Jones, Diana Wynne
Rücken.
»Siehst du, Hildrida. Soeben hast du dein erstes Kompliment erhalten«, sagte Navis. »Und wahrscheinlich auch dein letztes.«
»Wo ist Mitt?«, fragte Ynen Al, der lachte und mit den Schultern zuckte. »Du weißt, wo er ist, nicht wahr?«, rief Ynen. »Hast du ihn umgebracht?«
Al gluckste. »Sei ein guter Junge und begrüße deinen Vater.«
»Nicht bevor ich ihm gesagt habe, was für ein verdorbener Rohling du bist«, entgegnete Ynen.
»Der Junge ist auch nicht sehr nett«, beschwerte sich Lithar. »Wir wollen gehen.«
»Nach dir«, sagte Al, und alles verschwand aus dem Raum. Nur Navis blieb an der verschlossenen Tür zurück.
Hildy und Ynen starrten ihn an. Er sah müde aus, schmutzig und niedergeschlagen. Hildy tat er Leid. Eigentlich freute sie sich sogar ein wenig, ihn zu sehen, und trat vor, um es ihm zu sagen. Doch dann wagte sie es doch nicht und hielt inne. Im nächsten Moment rannte sie ohne zu denken zu ihm und schlang die Arme um ihn. Im ersten Augenblick sah Navis sie erstaunt an. Dann aber spürte Hildy seine Umarmung. Er hob sie hoch und schwang sie im Kreis; ihr Vater sah zufriedener und zugleich erregter aus, als sie ihn je gesehen hatte. Als sich auch Ynen zaghaft näherte, bot Navis ihm einen Arm, und alle drei drängten sie sich eng aneinander.
»Wer hat euch gewarnt, sodass ihr geflohen seid?«, fragte Navis. »Und wie habt ihr den grässlichen Sturm überstanden?«
»Niemand. Unsere Flucht war ein Zufall. Mitt und Libby Bier und der Alte Ammet haben uns geholfen«, antworteten sie und begannen, ihm ihre Abenteuer auf der Straße des Windes zu schildern. Bald ließ Navis sie los und setzte sich, um ihnen zuzuhören. Dabei presste er auf beiden Seiten einen Finger an die Nasenwurzel, als habe er Kopfschmerzen. Den beiden entging nicht, dass er jedes Mal die Stirn runzelte und noch stärker zu pressen schien, wenn sie Mitt oder Al erwähnten.
»Warum bist du hier?«, fragte Ynen am Ende. »War … steht Al noch immer in deinem Sold? Ich habe gesehen, wie du in Holand mit ihm gesprochen hast.«
Navis blickte Ynen erstaunt an. »Selbstverständlich nicht. Du musst ihn gesehen haben, als er zu mir kam, um mir – gegen eine große Geldsumme natürlich – anzubieten, mir von einer Verschwörung gegen den Grafen zu berichten. Du kannst dir nicht vorstellen, wie oft das geschah«, sagte Navis. Er klang sehr niedergeschlagen. »Mir war Al sehr zuwider. Trotzdem erwähnte ich ihn Harchad gegenüber, und ironischerweise erinnere ich mich, dass Harchad mir dafür anvertraute, dass er einen Agenten auf die Heiligen Inseln geschickt habe, um Lithar bei der Stange zu halten, sollte der Norden angreifen. Wenn ich gewusst hätte, dass es sich dabei um den gleichen Mann handelte, dann hätte ich diese Inseln gemieden. Ich bin hierher gekommen, weil es hier Boote gibt. Ich war bereit, einen hohen Preis dafür zu zahlen, dass man mich in den Norden bringt. Zu hoffen, dass ich hier Neuigkeiten über euch erfahre, wagte ich nicht. Anscheinend ist Al der Ansicht, dass Harl mehr für uns zahlen wird, als ich für ein Boot zahlen würde – und damit hat er wahrscheinlich Recht. Deshalb verkauft er uns nach Holand.«
Sie schwiegen betroffen.
»Würde Onkel Harl uns vielleicht gehen lassen«, fragte Hildy, »wenn wir alle unterschreiben, dass wir niemals Grafen oder Gräfinnen werden wollen?«
Navis schüttelte den Kopf und drückte die Finger noch fester gegen die Nasenwurzel. »Er traut mir nicht. Das hat er noch nie. Außerdem habe ich ihn in den Magen getreten, als er mich verhaften wollte. Darüber war er so wütend, dass er mich trotz des Sturms persönlich in den Koog verfolgt hat. Er wäre fast auf mich getreten, während ich mich in einem Graben versteckte. Daran habe ich erkannt, dass er mir nicht so einfach vergeben wird.«
Ynen lachte, obwohl er sicher wusste, dass sein Vater nicht scherzte. »Aber hat Mitt denn nicht versucht, dich zu warnen?«
Sein Vater runzelte die Stirn. »Wenn Mitt der Junge ist, der beim Seefest die Bombe geworfen hat – ja, das hat er. Ich dachte, er lügt mich an, und bat die Wächter, ihn fortzuschaffen. Al hat ihn dann in Gewahrsam genommen. Da habe ich wohl noch einen Fehler begangen?«
»Ja«, sagte Ynen.
»Du konntest es nicht wissen«, sagte Hildy. »Ich traue Mitt auch nicht. Seine Gedanken sind so durcheinander. Aber wenn Al ihn umgebracht hat, dann rufe ich den Alten Ammet und Libby Bier persönlich um Rache an.«
»Ich hoffe aufrichtig, dass
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