Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)
Armreif trug und sich hinter ihn gestellt hatte, um den Toten seinen Respekt zu erweisen. An seiner Seite stand ein Mann mit schütterem grauem Haar und Hawaiihemd. Jonathan mochte die beiden auf Anhieb.
Cornelius gesellte sich zu ihnen. »Jonathan, ich muss dir zwei gute Freunde von mir vorstellen: Simon Mubayi aus Simbabwe und Frank Scott aus Florida. Zu unserem großen Glück waren sie gerade in der Nähe und sind sofort gekommen, als ich sie bat, uns zu helfen.«
»Und du bist also Jonathan. Der große Jonathan«, sagte Simon, der Afrikaner und reichte ihm die Hand. »Ein mutiger Junge bist du. Cornelius’ größtes Geheimnis.«
»Das ist also der Grund, warum wir so lange nichts von dir gehört haben«, lachte Frank. »Du musst wissen, Jonathan, dein Vater hat mit uns einige verrückte Dinge erlebt. Aber dann, ganz plötzlich, war er verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt.«
»Ich wollte euch keine Schwierigkeiten machen«, sagte Cornelius verlegen.
Frank klopfte ihm auf die Schulter. »Du musst dich nicht rechtfertigen. Es ist gefährlich, dem Kreis zu dienen und dabei Kinder großzuziehen, das wissen alle.«
»Ist es denn verboten?«, fragte Jonathan vorsichtig.
»Verboten? Nein. Aber eine große Verantwortung. Wir haben viele Feinde. Skrupellose Feinde«, sagte Simon Mubayi.
Frank nickte beipflichtend. »Seit ich deinen Vater kenne, hat er sich nichts sehnlicher gewünscht als eine Familie. Zuerst habe ich ihn für verrückt erklärt. Aber jetzt weiß ich, dass er schlauer war als wir alle.«
Cornelius lächelte verlegen und legte den beiden Männern freundschaftlich den Arm um die Schultern. »Ich habe euch wirklich vermisst, meine Freunde.«
»Die Zeit der Versteckspiele ist ja nun vorbei. Das Geheimnis des Cornelius Harkan ist kein Geheimnis mehr«, sagte Simon Mubayi.
»Also bist du wieder bei uns?«, fragte Frank.
Cornelius zögerte. »Ja. Und nein. Es gibt da noch etwas, das ich erledigen muss.«
Frank nickte. »Du willst Helena befreien.«
»Auf uns kannst du zählen«, sagte Simon.
Cornelius schüttelte den Kopf. »Ihr habt genug getan. Das ist eine Sache zwischen Riot und mir. Ich muss das klären, ein für alle Mal.«
Sie kannten die Geschichte über Riot und Helena, das konnte Jonathan an ihren Mienen lesen. Vielleicht akzeptierten sie deshalb das »Nein« so rasch und ohne Widerspruch.
»In meiner Heimat sagt man: Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich«, sagte Simon. »Es werden noch viele dunkle Tage kommen, aber heute ist ein Tag der Freude. Lasst uns feiern!«
Traurig schüttelte Jonathan den Kopf. »Wozu feiern? Was haben wir schon erreicht?«
Sein Blick ruhte auf den Bildern der Toten. Wofür hatten sie ihr Leben gegeben? Riot war verschwunden, Helena noch immer in seiner Gewalt, und nichts hatte sich verändert. Alles schien ihm so sinnlos. Cornelius signalisierte seinen Freunden, dass er allein mit seinem Sohn sprechen wollte. Frank und Simon verabschiedeten sich mit einem Nicken und gingen hinüber zum Feuer.
»Nichts war umsonst, Jonathan«, sagte Cornelius entschlossen. »Ab jetzt sind wir gewarnt. Wir wissen, dass unsere Feinde sich formieren, und werden uns vorbereiten. Riot dachte, er könnte diese Welt im Handstreich nehmen, aber wir haben ihm eine Lektion erteilt, die er so schnell nicht vergessen wird. All das ist auch dein Verdienst.«
»Wenn ihr mich nicht hättet, wäre es vielleicht nie so weit gekommen. Ihr hättet euch nicht verstecken müssen …«
»So etwas darfst du niemals denken!« Cornelius ging vor ihm in die Knie, sodass sie auf Augenhöhe waren. »Ich habe die wundersamsten Dinge gesehen. Dinge, die du mir niemals glauben würdest. Aber das Größte und Wundersamste, das mir je passiert ist … das bist du.«
Jonathan spürte einen Kloß im Hals.
Sein Vater streichelte ihm über die Wange. »Weißt du, Simon hat recht: Gestern ist weit weg, und keiner von uns weiß, was morgen sein wird. Aber heute ist ein Tag der Freude. Also hör auf, dir Gedanken zu machen.«
Jonathan wusste nicht, ob er das konnte. Er wusste nicht, ob es richtig war, dass er Freude empfand, während seine Mutter in den Fängen des Bösen war. Dann sah er Eliane, die um das Feuer tanzte, und plötzlich war ihm klar, dass es immer einen Grund gibt, fröhlich zu sein, so wie es immer einen Grund gibt, traurig zu sein. Die Welt ist niemals perfekt. Leben und Tod existieren nah beieinander, so wie Freude und Leid. So war es immer gewesen,
Weitere Kostenlose Bücher