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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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angenehm. Herb. Fast wie die Blüten der Limonenbäume in den
Wäldern von Tierra Grande.
    »Nimm das!« Er griff nach ihrer Hand, und sie konnte
gerade noch verhindern, dass sie sie zurückzog. »Das sind
Eppichsamen. Wenn man sie kaut, wird es einem wohler.«
    Körner rieselten in ihre Handfläche. Seine Haut war kühl,
und die ungewohnte Nähe ließ ihr Herz klopfen. In der
anonymen Dunkelheit empfand Jacquotte mit einem Mal keine
Furcht mehr vor Tête-de-Mort. Vielmehr machte sich ein
ungeahntes Gefühl der Vertrautheit in ihr breit, das sie
verunsicherte.
    »Danke«, flüsterte sie, aber der Schatten hatte sich
bereits von ihr entfernt.
    »Seht«, wisperte Jan. »Das Zeichen!« Sie spürte den
Lufthauch, als sein dünner Arm an ihr vorbeischoss, und ihr
Blick folgte der Richtung.
    An Deck des vordersten Schiffes, der
Bonaventure
, wurde
eine Fackel geschwenkt. Das war das Kommando für die anderen
Schiffe, ihre Boote zu Wasser zu lassen und gen Festland zu
rudern. Jacquotte spannte die Muskeln. Es ging los!
    »Reißt den Mistkerlen ihre spanischen Därme raus«, rief
Jan den Männern zu, und sie wankte hinter ihm her.
Verstohlen schob sie einige der Samen in den Mund und
zerkaute sie. Sie schmeckten süßlich, und das intensive
Aroma stieg ihr sofort in die Nase.
    »Du musst mir alles berichten.« Jan zog aufgeregt an ihrem
Hemd. »Eine Schande, dass ich nich‘ mitdarf.«
    »Ich brauche einen fähigen Mann an Bord der
Fortune Noire
.
Wem außer dir könnte ich meine Liebste anvertrauen?«
Tête-de-Mort hob ihn neben das Steuerrad. »Gib gut auf sie
Acht«, fügte er warnend hinzu.
    »Aye, Kapitän!« Jan salutierte im Schein der soeben
entzündeten Fackel. Sie sollte De l’Isle signalisieren, dass
die Mannschaft von Tête-de-Mort im Begriff war, von Bord zu
gehen.
    »Brüder, hört mich an! Kämpft mit Eifer und bewegt euch
mit Besonnenheit an Land, ganz so, wie ich es von euch
gewohnt bin. Möget ihr alle wohlbehalten auf dieses Schiff
zurückkehren. Und vergesst vor allem nicht, reichlich Beute
zu machen«, sprach der Kapitän.
    Die Männer lachten, und Jacquotte musterte den entstellten
Mann, der den Blick väterlich über seine angetretene
Mannschaft schweifen ließ. Sie war stolz, Bestandteil der
Besatzung zu sein und gierig darauf, endlich loszuziehen. In
den vergangenen Tagen auf See hatte sie den Zusammenhalt der
Männer kennengelernt. Es herrschte ein rauer Ton an Bord,
der widerspruchslos hingenommen wurde. Die Mannschaft
unterstellte sich für jede Fahrt erneut den Befehlen ihres
frei gewählten Kapitäns und erwartete Mut und
Entschlossenheit von ihm. Es war nicht unüblich, so erzählte
ihr Jan, dass ein Skipper, der sich als Feigling
herausstellte, von seinen Männern verstoßen wurde. Doch auf
der
Fortune Noire
herrschte ein opportunes Gleichgewicht,
das niemanden seine Aufgaben hinterfragen ließ. Die Männer
scheuten selbst vor schwersten Arbeiten nicht zurück und
zollten ihrem Kapitän Demut, wenn sie einmal am Tag
gemeinsam ihre Mahlzeit mit ihm einnahmen, und er über das
weitere Vorgehen befand. Jeder durfte sich zu Wort melden,
keinem blieb das Stimmrecht verwehrt.
    »Boote klar machen«, befahl Tête-de-Mort, und die Männer
stoben auseinander. Jacquotte sah ihnen nach. Die Welt der
Seefahrt war neu für sie. Bisher war sie Jan auf Schritt und
Tritt gefolgt, um all die fremdartigen Begriffe und Dinge,
die es an Bord eines Schiffes gab, besser verstehen zu
können. Trotzdem fühlte sie sich ausgeschlossen, wenn die
Männer ihrer Arbeit nachgingen und sie noch nicht wusste,
was zu tun war.
    »Deinem Charakter entsprechend hast du keinen
Gefolgsbruder gewählt«, stellte Tête-de-Mort fest. »Ich
wünsche daher, dass du in diesem ersten Kampf an meiner
Seite bleibst, Yanis!« Seine Stimme duldete keinen
Widerspruch, und sie drehte sich zu ihm um.
    Jan schnitt in seinem Rücken Grimassen, und sie versuchte,
nicht zu lachen.
    »Nimm diese Muskete«, Tête-de-Mort warf ihr eine mit
Messing beschlagene Büchse zu. »Sie kann dir im Gefecht von
Vorteil sein.«
    »Aye, Kapitän«, antwortete Jacquotte und versuchte, in
Jans Art zu salutieren.
    »
Mon dieu
, Yanis!« Tête-de-Mort schüttelte gutmütig den
Kopf. »Tu besser das, was du kannst und kämpfe.
Et zou
!“ Er
schritt an ihr vorbei zu den Männern, die bereits die
Beiboote längsseits geholt hatten und die Strickleitern
herabließen.
    Jan pfiff durch die Zähne. »Das

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