Judith
Walter Demari gehen. «
Johns Kopf ruckte hoch. »Was wollt Ihr tun, was wir Männer nicht können? «
»Auf seine Forderungen eingehen«, sagte Judith ganz ruhig.
»Ihr wißt nicht, was Ihr da sagt! « fuhr John auf. »Ihr wollt mit einem Wahnsinnigen verhandeln? Glaubt Ihr, daß er Eure Mutter und unseren Herrn freigibt, wenn Ihr auf seine Forderungen eingeht? Wenn Ihr die Männer gesehen hättet, die Demaris Leuten in die Hände gefallen sind… Nein, er ist grausam. Man kann ihn nicht mit normalen Maßstäben messen. «
Judith ließ die Schultern hängen. »Was soll ich dann tun? Ich sehe keine andere Möglichkeit. Wenn ich in die Burg gehe, läßt sich vielleicht eine Gelegenheit finden, durch die ich Gavin und meiner Mutter zur Flucht verhelfen kann. «
»Flucht? « stieß er hervor. John vergaß ganz, daß er mit seiner Herrin sprach. Aber er war ein erfahrener Mann. »Und wie sollte das möglich sein? Es gibt nur zwei Ausgänge, und die sind schwer bewacht. «
Judith straffte sich und reckte trotzig das Kinn vor. »Welche Wahl haben wir? Wenn Miles die Burg angreift, wird Demari Gavin und meine Mutter töten lassen. Bedeutet dir dein Herr so wenig, daß du sein Leben aufs Spiel setzt? «
John wußte, daß sie recht hatte. Trotzdem hatte er noch Bedenken. »Und wenn er Euch tötet? « fragte er kaum hörbar.
Judith lächelte und legte die Hand auf seine Schulter. »Dann würde er nie in den Besitz des Revedoune-Landes kommen. « Ihre Augen blitzten. »Du wirst jetzt ausruhen, während ich Pläne mache. Später reden wir über alles. «
Judith vergeudete keine Minute. Sie befahl, daß einige Wagen mit Korn und gepökeltem Fleisch beladen wurden. Sie bereitete alles für die Versorgung vieler Leute vor.
Dann wählte sie ihre Kleider aus. Truhen mit den kostbarsten Gewändern wurden gepackt. Und auch ihre Juwelen ließ Judith in einer der Truhen verstauen.
Als John dazukam und über dieses Treiben den Kopf schüttelte, lachte sie ihn an.
»Walter Demari hungert es nach holder Weiblichkeit. Soll ich vor ihm in Sackleinen erscheinen? Dann würde er seine Meinung ändern und mich in den tiefsten Brunnen werfen lassen. Wenn ich ihn täuschen und umstimmen will, muß ich begehrenswert aussehen. «
John wußte nicht, ob er wütend oder überrascht von soviel Klugheit sein sollte. Doch Judith fühlte sich keineswegs so mutig, wie sie sich gab.
Sie lag die ganze Nacht wach und dachte nach. Vielleicht war ihr Plan vergeblich? Vielleicht waren ihre Mutter und Gavin schon tot?
Judith legte die Hände auf ihren Leib. Noch war er flach und fest, aber sie war sicher, daß sie ein Kind von Gavin trug. Mußte sie für dieses Kind nicht um Gavin kämpfen? Ihm den Vater erhalten?
Als der Morgen graute, erhob sich Judith. Ihre Glieder waren bleischwer, als sie zur Kapelle ging, um der Morgenmesse beizuwohnen.
Sie wollte für Gavin, für ihre Mutter und für ihr ungeborenes Kind beten.
Walter Demari saß an dem mächtigen Eichentisch in der großen Halle. Mißmutig sah er sich in dem schmutzigen Raum um. Warum mußte ihm sein Vater ausgerechnet dieses halb verfallene Gemäuer geben?
Er schüttelte die trüben Gedanken ab und gab sich seinen Lieblingsträumen hin. Wenn er erst die schöne Tochter von Robert Revedoune hatte, würde ihn sein Vater nicht mehr so hochmütig behandeln.
Hinter Walter Demaris Stuhl stand Arthur Smiton, ein Mann, den Demari als Freund wähnte. Arthur hatte ihm immer zur Seite gestanden. Er war es auch gewesen, der Gavin Montgomery gefangengenommen hatte. Arthur hatte Demari zugesagt, daß er die schöne Erbin bekommen würde.
»Was ist, wenn sie nun nicht kommt? « fragte Demari. »Wenn sie ihren Gemahl haßt? Dann braucht sie doch nichts zu riskieren. «
»Du vergißt, daß wir noch die Alte haben. Ihre Mutter. « Smiton schenkte sich seinen Krug von neuem voll Wein. Es fiel ihm schwer, sich das ewige Genörgel dieses liebestollen Mannes anzuhören. Das ging nun schon so, seit Walter von der Hochzeitsfeier zurückgekehrt war. Er redete von nichts anderem als der schönen Braut. Und Smiton, der durch seine Geburt nicht gerade begünstigt war und sich mühsam hatte hochdienen müssen, beschloß, aus der Sache auch für sich Vorteile zu ziehen.
Es war nicht leicht gewesen, etwas über das jungvermählte Paar herauszubekommen. Aber was er erfahren hatte, wollte er für sich ausnutzen.
Er hatte Demari eingeredet, daß eine Ehe, wie die von Gavin und Judith, ohne Schwierigkeiten gelöst
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