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Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition)

Titel: Jonathan Harkan und das Herz des Lazarus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ahner
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unter Thornes wachsamen Augen, und unverrichteter Dinge wieder abziehen.
    »Was soll ich tun?«, seufzte er verzweifelt.
    »Das kannst du nur selbst entscheiden«, sagte Thorne. »Also wähle: Willst du das Herz des Lazarus an dich nehmen oder nicht?«
    Fragend blickte Jonathan zu Eliane, die ihm keine Antwort geben konnte. Er war ganz auf sich allein gestellt. Er schloss die Augen und lauschte in sich hinein. Er wollte wissen, was es mit dem Herz des Lazarus auf sich hatte, warum alle danach suchten. Nur wenn er verstand, was hier vor sich ging, hatte er eine Chance, seinen Eltern zu helfen. Wenn er es erst in seinen Händen hielt, würde er bestimmt wissen, was zu tun war.
    »Ja!«, hörte er sich sagen.
    Thorne nickte. »So sei es.«

Zwölftes Kapitel
Das Herz des Lazarus
    Würdevoll schritt Thorne auf das Kästchen zu. Mit seinen Zähnen riss er etwas von seinem Halsband herunter und warf es Jonathan vor die Füße. Ein winziger goldener Schlüssel.
    »Er gehört nun dir«, sagte er.
    Jonathan zögerte. Erst als Eliane ihm auffordernd zunickte, hob er den Schlüssel auf. Er war kaum größer als ein Fingernagel und so filigran, dass er Angst hatte, ihn mit einer unbedachten Bewegung zu zerbrechen. Nervös steckte er ihn in das Schloss des Kästchens. Die Mechanik leistete keinerlei Widerstand. Sanft wie eine Feder ließ sich der Schlüssel drehen. Dann sprang der Deckel auf, und das Herz des Lazarus lag vor ihm, eingewickelt in ein Tuch aus purpurfarbener Seide. Jonathan streckte seine Hand danach aus – und zuckte zurück. Eliane sah ihn fragend an.
    »Was ist? Worauf wartest du?«
    Er atmete tief durch.
    Dann nahm er das Herz des Lazarus behutsam aus dem Kästchen.
    Es fühlte sich kalt an unter dem Seidentuch, hart und gemessen an seiner Größe erstaunlich schwer. Er wog es in seinen Händen und zog das Tuch vorsichtig herunter. In seiner Hand lag ein Stein, groß wie eine Kinderfaust. Er glich einem gewöhnlichen Kiesel, grau und von den Gezeiten abgeschliffen, so wie Millionen anderer Kiesel, die man in Flussbetten fand. Jonathan hatte etwas Magisches erwartet, ein wundersames Kunstwerk oder eine mächtige Waffe. Was er nun sah, war ein ganz gewöhnlicher Stein. Und nicht einmal ein besonders schöner.
    Enttäuscht ließ Eliane die Schultern hängen. »Und dafür haben wir uns jetzt die Nacht um die Ohren geschlagen? Das hättest du auch einfacher haben können. Hinter unserem Kuhstall liegen Berge davon.«
    Thorne schüttelte bei den Worten die Mähne.
    »Menschen! Ihr seht nur die Oberfläche. Dieser Stein ist weit mehr, als sein äußerer Schein vermuten lässt. Hütet ihn gut.«
    Jonathan wickelte ihn zurück in das Tuch und nickte dem geflügelten Löwen zu. »Das werden wir, Thorne. Und jetzt sollten wir gehen. Wir haben noch einen langen Heimweg vor uns.«
    »Ich würde euch gern begleiten, Jonathan Harkan. Aber für die Menschen bin ich ein Fremdling, und sie fürchten, was sie nicht kennen.«
    »Warst du denn schon einmal draußen im Wald?«, fragte Eliane.
    »Oh, schon häufig, kleines Menschenmädchen. Aber ich habe schlechte Erfahrungen dort gemacht. Vor vielen Jahrhunderten war ich in euren Wäldern auf der Jagd, als ich einem jungen Mädchen begegnete. Sie sah mich, schrie aus voller Kehle und suchte in Panik das Weite. Ja, ich erinnere mich noch genau an ihr rotes Kleid. Sie rannte nach Hause und berichtete den leichtgläubigen Dorfbewohnern, ich hätte ihre Großmutter gefressen. Monatelang haben die Menschen Jagd auf mich gemacht, bis sie endlich von mir abließen. Erst später habe ich erfahren, dass die Menschen sich Geschichten über jene Begegnung erzählt haben, in denen ich die Rolle eines bösen Wolfes spielte. Sehe ich etwa aus wie ein gewöhnlicher verlauster Wolf? Lächerlich!«
    Jonathan und Eliane tauschten einen perplexen Blick.
    Thorne schüttelte seine Raubtiermähne. »Nein, ich bleibe innerhalb der Mauern dieses Hauses, bis der Große Kreis mir einen neuen Auftrag erteilt.«
    Jonathan sah auf das Eyn, das der geflügelte Löwe um seinen Hals trug. »Der Große Kreis … du bist ein Teil davon, nicht wahr?«
    »Jeder, der das Eyn trägt, ist ein Teil des Großen Kreises.«
    »Dann verrate mir bitte: Wer oder was ist der Große Kreis?«
    »Hast du jemals einen Eid geschworen, seine Gesetze zu achten?«
    Jonathan schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Dann musst du dich in Geduld üben, Jonathan Harkan. Erst wenn die Herren des Kreises dir den Eid abgenommen haben, darf ich

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