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Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Titel: Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ahner
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so würde es immer sein. Es ist auch eine Entscheidung, glücklich zu sein.
    »Wo bleibst du denn so lange?«, rief Eliane.
    Jonathan lief zu ihr. Zusammen mit den anderen gaben sie sich der Fröhlichkeit und der Musik hin. Cornelius stand etwas abseits und beobachtete das Treiben mit einem erschöpften Lächeln. Schatten krochen über sein Gesicht wie Vorboten der Nacht.
    * * *
    Er fuhr hoch.
    Das Feuer war erloschen, die Geräusche verebbt. Die Nacht war durch sein Fenster gekrochen, umhüllte die Burg mit dumpfer Stille wie die Erinnerungen an schwere Träume. Jonathan wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, aber es war stockdunkel in seinem Zimmer. Er hörte nichts als das Pochen seines Herzens und wusste doch, dass er nicht allein war. Auf dem Stuhl nahe dem Fenster saß ein Schatten, reglos wie eine Wachsfigur. Finger in weißen Handschuhen lagen auf einem Stock. Spuren von weißem Haar, in dem sich das spärliche Mondlicht verfing. Ein Gehrock, der seltsam altmodisch wirkte. Für einen Moment hoffte Jonathan zu träumen. Doch nein, er schlief nicht. Vielleicht war er wacher als jemals zuvor in seinem Leben.
    »Guten Abend, mein Junge«, sagte der Weltenwanderer.
    Ein namenloses Grauen packte Jonathan. Er wollte fliehen und blieb doch starr sitzen. Nicht einmal sprechen konnte er. Seine Kehle war trocken wie Wüstensand. Der Schatten wusste, dass er Angst hatte. Er war die Angst selbst, mit einer Stimme, so sanft wie ein schleichendes Gift.
    »Wie geht es deinem Fuß?«
    Kein Laut kam über Jonathans Lippen. Er spürte, dass etwas Fürchterliches geschehen war.
    Der Schatten sprach regungslos weiter. »Ich muss gestehen, dass ich mich in dir getäuscht habe. Du hast Erstaunliches geleistet. Es ist dir gelungen, mich zu überraschen, und das ist nicht einfach. Cornelius kann mit Recht stolz auf dich sein.«
    Der Name seines Vaters traf Jonathan wie eine Ohrfeige.
    »Wie kommen Sie hier rein?«, brachte er hervor.
    »Durch die Tür. Sie stand offen, dank der Gastfreundschaft deines Onkels. Ich wollte sehen, wie du schläfst. Hast du geträumt?«
    Die Frage war so verstörend, dass Jonathan keine Antwort darauf wusste. »Ich … kann mich nicht erinnern.«
    Die Finger des Schattens zuckten um den Knauf des Spazierstocks.
    »Träumen ist eine Gabe, die mir leider abhandengekommen ist. Ich würde mich gern erinnern. Du bist doch ein Experte darin. Du träumst bei Tag und bei Nacht. Verrate es mir. Wie ist es, zu träumen?«
    Jonathan wollte weg, um Hilfe schreien und die Schlafenden wecken. Er konnte nicht. Er rang nach Worten. »Als ob man in der Fremde ist und gleichzeitig zu Hause. Alles ist anders und trotzdem irgendwie vertraut.«
    »Träumst du gern?«
    Jonathan nickte.
    »Und warum?«
    »Weil ich in meinen Träumen ein anderer sein kann«, hörte er sich sagen.
    Die Silhouette zeigte keine Regung. Er ließ die Worte einsickern.
    »Das, mein Junge, war immer die größte Angst deines Vaters. Dass du jemand anders werden könntest. Hast du dich nie gefragt, warum er sie dir verboten hat, deine Träumereien? Gewiss, er wollte nicht, dass du eines Tages in seine Fußstapfen trittst. Aber es gibt noch einen anderen gewichtigeren Grund: Er hat Angst, dass du vor dir selbst flüchtest. So wie er es sein ganzes Leben lang getan hat. Dabei bist du ihm weit voraus. Träumen, mein Junge, ist eine überaus mächtige Gabe. Sie gibt den Menschen, deren Leben doch so kurz und zerbrechlich ist, die Macht, über sich selbst hinauszuwachsen.«
    »Mein Vater … Sie kennen ihn?«
    »Ja, ich kenne ihn, Jonathan. Aber was dich wirklich interessiert, ist etwas anderes. Die Frage nämlich, woher ich weiß, was ihn ängstigt. Ich will es so formulieren: Du verstehst etwas von Träumen, ich dagegen verstehe etwas von der Angst. Ja, man könnte sagen, sie ist so etwas wie meine Profession, mein Fachgebiet. Ich erforsche sie. Wusstest du, dass ein Mensch, der Angst hat, sehr viel besser hören und sehen kann? Dass die Muskeln verborgene Energiereserven abrufen? Dass sich die Reaktionsfähigkeit enorm erhöht? Es ist eine Frage des Überlebens. Ein uraltes Programm, eingepflanzt in jede Zelle des Körpers. Ein Mensch, der Angst hat, ist zu erstaunlichen Dingen fähig. Das Leben kämpft bis zuletzt. Das ist das Wesen der Dinge.«
    Er sprach mit der sezierenden Kälte eines Wissenschaftlers. Kein Gefühl, keine Wärme war da zu finden, nirgends.
    »Wer sind Sie?«, fragte Jonathan.
    »Warum stellst du mir Fragen, deren Antworten du

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