Judith
wieder zu einem tödlichen Schlag ausholte.
Odos Rappe sprang über die gefallenen Männer hinweg und erreichte den schützenden Wald. Tief duckte sich der Mann und trieb sein Tier zu scharfem Galopp an. Er hatte keine Gelegenheit, sich noch einmal umzusehen.
Gavin hatte seine Leute klug ausgesucht. In Kürze hatten sie fünfzehn von Demaris Männern erschlagen. Dann sah Gavin zwei seiner tapfersten fallen.
»Greift sie! « schrie der kräftige Mann, der den Trupp von Walter Demari anführte. »Aber seht zu, daß Montgomery unverletzt bleibt. Er will ihn lebend! «
Wieder riß Gavin sein Schwert hoch. Da hörte er plötzlich ein leises Zischen. Dann lähmte der dünne Lederriemen einer Peitsche seine Arme und machte ihn wehrlos.
»Bindet ihn! «
Als man Gavin von seinem Pferd zerrte, gelang es ihm, noch einen Mann mit einem Fußtritt kampfunfähig zu machen.
15. Kapitel
Judith kniete im Rosengarten. Und während sie die Büsche stutzte, waren ihre Gedanken bei Gavin.
Er war nun schon länger als einen Monat fort, und seit zehn Tagen hatte sie keine Nachricht von ihm. Immer wieder hielt sie nach einem Boten Ausschau, doch vergeblich.
Sie war von ihren Gefühlen hin-und hergerissen. Brauchte er sie nur, um seine Lust an ihr zu befriedigen? Sie glaubte sicher zu sein, daß sein Herz für immer der blonden Lilian gehörte.
Judith hörte Waffen klirren. Reiter kamen durch den Torbogen geritten, der den inneren Burghof vom äußeren trennte. Sofort sprang sie auf. Die Rosen fielen zu Boden.
Ihr Herz krampfte sich vor Enttäuschung zusammen, als sie Gavin nicht unter den Männern sah. Gewaltsam zwang sie sich zur Ruhe und trat den Rittern beherrscht und gefaßt entgegen.
John Bassett ritt als erster. Er wirkte um Jahre gealtert. Sein Haar war an den Schläfen grau geworden, die Augen lagen tiefer in den Höhlen und hatten dunkle Schatten. Seine Rüstung war an einer Seite aufgerissen, und die Kleidung darunter blutgetränkt.
Auch die anderen sahen schlimm aus, abgemagert und abgekämpft. Reglos stand Judith da, als John abstieg.
»Kümmere dich um die Pferde«, befahl sie einem Stalljungen.
John sah sie an und sank dann vor ihr in die Knie.
»Nein! « Judith hob ihn auf und führte ihn ins Haus. Sie sah, daß er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
»Joan, hol die anderen Mägde und schicke jemanden um Essen und Trinken in die Küche! « befahl sie. Dann wandte sie sich an ]John. »Ich helfe dir, die Rüstung abzulegen. «
Wenig später waren die Zurückgekehrten von hilfreichen Leuten umringt. Kräftige Suppe wurde gebracht und Bier.
»Fragt Ihr mich nicht nach Neuigkeiten? « John ließ sich von Judith einen Verband an seinen verletzten Arm anlegen.
»Du wirst es mir sagen. Es können keine guten Nachrichten sein, denn sonst wäre mein Gemahl mit euch zurückgekehrt. «
John setzte den Krug ab, aus dem er getrunken hatte, und sah sie an.
»Ist er tot? « fragte Judith kaum hörbar.
»Ich weiß es nicht. Er geriet in einen Hinterhalt. Ein Mann namens Bohun hat uns an Demari verraten. Er hatte gehört, wie Lord Gavin sagte, daß er zu seinem Bruder reiten wolle. Sie hatten kaum das Lager verlassen, da wurden sie überfallen. «
»Und er kam mit dem Leben davon? « hauchte Judith.
»Es ist zu vermuten. Wir haben seine Leiche nicht gefunden. « Johns Gesicht wurde grimmig. »Zwei der Leute, die mit ihm ritten, wurden getötet. Auf bestialische Weise, muß ich sagen. Der Feind, mit dem wir zu tun haben, muß ein Teufel in Menschengestalt sein. «
»Und ihr habt nicht gehört, ob man ihn vielleicht gefangengenommen hat? «
»Nein, nichts. Wir konnten noch ein paar von Demaris Leuten ausmachen und gegen sie kämpfen… «
»Aber es müßten noch mehr von euch sein. Wo sind die anderen? «
»In dem Lager vor Demaris Burg. Wir sind gekommen, um Lord Miles und seine Leute zu holen. «
»Und ihr glaubt, Miles könnte Gavin befreien? «
John antwortete nicht gleich, sondern wandte seine Aufmerksamkeit dem Essen zu.
»Nun sag mir schon die Wahrheit! « drängte Judith.
»Es ist eine Burg, die wir nur durch Belagerung und Aushungerung bezwingen können. «
»Aber das wird Monate dauern! « rief Judith entsetzt.
John senkte den Kopf. »Ja, Herrin. «
»Und Gavin und meine Mutter? Sie werden die ersten sein, die man verhungern läßt! « Judith sprang auf. Ihre Fingernägel gruben sich schmerzhaft in ihre Handballen. »Es gibt eine andere Möglichkeit«, sagte sie dann tonlos. »Ich werde zu
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