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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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schuldig gemacht. „Vorsicht, die Muskulatur hält an der Stelle nicht, an der wir die Geschwulst rausgeholt haben“, hätte er sagen sollen. Aber er sagte es nicht, oder Jürgen hörte es nicht. Als er zwei Tage später aus dem Haus gehen wollte (die „Neville Brothers“ waren in der Stadt), brach der Arm mit einem hässlich krachenden Geräusch. Einfach so, an der Stelle, an der man den Tumor entfernt hatte. Jürgen brüllte vor Schmerzen, liess sich ins gleiche Krankenhaus zurückfahren, in dem er operiert worden war. Auf 12 Kilometern Fahrt spürte er jedes Schlagloch. Im Krankenhaus angekommen, durfte er Platz nehmen und warten. „Jammern sie nicht so rum“, sagte der Arzt, der nach subjektiv gefühlten 12 Jahren endlich aufgetaucht war und Jürgen anwies, er solle jetzt mal zur Röntgenabteilung laufen. „Laufen? Ich will einen Rollstuhl!“ „Nee, sie gehen jetzt da in den Aufzug und fahren da runter.“ Fast ohnmächtig vor Schmerzen quälte er sich hunderte von Metern durch einen neonröhrenbeschienenen Gang, vorbei an einer nicht enden wollenden Reihe von Bahren. Schließlich, nach der Röntgentortur, verkündete der Arzt: „Ihr Arm ist gebrochen.“ Das hatte Jürgen nun auch schon selbst herausbekommen, und teilte das recht unfreundlich dem Mediziner mit. „Jetzt ist aber einer sauer auf uns!“ „Das kannste aber laut sagen.“ Während er noch im Krankenhaus lag, fiel die Mauer, BAP spielte ein Spontankonzert in Berlin, und an seiner Stelle trommelte Bertram Engel. Die Zwangspause würde ein halbes Jahr dauern. Ein schwacher Trost für Jürgen: Es gab feinfühlige, mitfühlende Journalisten. Der Armbruch war dem Kölner Express am 15. November eine sechsspaltige, rot unterstrichene Balkenüberschrift wert: „BAP-Trommler zog Pullover aus: Arm gebrochen!“
    „Okay Jungs, bei der nächsten Tour setze ich mir Kopfhörer auf und spiele mit Click. Und dann könnt ihr mal alle sehen, wie Ihr da mit kommt.“ Es war einfach so aus ihm herausgeplatzt. Irgendwann reichte es einfach. Er fühlte sich beschissen, und beschloss, sich nun als lebendes Metronom Respekt zu verschaffen. Aber der Reihe nach: Nach der Zwangspause sollten die Proben für die neue Platte in Köln beginnen. Er hatte seinen Arm wieder im Griff, gnadenlos trainiert und fühlte sich fit und beweglich. Doch die Meinungsführer in der Band um Klaus Heuser hatten bereits beschlossen, die Schlagzeugspuren für „X für e’ U“ weitgehend zu programmieren. Da gab es ja nun das neue Notator-Programm, damit konnte man sich seine Songs zusammenbauen, dafür brauchte es eigentlich gar keinen Trommler mehr. Jürgen war völlig verunsichert, spürte dicke schwarze Wolken sich zusammenbrauen und verzichtete erst einmal darauf, sein Schlagzeug aufzubauen. Das war aber offensichtlich auch wieder falsch. Er erntete finstere Blicke und gereizte Nachfragen: „Du hast gesagt, du bist fit. Bist du fit oder bist du nicht fit? Wenn du nicht fit bist, geht’s halt nicht.“ Er hatte schon in der Vorbereitungszeit mit Werner Kopal für die Aufnahmen Schlagzeug programmiert. War das auch nicht gut genug? Er fühlte sich beleidigt, niedergemacht, tierisch enttäuscht. Und in seinem Kopf braute sich etwas zusammen: Was wollen die von mir? Ich hab’ doch alles mitgemacht, wenn die ihr Zeug nicht auf die Reihe kriegen, wenn die Temposchwankungen haben und nichts groovt, kann ich nichts dafür. Ich hab’ mich doch darauf eingestellt. Schluss damit. Jetzt zeige ich Euch mal, wer hier der Profi ist, wenn diese Platte draußen ist. Jürgen setzte sich also den Kopfhörer auf, der Rest der Band musste ihm folgen. Keine Gnade.
    Am 24. Februar 1991 wurde die Doppel-Live CD „Affrocke“ im Kölner E-Werk aufgenommen. Jürgen saß oben auf seinem Hocker und am Bühnenaufgang an der linken Seite stand Frank Hocker – das Kölner Gitarren- und Gesangs-Urgestein of Schroeder Roadshow Fame. Hocker gab mit Gesichtsmimik und dem Wippen seines gehaltvollen Schnurrbartes Zeichen und Signale, wenn ihm ein Drum-Fill besonders gemundet hatte. Es lief. Das konnte nur gut werden, Jürgen wusste, dass er sich an diesem Abend den Arsch abgespielt hatte, er war stundenlang auf dem feurigen Drachen Rock’n’Roll geritten, dass es peitschte. Die Schlagzeugspur stand wie eine Eins, andere Herren mussten anschließend noch einmal im Studio nachsitzen. Es war ihm eine Genugtuung, bei der er sich eine klammheimliche Schadenfreude nur sehr schwer verkneifen konnte. Aber er

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