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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Gesettz
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Lisas Sicht könnten wir das Ganze auch lassen.«
    Dr. Juanita machte sich Notizen, so wie Mack es bei Mandanten tat, die nichts sagten, bei denen aber trotzdem irgendetwas aufgeschrieben werden musste.
    »Wie viel trinken Sie?«, fragte sie.
    »Nicht im Entferntesten so viel, wie Lisa sagt. In Lisas Familie ist Alkohol verpönt, da gelten schon drei Bier am Abend als Besäufnis.«
    »Aber Sie trinken zu viel.«
    »An dem bewussten Abend hatte es geschneit. Ich bin auf dem Eis ausgerutscht und mit dem Kopf aufgeschlagen, und mittlerweile ist ganz Clanton davon überzeugt, dass ich in meiner Einfahrt sturzbesoffen gestürzt und auf den Schädel gefallen bin, weshalb ich mich jetzt so merkwürdig verhalte. Lisa sucht Verbündete, merken Sie das nicht? Sie erzählt allen, was ich für ein mieser Typ bin, weil sie die Leute auf ihrer Seite haben will, wenn sie die Scheidung einreicht. Die Fronten sind schon vorgezeichnet. Es ist unvermeidlich.«
    »Sie geben auf?«
    »Ich kapituliere. Vollständig. Bedingungslos.«
    Zufällig war der nächste Sonntag der zweite Sonntag im Monat, ein Tag, den Mack hasste wie keinen anderen. In Lisas Familie, dem Bunning-Clan, war es ehernes Gesetz, dass sich alle am zweiten Sonntag des Monats nach dem Gottesdienst im Haus ihrer Eltern zum Brunch versammelten. Als Entschuldigung wurde höchstens akzeptiert, dass ein Familienmitglied verreist war. Selbst das wurde nicht gern gesehen, und über Abwesende wurde fleißig hergezogen, selbstverständlich außer Hörweite der Kinder.
    Mack, dessen Stirn sich mittlerweile dunkelblau verfärbt hatte und immer noch eine deutlich sichtbare Schwellung aufwies, konnte der Versuchung nicht widerstehen, sich einen letzten großen Abgang zu verschaffen. Er schwänzte die Kirche, schlüpfte ungeduscht und unrasiert in eine alte Jeans und ein dreckiges Sweatshirt und entfernte die weiße Gaze von seiner Wunde, um den Bunnings mit dem dramatischen Anblick der scheußlichen Naht den gesamten Brunch zu verderben. Er kam ein paar Minuten zu spät, aber früh genug, um die Erwachsenen an der ersten Runde vernichtender Kommentare zu hindern. Lisa ignorierte ihn, wie die meisten anderen. Seine Töchter versteckten sich mit ihren Cousinen, die natürlich alles über den Skandal gehört hatten und mehr über ihren verrückt gewordenen Onkel erfahren wollten, im Wintergarten.
    Kurz bevor sich alle an den Tisch setzten, ging Lisa dicht an ihm vorbei. »Wieso verschwindest du nicht?«, zischte sie ihm durch die zusammengebissenen Zähne zu.
    »Weil ich am Verhungern bin und seit dem letzten zweiten Sonntag im Monat keinen verbrannten Auflauf mehr gegessen habe«, erwiderte Mack fröhlich.
    Die sechzehn Familienmitglieder hatten sich vollzählig versammelt, und nachdem Lisas Vater, der noch vom Kirchgang ein weißes Hemd mit Krawatte trug, den Tag mit seiner üblichen Bitte an den Allmächtigen gesegnet hatte, gaben sie die Speisen herum, und das Mahl begann. Wie immer begann Lisas Vater nach kaum dreißig Sekunden, über den Zementpreis zu sprechen. Die Frauen tuschelten untereinander. Zwei von Macks Neffen starrten von der anderen Seite des Tisches wie gebannt auf seine Stirn und brachten keinen Bissen hinunter.
    Schließlich hielt Lisas Mutter, die Matriarchin, es nicht mehr aus. »Mack, dein armer Kopf sieht ja furchtbar aus. Das tut bestimmt weh.«
    Mack, der mit einer solchen Attacke gerechnet hatte, erwiderte das Feuer. »Ich spüre gar nichts. Die Medikamente sind genial.«
    »Wie ist das passiert?« Die Frage kam von seinem Schwager, einem Arzt, der einzigen Person am Tisch, die Zugriff auf Macks Krankenhausakte hatte. Mack war ziemlich sicher, dass der Doktor Macks Unterlagen praktisch auswendig gelernt und die behandelnden Ärzte, Schwestern und Hilfskräfte ausgequetscht hatte, bis er mehr über Macks Zustand wusste als Mack selbst. Jetzt, wo Mack kurz davorstand, seine Kanzlei aufzulösen, tat es ihm nur leid, dass er seinen Schwager nie wegen ärztlicher Kunstfehler verklagt hatte. Andere hatten es getan, und zwar mit Erfolg.
    »Ich war betrunken«, verkündete Mack stolz. »Bin spät nach Hause gekommen, auf dem Eis ausgerutscht und auf den Kopf gefallen.«
    Die ausschließlich aus Nichttrinkern bestehende Familie am Tisch erstarrte.
    Mack hatte noch nicht genug. »Sagt bloß, ihr habt die Geschichte noch nicht gehört. Lisa war doch Augenzeugin und hat es allen erzählt.«
    »Mack, bitte.« Lisa ließ die Gabel sinken, wie die anderen - bis auf Mack. Der

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