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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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so vielen Fehlalarmen seit dem 11. September.
    Aber das Risiko konnte er nicht eingehen.
    Er hätte gern mit Sicherheit gewusst, warum sich Kowalski an ihn gewandt hatte. Vielleicht war ja doch irgendein Haken an der Sache, den er übersehen hatte. Unwahrscheinlich. Die einfachste Erklärung war häufig die beste, und die war, dass Kowalski Angst hatte, in der Hölle zu landen, wenn eine Bombe hochging und die Vereinigten Staaten herausfanden, dass er Informationen zurückgehalten hatte, die das hätten verhindern können. Also hatte er beschlossen, Wells den Namen zu nennen und sich diesen damit zugleich vom Hals zu schaffen. Zwei Fliegen mit einer Klappe.

    Wells hätte Kowalski nur zu gern für Exley und all die namenlosen Afrikaner zahlen lassen, die den von Kowalski verkauften Kugeln zum Opfer gefallen waren. Selbst wenn er deswegen Exley verloren hätte. Vielleicht hätte Exley ihm eines Tages verziehen und verstanden, dass er Kowalski umbringen musste, damit all die anderen Menschen, die er getötet hatte, nicht umsonst gestorben waren. Vielleicht auch nicht. Aber so sehr er sich selbst gehasst hätte, wenn er sie durch eigene Schuld verloren hätte, er hätte nie bereut, Kowalski getötet zu haben.
    Oder … vielleicht hätte er es sich auch anders überlegt. Vielleicht hätte er erkannt, dass es nicht an ihm war, Rache zu nehmen. Dann hätte er das Exley sagen können. Ich gebe die Jagd auf. Möglicherweise ist es zu spät, aber ich will, dass du das weißt. Es tut mir leid.
    Stattdessen würde er in jeder Hinsicht verlieren. Kowalski mit den Schlangenaugen würde am Leben bleiben. Und Wells würde zu Exley nicht sagen können, dass er seinen Frieden gefunden und die Jagd aufgegeben hatte. Kowalski kaufte sich schlicht und einfach frei, schloss einen Handel, um seine Haut zu retten.
    Aber das hatte Wells schon den ganzen Tag lang gewusst. Jetzt verschwendete er Zeit. Und Kowalski hatte Recht. Wer auch immer diese Terroristen waren - wenn die Bombe fertig war, würden sie nicht warten. Wells schaltete den Fernseher aus und griff zum Telefon.
     
    Eine halbe Stunde später brachte ihn der Bentley des Hotels durch die schneebedeckten Straßen zu den Toren von Kowalskis Villa. Wells stieg aus und sah der schwarzen Limousine, einem massiven Block auf Rädern, nach, als sie lautlos davonrollte. Dann betätigte er die Klingel. Die
schmiedeeisernen Torflügel schwangen auf, und er ging über die Kieseinfahrt auf ein dreistöckiges breites Haus aus rotem Backstein zu, das besser nach Boston als nach Zürich gepasst hätte.
    Die Eingangstür wurde von einem Hausmädchen in Uniform geöffnet, das knickste und beiseitetrat. Dahinter erschien die schönste Frau, die Wells je gesehen hatte. Sie war groß, schlank und hatte hohe Brüste. Ein schwarzes Kleid aus Crêpe de Chine schmiegte sich an ihren Körper.
    »Nadja.« Sie reichte ihm die Hand.
    »John.« Wells blieb in der Tür stehen und versuchte unbeholfen, sich aus seinem langen blauen Mantel zu schälen, wobei er sich vorkam wie ein Sechstklässler beim ersten Rendezvous. Er hatte Tarasow erwartet oder den Scharfschützen, den Kowalski Dragon genannt hatte. Nicht dieses Geschöpf, dessen Augen so blau waren wie die von Exley.
    »Bitte kommen Sie herein. Frederika nimmt Ihnen den Mantel ab.«
    Das Hausmädchen half ihm aus Mantel und Handschuhen und entschwand.
    Nadja legte den Kopf zur Seite und sah Wells an. Ein Lächeln huschte wie ein Schmetterling über ihr Gesicht, als hätte er ihr einen Scherz zugeflüstert, den sie nur halb verstanden hatte.
    »Ist Ihnen kalt? Möchten Sie etwas trinken?«
    Wells schüttelte den Kopf.
    »Dann kommen Sie bitte mit.«
    Die Villa war noch luxuriöser, als Wells erwartet hatte. An den Wänden hingen impressionistische Gemälde. Als sie am Speisezimmer vorbeikamen, meinte Wells einen flüchtigen Blick auf einen Renoir zu erhaschen, und in
einer dämmrigen Nische schien ein Pastell von Degas zu hängen.
    Nadja ging mit wiegenden Hüften vor ihm her. Ihre roten Absätze klapperten über den Eichenboden, und ihr Kleid raschelte beim Gehen. Es war züchtig knielang, aber Wells stellte sich Nadjas Schenkel darunter vor, bis er sie geradezu sehen konnte. Seit Jahren hatte er sich zu keiner Frau außer Exley auf diese Weise hingezogen gefühlt, aber Nadja besaß eine sinnliche Ausstrahlung, die so natürlich war wie Morgennebel über einem See. Er zwang sich, den Blick abzuwenden. Es war Exley gegenüber unfair, und außerdem dumm. Er

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