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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Farm. Und dann begann der eigentliche Bau der Bombe.

16
    Zürich
    Zürich war eine ruhige, wohlhabende Stadt und Wells auf Anhieb unsympathisch. Das hatte keinen besonderen Grund, außer dass Kowalski hier lebte. Vermutlich reichte das. Für diese Reise hatte er keine großen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Sogar im Hotel stieg er unter seinem eigenen Namen ab. Er hatte seine Glock, und die CIA wusste, dass er hier war. Mehr Schutz brauchte er nicht. Kowalski hatte ihn wohl kaum eingeladen, um einen erneuten Anschlag zu verüben.
    Wells war im Baur au Lac abgestiegen, einem Fünf-Sterne-Hotel in der Innenstadt. Das Haus stank nach unermesslichem Reichtum, nach Vermögen, das erst untergehen würde, wenn die Sonne explodierte und ihre Flammen die Welt verschlangen. Wells hatte mit seiner CIA-Kreditkarte eine Suite gebucht und sich diebisch gefreut bei dem Gedanken, wie sich ein Rechnungsprüfer in Langley an seinem Kaffee verschluckte, wenn er sah, dass die Übernachtung dreitausend Dollar gekostet hatte.
    Sobald ihn der Page aufs Zimmer gebracht hatte, griff er zum Telefon. Kowalski antwortete beim ersten Klingeln. »Hallo?«

    »Ich bin im Baur au Lac.« Krieg mich, wenn du kannst, dachte Wells.
    »Mr Wells … Wollen wir uns heute Abend um sechs an der Bar in der Lobby treffen?«
    »Ich bin da.« Damit legte Wells auf.
     
    Die Bar war in Wirklichkeit ein fünfzehn mal fünfzehn Meter großer Salon mit Wohnzimmeratmosphäre. Männer in dunklen Anzügen und weißen Hemden saßen an den Tischen, tranken Bier und lasen Die Zeit oder die Financial Times. In einer Ecke hatte sich eine blonde Mittfünfzigerin in einer grellblauen Bluse und mit glitzernden Diamanten an Handgelenken, Hals und Ohren zwischen zwei jüngeren Männern niedergelassen. Sie redete ununterbrochen, und ihre Gesprächspartner hingen geradezu an ihren Lippen. Vielleicht ihre Anlageberater. Oder Neffen, die auf ein Darlehen hofften.
    Kowalski hatte es sich in der gegenüberliegenden Ecke auf einem Sofa hinter einem niedrigen Couchtisch bequem gemacht. Er trug einen verknitterten blauen Anzug und ein cremefarbenes Hemd, aber keine Krawatte. Seit ihrer letzten Begegnung schien er abgenommen zu haben, obwohl man ihn beim besten Willen nicht als schlank bezeichnen konnte. Flankiert wurde er von zwei Männern. Der eine war etwa so groß wie Wells, der andere lang, dünn und hässlich. Sie erhoben sich, als Wells auf sie zuging, und Wells erkannte den Kräftigeren als Anatolij Tarasow, Kowalskis Sicherheitschef. Er war kleiner als Wells, hatte aber breitere Schultern. Die Blumenkohlohren und die flache Nase verrieten den Boxer. Wells ging davon aus, dass er zwölf Runden gegen Tarasow durchstehen könnte, doch der Ausgang des Kampfes wäre vermutlich
ungewiss. Der andere Mann blieb seitlich von Wells stehen, ohne ihn anzusehen. Stattdessen konzentrierte er sich auf Wells’ Hände, während seine eigenen unter seiner Jacke verborgen blieben. Das war der Gefährlichere der beiden: der Scharfschütze.
    Als Wells an den Tisch trat, knurrte Kowalski etwas, stand auf und streckte die Hand aus. Wells ließ sie in der Luft hängen, bis Kowalski sie zurückzog, und setzte sich dann auf einen Sessel.
    »Mr Wells, ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich meine Freunde mitgebracht habe. Das hier ist Anatolij, und der Herr dort nennt sich Dragon.« Kowalski hob sein Glas. »Möchten Sie etwas trinken? Das ist ein Riesling, sehr trocken. Ein ausgezeichneter Tropfen.«
    Wells sah keine Veranlassung, etwas zu sagen.
    »Wissen Sie, wieso es Hotels gibt?«, fragte Kowalski. »Vor sechs-, siebenhundert Jahren, im Mittelalter, belebte sich der Handel, und die Kaufleute fingen an zu reisen, um ihre Waren zu verkaufen. Irgendwo mussten sie übernachten. Zuvor waren Reisende in Klöstern oder auf Burgen abgestiegen, aber diese Kaufleute kannten weder die örtlichen Priester noch die Burgherren. Eine schwierige Situation. Um Abhilfe zu schaffen, ergänzte man die Gasthäuser in den größeren Städten um Zimmer, die jedem eine sichere Übernachtungsmöglichkeit boten.«
    »Und aus diesen Herbergen entwickelten sich die Hotels.«
    »Genau. Dies ist ein solcher Ort. Sie können unbesorgt etwas trinken. Wenn Sie wollen, nehmen Sie mein Glas.«
    »Sie denken, ich habe Angst?«, fragte Wells. »Ich habe keine Lust, mich von Ihnen bewirten zu lassen. Und Ihr Geschichtsunterricht interessiert mich schon gar nicht.«

    »Außerdem wissen Ihre Vorgesetzten, dass Sie hier sind, und

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