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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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wirbelte, und es wirbelte um ihn. Geschäfte, Politik, fürstliche Geselligkeit, Frauen. Er befahl zur Audienz, und keiner weigerte sich ihm. Er konnte, wollte er es, von einer Liebenswürdigkeit sein, vor der jede Schranke niederbrach.
    Den Herzog hatte Süß durchaus in seiner Gewalt. Karl Alexander fühlte sich geheimnisvoll gebunden an diesen Mann, der als erster an seinen Aufstieg geglaubt und auf diese schwanke Basis so vertrauend sein ganzes Leben gestellt hatte. Der ihm wie durch Zauberei alle Hindernisse aus dem Weg schaffte, an denen er und seine Räte sich vergebens abzappelten. Voll ehrlicher Bewunderung, und ein ganz leises Grauen war ihr beigemischt, sah er, wie dieser Jude aus dem Nichts beibrachte, was man von ihm verlangte: Geld, Weiber, Soldaten. Und blind folgte er jedem Rat seines Finanzdirektors.
    Süß hatte von frühester Jugend an ein grenzenloses Zutrauen zu sich selbst. Dennoch hatte er jetzt wohl auf Augenblicke ein gelähmtes, starres Staunen, welche Aufgabe er auf sich genommen und wie spielerisch er sie bewältigte. Wohl hatten auch bisher die großen Geldmänner seines Stammes gewaltige Entschlüsse zu fassen gehabt, die gefüllte Schale der Macht in den Händen getragen. Aber sie hatten sich im Schatten gehalten oder waren wie sein Bruder Christen geworden. Er stand, der Jude, vor ganz Europa einsam auf seinem gefährlichen Gipfel und lächelte und war elegant und selbstverständlich, und auch der späherischste Blick konnte ihm kein leises Zucken nachspotten.
    Um sein Haus so fürstlich zu führen, um den Herzog ganz und immer in der Hand zu halten, brauchte er Geld, Geld in phantastischen Mengen und immer in Fluß und zu seiner Verfügung. Er hatte bei den Wiener Oppenheimers, den kaiserlichen Bankiers, seinen Verwandten, gelernt, mit großen Ziffern zu operieren. Doch jetzt lief die Administration des gesamten Herzogtums durch seine Hand, das Vermögen von zweihundert Städten und zwölfhundert Dörfern stand ihm für seine Transaktionen zur Verfügung. Bei seiner fieberhaften Betriebsamkeit warf er es dahin, dorthin, ließ es rollen in rasendem Umlauf. Er hatte Beziehungen zu allen Geldmännern Europas, durch seine zahllosen, zumeist jüdischen Hintermänner floß das schwäbische Geld die kompliziertesten Kanäle, pflanzte Plantagen in Niederländisch-Indien, kaufte Pferde in der Berberei, jagte Elefanten und schwarze Sklaven an der afrikanischen Küste. Sein Grundsatz war, sein erstrebtes Ziel, ein rasender, taumelnder Umsatz. Nicht großer Gewinn im einzelnen, aber riesiger Gewinn dadurch, daß man von allem ein winziges Bruchteil in der Hand behielt. So mühte er sich, seine Hand in allen Gelddingen Deutschlands zu haben, er kontrollierte Industrie und Kommerz in allen Ecken und Winkeln Europas, und ein ansehnlicher Teil des gesamten deutschen Vermögens lief durch seine Kassen.
    Seine privaten Einkünfte waren überreich. Wer am württembergischenHof etwas erreichen wollte, bemühte sich um ihn mit Douceurs und Präsenten. Der Herzog, von Remchingen darauf aufmerksam gemacht, lachte: »Laß den Kujonen profitieren. Von jedem Profit, den er hat, profitier ich das Doppelte.« Sein Handel mit edlen Pferden dehnte sich weit, vor allem aber wuchs sein Kommerz mit edlen Steinen. Von je hatte er Juwelen fanatisiert geliebt; doch bisher war ihm bei jeder größeren Affäre ein Portugiese in die Quer gekommen, ein gewisser Dom Bartelemi Pancorbo, ein langer, stiller unheimlicher Mensch, der überall, wo wirklich edler Schmuck zu erlauern war, unversehens wie durch magische Mittel verständigt auf dem Platz war, mit seinem eingedrückten, entfleischten Totengesicht und immer in verschollener, schlecht sitzender, schlotternder portugiesischer Hoftracht. Am kurpfälzischen Hof hatte er hohe Titel und Würden inne, durch seine diplomatischen Beziehungen beherrschte er den Amsterdamer Markt und von da aus den ganzen deutschen Juwelenhandel. Jetzt nützte Süß seinen politischen Einfluß, den verhaßten Konkurrenten auszuschalten. Der Jude führte den Kampf wild und mit Leidenschaft; kalt, zäh, lauernd wich der andere, der hagere, unheimliche Portugiese, und nur Schritt um Schritt. Ganz tot zu machen war er nicht, sein Schatten fiel immer wieder über die Geschäfte des Süß, aber es war doch an dem, daß man die besten und seltensten Steine jetzt zuerst dem Juden anbot und daß gewisse ganz erlesene Kostbarkeiten nur durch ihn zu erlangen waren.
    War dies ein spielerischer Handel, der

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