Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers
übernachten wollen und wenn schon, dann in dem Hotel, in dem die Band auch ist. Menschen in einem Alter, bei dem man annehmen kann, dass sie ihre Scheiße zusammen haben. Man kennt ja auch einige so langsam, man weiß, dass sie Kinder haben, man fragt sich, wie machen die das, dass die auf einer Tour fünfzehn Mal da sind. Es gibt so langweilige Hotelbars, wo irgendwelche Pinguine da rumsitzen, da freut man sich wenn Leute da sind, die beim Konzert waren, da kann man sich mal unterhalten, vollkommen unverfänglich. Und wir sind ja nun umgängliche Menschen, man redet ein bisschen übers Konzert oder über BAP im Allgemeinen, da ist ja auch nichts mit Anmache. Man gewöhnt sich dran, die sind einfach da. Ich wundere mich nur, wie die immer genau das Hotel rausfinden. Wenn wir zum Beispiel irgendwo mitten in der Pampa spielen, und das Hotel ist dreißig Kilometer weiter weg, auch mitten in der Pampa, und dann sitzen die da. Entweder irgendjemand steckt es ihnen. Oder sie haben ein so gutes System, Hotel-Rezeptionisten zufoppen …
Später versammelt sich noch eine kleine Runde im Hotelfoyer. Keine weiblichen Fans mehr weit und breit, Christine hat sich auch schon verabschiedet. Nur die Band minus ihren Chef. Der versucht, möglichst einen Bogen um die Bruderschaft der Sonnenaufgangs-Patrouille zu machen. Die Stimme der Vernunft, die aus ihm spricht, sagt: „Ich muss morgen nicht nur mehr als drei Stunden singen und Gitarre spielen, sondern auch noch zwischendrin den Leuten was erzählen, und zwar möglichst keinen Stuss. Das bedeutet volle Konzentration.“ Das wird von den anderen respektiert. In den vier zusammenhängenden Festivaltagen wird jedenfalls niemand ihn zum längeren Aufbleiben zu überreden versuchen. Die anderen betreiben Adrenalinabbau, so nennt es Jürgen. Die Musiker brauchen das. Sie lieben diese Hotelbar-Abende, schließlich sehen sie sich nicht wirklich oft. Die Band fährt zusammen im einem Van, Wolfgang Niedecken fährt mit Didi Hentschel zusammen. Man trifft sich in der Halle beim Soundcheck und abends auf der Bühne. Aber miteinander wirklich reden geht erst, wenn der letzte Ton gespielt ist.
Noch eine Weinschorle? Aber sicher doch. Diese Band geht nicht ins Bett. Man sieht dem Hotelpersonal an, dass es mit Gelassenheit und Routine erträgt, dass Bands eben nie ins Bett gehen, selbst dann, wenn es nicht im Zimmer brummt. Musikergespräche: Helmut und Werner könnten den Fans, wären sie jetzt noch anwesend, interessante Details über ihre Tricks bei der Arbeit unter erschwerten akustischen Bedingungen geben. Was passiert, wenn der Drummer noch im allgemeinen Beifallsrauschen den nächsten Song einzählt? Dann ist der Bassist gefragt. „War das schon die Eins? Wenn ja, dann kommt sie ja wohl wieder“, erläutert Werner. „Ich bing den Bass in MG-Stellung, dann einmal mit der Greifhand das Griffbrett hoch und durchgezogen, und dann ist die Eins auch schon wieder da …“
Locke ist einer der ersten, die es zum Frühstück geschafft haben. Die Technik gehört sowieso zur „Frühschicht“ bei BAP. Denn wenn die Band im Regelfall um 17 Uhr zum Soundcheck auf die Bühne kommt (in Didis „Diskussionspapier“ Klangüberprüfung genannt), muss angerichtet sein. Locke erzählt, wie er zu dem Platz neben dem BAP-Drummer kam. Er war mit „Pur“ auf
Abenteuerland
-Tour, als ihm zugetragen wurde: Jürgen Zöller suche einen neuen Drumtech. „Ehrlich? Echt?“ war seine erste Reaktion, ein Anruf, ein Treffen und die Sache war klar. Sie stellten beide fest, dass sie sich eigentlich schon kannten. Festivals, Musikmesse Frankfurt … „Damals, als ich angefangen habe, da gab es noch regelrechte ‚Aufrüstungswett-kämpfe’. Auf der
Amerika
-Tour spielte Mario Argandona Percussions in der Band, und die Percussion-Burg war groß, das Schlagzeug dementsprechend auch“, grinst Ralf. Das nimmt man als Drumtech einfach so hin, wie es ist. Respekt vorm Arbeitgeber ist zunächst einmal Pflicht, eigene Ideen und Verbesserungsvorschläge kann man später anbringen. Rückblick auf das Konzert gestern. Wenn man sich fünf Minuten mit Locke unterhält, weiß man, dass die Arbeit für Jürgen ihm mehr bedeutet als ein Job.
Locke sollte eigentlich einen Volkshochschulkurs zum Thema „Was macht einen guten Rockdrummer aus?“ anbieten. Was BAP-Fans da jeden Abend dreieinhalb Stunden lang sehen, er kann es beschreiben: „Der Jürgen hat eine blitzschnelle Auffassungsgabe, von dem, was gespielt wird. Er
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