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John Grisham

John Grisham

Titel: John Grisham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Gesettz
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Mundwinkel. »Du drehst ja doch durch, Junge.« Harry Rex war um die fünfzig, wirkte aber viel älter und weiser. Alle, die jünger waren als er, wurden freundschaftlich als »Junge« tituliert.
    »Nennen wir es Midlife-Crisis. Ich bin zweiundvierzig und habe keine Lust mehr, Anwalt zu sein. Meine Ehe ist am Ende, meine Karriere steckt in der Sackgasse. Es wird Zeit für eine Veränderung, für einen kleinen Tapetenwechsel.«
    »Junge, ich habe drei Ehen hinter mir. Nur weil du eine Frau loswerden willst, musst du nicht gleich die Flinte ins Korn werfen und abhauen.«
    »Ich brauche keine Berufsberatung, Harry Rex. Du sollst mich im Scheidungs- und im Insolvenzverfahren vertreten. Den Papierkram habe ich schon vorbereitet. Einer von deinen Lakaien soll alles bei Gericht einreichen, damit ich abgesichert bin.«
    »Wo willst du hin?«
    »Weit weg. Bisher ist nichts entschieden, aber ich gebe dir Bescheid, wenn ich weiß, wo ich lande. Falls ich gebraucht werde, komme ich zurück. Meine Töchter sind ja noch hier.«
    Harry Rex ließ sich in seinen Sessel sinken. Er atmete tief aus und musterte die Aktenstapel, die sich planlos auf dem Boden neben seinem Schreibtisch türmten. Dann starrte er auf das Telefon, an dem fünf rote Lämpchen blinkten.
    »Kann ich mitkommen?«, fragte er.
    »Sorry. Du bleibst hier und spielst meinen Anwalt. Ich habe elf Scheidungsverfahren laufen, die meisten davon einvernehmlich, acht Insolvenzen, eine Adoption, zwei Nachlässe, einen Autounfall, eine Arbeitsunfähigkeitsentschädigung und zwei Schiedsverfahren für Kleinunternehmer. Das ergibt ein Gesamthonorar von etwa fünfundzwanzigtausend Dollar über die nächsten sechs Monate. Ich möchte, dass du das für mich übernimmst.«
    »Das sind doch Peanuts.«
    »Stimmt, genau damit schlage ich mich seit siebzehn Jahren herum. Gib das Zeug einem deiner kleinen Rechtsanwälte und zahl ihm einen Bonus. Glaub mir, es ist nicht weiter kompliziert.«
    »Wie sieht's mit Kindesunterhalt aus?«
    »Maximal dreitausend pro Monat, was deutlich mehr ist, als ich mir im Augenblick leisten kann. Fang mit zweitausend an, dann siehst du schon, wie es läuft. Unüberbrückbare Differenzen, sie kann die Scheidung einreichen, ich schließe mich ihrem Antrag an. Das Sorgerecht kann sie ruhig haben, aber ich will die Mädchen sehen, wenn ich hier bin. Sie bekommt das Haus, ihr Auto, die Bankkonten, alles. Mit der Insolvenz hat sie nichts zu tun. Unser gemeinsames Vermögen ist davon nicht betroffen.«
    »Womit gehst du dann in die Insolvenz?«
    »Mit der Kanzlei Jacob McKinley Stafford, Rechtsanwaltgesellschaft mit beschränkter Haftung. Friede ihrer Asche.«
    Harry Rex kaute auf seiner Zigarre, während er den Insolvenzantrag studierte, an dem nichts außergewöhnlich war. Ein ausgeschöpftes Kreditkartenlimit, ein nie getilgter Kredit, die viel zu hohen Hypothekenzahlungen.
    »Du musst das nicht tun«, sagte er. »Das kriegen wir in den Griff.«
    »Der Antrag ist fertig, Harry Rex. Mein Entschluss steht fest, und es wird sich noch einiges mehr ändern. Ich setze mich ab. Tauche unter. Bin schon weg.«
    »Ganz schön mutig.«
    »Nein. Die meisten Leute finden es feige, abzuhauen. «
    » Und wie findest du es?«
    »Das ist mir so was von egal. Wenn ich jetzt nicht gehe, sitze ich für den Rest meines Lebens hier fest. Das ist meine einzige Chance.«
    »Guter Junge.«
    Am Dienstag um Punkt zehn Uhr, eine ruhmreiche Woche nach dem ersten Telefonat, tätigte Mack den zweiten Anruf. Während er die Nummer eingab, gratulierte er sich lächelnd zu den erstaunlichen Leistungen der vergangenen sieben Tage. Seine Strategie funktionierte perfekt. Bisher lief alles wie geschmiert, vielleicht mit Ausnahme seiner Kopfverletzung, aber selbst die hatte er geschickt in seinen Fluchtplan integriert. Mack ist auf den Kopf gefallen und musste deswegen sogar ins Krankenhaus. Kein Wunder, dass er sich so komisch benimmt.
    »Mr. Marty Rosenberg«, sagte er höflich und wartete, bis er durchgestellt wurde. Es dauerte nicht lange, bis er den wichtigen Anwalt am Apparat hatte und mit ihm Höflichkeitsfloskeln austauschte. Rosenberg schien es nicht eilig zu haben und erging sich so lange in belanglosem Geplauder, dass Mack sich plötzlich fragte, ob diese mangelnde Zielstrebigkeit hieß, dass er seine Meinung geändert hatte und nichts mehr von ihrer Vereinbarung wissen wollte. Er beschloss, zum Thema zu kommen.
    »Hören Sie, Marty, ich habe mit allen vier Mandanten gesprochen, und wie

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