Judasbrut
Mitteilungsdrang platzte.
»Und
wie! Ich war zum Mountainbiken in der Fränkischen. Fabian hat mich mitgenommen.
Das war echt der Hammer!« Und während sie munter drauflossprudelte, hörte Maria
nur mit halbem Ohr zu, während sie sich dabei zum Teil mit ihren E-Mails
beschäftigte. Doch mit einem weiteren Teil war sie immer noch bei Nina. Wo steckte
sie?
»Ich
hab heute irgendwie das Gefühl, du tust nicht mal so, als hörst du mir zu«,
meinte Michelle zynisch. »Was war denn bei dir los am Wochenende? Ärger mit
deinem Richter?«
»Staatsanwalt«,
antwortete Maria automatisch. »Was? Nein, mit dem ist alles in Ordnung. Bei
Franzi herrscht Zickenalarm.«
»Das
ist nichts Neues, wenn ich das so sagen darf«, erwiderte Michelle. »Was war
sonst?«
»Neugierig
bist du aber gar nicht, oder?«
»Sicher
das.« Michelle grinste. »Du musst ja nicht antworten, nur weil ich frage. Weißt
du doch.«
Maria
raufte sich die Haare, die sie heute zu einem lockeren Zopf trug. Einige
Strähnen lösten sich und fielen ihr ins Gesicht. »Eine Freundin von mir hat
ziemlich Ärger«, murmelte sie undeutlich, weil sie ihr Haargummi im Mund hatte,
um die Frisur neu zu ordnen.
»Was’n
für Ärger?«
»Ist
eine komplizierte Angelegenheit.« Maria holte ihr Handy aus der Tasche und
zauberte die Fotos von der Zeichnung, die Isabelle Schad angefertigt hatte, auf
das Display. »Du hast nicht zufällig eine Ahnung, wie man das ausdrucken kann?«
»Gib
her.« Michelle besah sich kurz das Handy. »Ein USB-Kabel hast du nicht dabei?«
»Nein,
dann würde ich das selbst hinbekommen«, bemerkte Maria trocken.
»Stimmt,
du bist ja schließlich nicht blond.« Michelle warf ihre hellblonden Strähnen
gekonnt über die Schulter. »Versuchen wir es mal über Bluetooth«. Sprach’s,
ging zum Drucker und zog schließlich triumphierend das Blatt aus dem Schacht.
»Voilà!« Sie legte Maria den Ausdruck auf den Schreibtisch. »Und wer ist das?«
»Gute Frage.
Das würde ich ganz gern herausfinden.« Sie nahm ihr Notizbuch zu Hand, um die
Aussage von Isabelle Schad zu sichten, anhand derer sie den sechsseitigen
Fragebogen zur Personenbeschreibung eigenhändig ausfüllen wollte.
Möglicherweise lieferte ihr der Computer ja einen Namen dazu.
Michelle
stützte derweil ihre Hände auf den Tisch und betrachtete die Zeichnung. Sie
legte den Kopf mal auf die eine, mal auf die andere Seite und griff schließlich
nach dem Blatt. »Darf ich?«
Maria
bejahte mit einer Geste.
Michelle
holte weiße Korrekturflüssigkeit und pinselte ein wenig herum. Dann nahm sie
einen schwarzen Stift, zog ein paar Linien nach, die sie übermalt hatte, und
hob die Zeichnung hoch. »Findest du nicht, dass der jetzt irgendwie aussieht
wie der Bruder von Sara Eichmüller?«
Erst
nach einigen Sekunden fiel es Maria ein, ihren Mund zu schließen. »Wie bitte?«
»Die
Fotos bei Professor Leibl auf dem Sideboard. Erinnerst du dich nicht? Da
standen total viele rum. Auf einem von den neueren, da waren Sara Eichmüller,
ihr Bruder und die Mutter der beiden drauf. Erinnerst du dich, dass ich zu dir
gesagt habe, wie ähnlich die drei sich sind?«
Maria
nickte langsam.
Eifrig
tippte Michelle auf Marias Computertastatur herum und klickte ein paar Mal mit
der Maus. »Schau dir das Foto von Sara Eichmüller an, das wir hier haben … da.
Und jetzt vergleich die Bilder. Siehst du, was ich meine? Diesen Silberblick
haben die beiden anscheinend von ihrer Mutter geerbt.«
Intensiv
verglich Maria das Foto und die Zeichnung miteinander. Schließlich wiegte sie
bedenklich den Kopf. »Ich weiß nicht. Du hast zwar recht, es besteht eine
Ähnlichkeit, aber diese Zeichnung ist … ist
eben eine Zeichnung. Das kann Zufall sein. Außerdem ist der Bruder von Sara
Eichmüller gar nicht in Deutschland, wenn ich mich recht entsinne.«
»Vielleicht
ist er ja inzwischen zurückgekommen. Nur verstehe ich nicht ganz, was der mit
deiner Freundin zu tun hat.«
Diese
zufällige Ähnlichkeit war einfach zu zufällig. Oder doch nicht? Er war in Tel
Aviv. Cohen stammte von dort.
»Hallo?
Jemand zu Hause? Ach nee … jemand daheim?« Grinsend wedelte Michelle vor Marias Gesicht
herum.
»Entschuldige.
Nein, ich glaube, das ist nicht wichtig … «
»Was
für ein Quatsch!«, fiel Michelle ihr ins Wort. »Also bei aller Liebe, Maria,
wieso hast du eine Zeichnung von einem Mann, der Frau Eichmüllers Bruder sein
könnte, auf deinem Handy und lässt mich die ausdrucken? Und du siehst aus, als
wäre das,
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