Judasbrut
»Ich
habe sie in der Fränkischen zufällig getroffen und wollte nicht, dass sie
unsere Begegnung ausplaudert. Ein kleines Abenteuer mit einem Fremden. Das ist
alles. Okay, sie hat mir erzählt, dass du glaubst, ich hätte sie vergewaltigt.
Das habe ich nicht. Die Beule am Kopf stammt von einem Sturz. Genügt das fürs
Erste? Persönliche Befindlichkeiten sind jetzt unwichtig.«
Maria
war hin und her gerissen, ob sie Perez eigentlich mochte oder nicht.
Schließlich gab es viele Formen, jemanden willfährig zu machen.
»Die
Anschläge in Berlin – wenn du wirklich beim Verfassungsschutz bist, warum hast du die
nicht vereitelt? Es gab Verletzte! Und ein Polizist ist gestorben.«
Perez
wandte den Blick ab und presste die Kiefer aufeinander. Er öffnete den Mund,
doch dann schloss er ihn unverrichteter Dinge. In diesem Moment meldete sich
Marias Handy. Sie warf einen Blick auf die Nummer. »Michelle – ich
hab dir gesagt … «
»Jetzt
halt du mal die Luft an! Wir haben Sara Eichmüller!«
»Was?«
Mit einem Blick auf Perez schaltete sie auf Lautsprecher. »Wo habt ihr Frau
Eichmüller verhaftet?«
»Am
Burgberg. Professor Leibl hat versucht, sich auf dem Dachboden der Villa zu
erhängen.«
» HaShem
Ya’asor !« Erschüttert starrte Perez auf das Telefon.
»Wer
ist da bei dir, Maria?«
»Niemand.
Weiter.«
»Also,
sein Freund, dieser Bennett, hat ihn gefunden und den Notarzt verständigt … jedenfalls war Sara Eichmüller bei Leibl. Sie hat ihn wohl wiederbelebt.«
Perez
bedeckte den Mund mit seiner holen Hand und legte den Kopf in den Nacken.
Unwillkürlich
legte Maria ihm die Hand auf den Oberarm. »Wie geht es dem Professor?«
»Außer
Gefahr und auf dem Weg in die Uni-Klinik.« Sichtlich erleichtert rieb sich
Perez über das Gesicht. »Weil du nicht da bist, sind Jochen und Nele los … Ich
hätte auch mitfahren sollen, aber ich dachte, ich ruf dich besser erst an, weil
ich keine Ahnung habe, ob ich denen jetzt was sagen soll wegen Perez Leibl und
so. Ach Scheiße … « Michelle klang sehr unbehaglich.
Beim
Klang seines Namens hatte Perez die Brauen gehoben. Er bedeutete Maria, dass er
mit ihr reden wollte.
»Du
hast das richtig gemacht, Michelle«, sagte Maria beruhigend. »Warte mal kurz.«
Sie schaltete das Telefon auf stumm.
»Sara
weiß, was auf dem Spiel steht und wird den Mund halten. Abba, warum hat er das
getan, verdammt?« Perez rieb sich die Schläfen. Er wirkte sehr besorgt. »Bill,
dieser gutgläubige Trottel, kann sich Gott sei Dank nicht verplappern, weil er
keine Ahnung hat.«
»Ich
übrigens auch nicht«, erinnerte Maria ihn. »Und ich muss dringend in die
Dienststelle. Kannst du mir auf dem Weg das Wichtigste erzählen?«
Perez
nickte, während sie bereits mit großen Schritten losgingen.
»Michelle?
Ich bin in spätestens fünfzehn Minuten da.«
Kaum
hatte Maria aufgelegt, blieb sie plötzlich stehen. »Nina! Hast du nicht gesagt,
sie ist bei deiner Schwester? Wenn sie da mit reingezogen wird, wird es noch
komplizierter. Kannst du sie irgendwie erreichen?«
Kopfschüttelnd
zog er Maria am Ärmel. »Ich kann nur hoffen, dass sie nichts sagt. Sie weiß
zumindest im Groben Bescheid.«
»Womit
wir wieder beim Thema wären«, seufzte Maria. »Also verrat’ mir endlich, was zum
Henker hier eigentlich los ist.«
»Okay.
Im Auto. Und das mit deiner Tochter: Friede?« Er reichte Maria die Hand
Zögernd
ergriff Maria sie.
Bibel, Matthäus 27, 3-5
Judas reute seine Tat. Er
brachte den Hohepriestern und Ältesten die dreißig Silberstücke zurück und
sagte: Ich habe gesündigt, ich habe euch einen unschuldigen Menschen
ausgeliefert. Sie antworteten: Was geht uns das an? Das ist deine Sache. Da
warf er die Silberstücke in den Tempel; dann ging er weg und erhängte sich.
Burgberg
Mit klopfendem Herzen saß Nina
hinter dem Steuer des silbernen Sportwagens, der William Bennett gehörte.
Gleich, nachdem sie in die Straße eingebogen war, hatte sie Notarzt und
Krankenwagen gesehen, die vor der Leibl’schen Villa standen. Geistesgegenwärtig
hatte sie hinter einem Wohnmobil geparkt. Jetzt brausten zwei Streifenwagen
vorbei und nahmen dabei zum Glück keine Notiz von ihr. Sie stieg aus, um
vorsichtig an dem Wohnmobil vorbeizusehen. Was auch immer geschehen war – es war
auf alle Fälle unklug, dorthin zurückzukehren. Sie bemerkte, dass sie nicht die
Einzige war, die sich für die Vorgänge interessierte, denn in der Nachbarschaft
öffneten sich mehrere
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