymonds Gesicht verzerrte sich erneut. Er schlug härter in die Saiten.
I packed my bags on Monday
Tuesday said so long
Wednesday saw my baby
Thur sday she was gone Got paid this
Friday mornin' Man said it's all right
Told him he c ould shove it
I'm walkin' out tonight.
Leon sah auf die Uhr. Es war jetzt kurz vor elf, noch eine gute Stunde. Er war nicht sicher, ob er eine weitere Stunde lang Raymonds Blues zuhören könnte, fügte sich dann aber. Butch ging der Gesang auch auf die Nerven, doch er schaffte es, ruhig sitzen zu bleiben, mit geschlossenen Augen, als beruhigten ihn Worte und Musik.
I'm tired of pickin' cotton
I'm tired of shootin' dice
I'm tired of getting 'hassled
I'm tired of tryin' to he nice
I'm tired of w orkin' for nothing
I'm tired of havin' to fight
Everything's behind me now
I'm walking out tonight.
Dann wusste Raymond den Text nicht mehr weiter und fuhr summend fort. Nachdem er schließlich geendet hatte, blieb er eine Minute lang mit geschlossenen Augen sitzen, als hätte die Musik ihn in eine andere Welt versetzt, an einen viel schöneren Ort.
»Wie spät ist es, Bruder?«, fragte er Leon.
»Punkt elf.«
»Ich muss noch mal bei den Anwälten nachfragen. Sie rechnen damit, dass jetzt die Entscheidung fällt.«
Er stellte die Gitarre in eine Ecke, klopfte an die Tür und trat hindurch. Die Aufseher legten ihm Handschellen an und führten ihn weg. Minuten später kam aus der Küche ein ganzer Trupp von Männern mitsamt einer bewaffneten Eskorte. Eilig stellten sie einen quadratischen Klapptisch auf und verteilten größere Mengen Speisen darauf. Sofort war der Raum erfüllt von den Gerüchen, und Leon und Butch bekamen vor Hunger ganz weiche Knie. Sie hatten seit dem Mittag nichts gegessen. Inez war zwar viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, um an Essen zu denken, sah sich das Festbüfett aber genauestens an. Catfish gebacken, Pommes frites, frittierte Maisbällchen und Krautsalat standen in der Mitte des Tisches. Rechts davon türmte sich ein riesiger Cheeseburger mit einer weiteren Portion Pommes frites und frittierten Zwiebelringen auf. Links lag eine mittelgroße Pizza mit Peperoni und blubbernd heißem Käse. Direkt vor dem Catfish war ein großes Stück von etwas, das wie Zitronenkuchen aussah, daneben ein Dessertteller mit einem Schokoladenkuchen. Eine Schüssel mit Vanilleeis fand an der Tischkante gerade noch Platz.
Während die drei Graneys auf das Essen starrten, sagte einer der Aufseher: »Zu seiner letzten Mahlzeit bekommt er, was er will.«
»O Gott.« Inez fing erneut an zu weinen.
Als sie wieder allein waren, versuchten Butch und Leon, das Essen zu ignorieren, das sie fast berühren konnten, aber die Düfte waren überwältigend. Catfish im Teigmantel, in Maisöl ausgebacken. Frittierte Zwiebelringe. Peperoni. Die Luft in den kleinem Raum war erfüllt von den konkurrierenden, aber kös tlich en Gerüchen.
Von den dargebotenen Speisen hätten leicht vier Personen satt werden können.
Um 23.15 Uhr kam Raymond lautstark fluchend zurück. Er meckerte über die Aufseher und beschwerte sich zusammenhanglos über seine Anwälte. Als er das Essen sah, vergaß er all seine Probleme und seine Familie und nahm den einzigen Platz am Tisch ein. Überwiegend die Finger benutzend, stopfte er sich Pommes und Zwiebelringe in den Mund und fing an zu erzählen.
»Das Berufungsgericht hat uns gerade abgewiesen, diese Deppen. Unser Habeas-Corpus-Antrag war wundervoll, hab ihn selbst verfasst. Wir sind auf dem Weg nach Washington, zum Supreme Court. Da steht eine Großkanzlei parat, bereit zum Angriff. Sieht alles gut aus ...« Er stopfte sich noch mehr Essen in den Mund und kaute dann, ohne seine Rede zu unterbrechen. Inez blickte auf ihre Füße und wischte sich Tränen aus den Augen. Butch und Leon schienen geduldig zuzuhören, während sie den Fliesenboden betrachteten.
»Tallulah schon gesehen?«, fragte Raymond, der immer noch mit vollem Mund malmte, nach einem Schluck Eistee.
»Nein«, sagte Leon.
»Schlampe. Die will doch nur die Buchrechte für meine Lebensgeschichte. Aber die wird sie nicht kriegen. Ich übertrage sämt li che
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