Judith
gezogen, was? « Blanche hatte kein Mitleid. Es war ihr zwar klar, daß die blauen Flecken und die Striemen nicht von Jocelin kamen. So etwas machte nur Edmund Chatworth.
»Weiß Lord Chatworth, daß du hier bist? « wollte sie wissen.
Constances Augen weiteten sich vor Entsetzen. Blanche lachte hämisch.
»Kannst du dir das vorstellen, Gladys? Sie ist das Liebchen von unserem Lord und betrügt ihn mit einem anderen. Was hältst du davon, wenn wir sie zu unserem Herrn zurückbringen? «
Gladys hatte Mitleid mit der verschreckten jungen Frau. Ärgerlich packte Blanche sie am Arm.
»Sie hat uns hintergangen, und du zögerst? Diese Hexe hat uns Jocelin fortgenommen. Sie hat schon Lord Edmund, aber das reicht ihr noch nicht. «
Als Gladys sich wieder zu Constance umwandte, lag keine Freundlichkeit mehr in ihrem Blick.
»Wenn du nicht freiwillig mit zu Lord Edmund kommst, werden wir ihm sagen, daß Jocelin dich hier versteckt hält«, drohte Blanche.
Sofort stand Constance auf und folgte ihnen. Nur ein Gedanke beherrschte sie: Ich muß Jocelin aus allem heraushalten. Noch nie in ihrem Leben hatte sie von einem Menschen Freundlichkeit erfahren. In ihrer Welt hatte es nur Menschen wie Edmund, Lilian und Blanche gegeben. Zwei Wochen lang hatte sie in Jocelins Armen wie in einem Traum gelebt. Er hatte ihr Liebesworte ins Ohr geflüstert, er hatte ihr Lieder von der Liebe vorgesungen und ihr alle Zärtlichkeiten geschenkt.
Jetzt war das Elend wieder über sie hereingebrochen. Wie benommen folgte Constance den beiden Mägden. Wie eiserne Bänder spannte sich die Angst um ihre Brust und schnürte ihr den Atmen ab, als sie erkannte, daß man sie zu Lord Edmunds Zimmer führte.
»Warte hier. Ich hole unseren Herrn«, befahl Blanche.
»Meinst du, daß er herkommt? « wollte Gladys wissen.
»Bestimmt, wenn er hört, wer hier wartet. Paß gut auf sie auf. «
Gleich darauf war Blanche wieder zurück, einen wütenden Edmund Chatworth auf den Fersen. Er liebte es nicht, beim Essen gestört zu werden, aber als Blanche von Constance erzählt hatte, war er sofort von seinem Stuhl hoch.
Er war kaum im Zimmer, als er den Riegel vorschob, und er kümmerte sich nicht mehr um die nun ängstlich dreinblickenden Mägde.
»So, meine süße Constance, du bist also nicht gestorben. «
Er faßte unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Diese Augen«, murmelte er. »Sie haben mich ständig verfolgt. «
Als er hinter sich ein Geräusch hörte, fuhr er herum und sah, daß Blanche und Gladys versuchten, den Riegel zu öffnen. »Ihr bleibt hier! « Er packte die erste beste. Es war Gladys, und sie wimmerte, als sich seine Hand wie ein Schraubstock um einen Arm schloß.
»Aber wir müssen an unsere Arbeit«, wagte Blanche einzuwenden. Ihre Stimme zitterte vor Angst. »Wir sind Eure ganz ergebenen Dienerinnen. «
Chatworth gab Gladys einen Stoß, so daß sie zu Boden fiel. »Habt ihr geglaubt, daß ihr sie hier wie ein Stück Gepäck abstellen könnt? Wo war sie? «
Blanche und Gladys tauschten Blicke. Damit hatten sie nicht gerechnet. Sie wollten nur Jocelin zurück.
»Ich… ich weiß nicht, Herr«, stotterte Blanche.
»Hältst du mich zum Narren? « fuhr er sie an. »Das Mädchen da muß ein gutes Versteck gehabt haben, denn sonst wüßte ich davon. « Angewidert betrachtete Chatworth die sich am Boden windende Gladys.
»Ihr beide verschweigt mir etwas! Wen wollt ihr schützen? « Er nahm Blanches Arm und drehte ihn nach hinten.
»Herr, Ihr tut mir weh! « jammerte sie.
»Ich werde dir deine Haare einzeln ausreißen, wenn du nicht endlich das Maul aufmachst! « drohte er.
»Es… es war Baines«, sagte Gladys, die ihrer Freundin zu Hilfe kommen wollte.
Chatworth ließ Blanches Arm los. Baines war ein launischer, gemeiner Mann, bei allen unbeliebt. Das wußte er. Und er wußte auch, daß Baines in der Küche schlief und kein privates Plätzchen hatte, wo er jemanden verstecken konnte.
»Du lügst! « schrie er und fuhr auf sie los.
Gladys versuchte vor ihm zu flüchten. »Das war deine letzte Lüge«, knurrte er, als er sie packte und zum offenen Fenster zerrte.
Blanche war vor Entsetzen wie erstarrt, als sie beobachtete, was geschah. Gladys wehrte sich verzweifelt, doch sie war dem kräftigen Mann nicht gewachsen.
Sie bekam einen Stoß in den Rücken und stürzte hinaus. Ihr Schrei gellte laut auf. Blanche lehnte sich mit zitternden Knien an die Wand und kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an.
»So! « fauchte
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