Julia Ärzte zum Verlieben Band 36
eng umschlungen, bis Joel ihr einen Kuss aufs Haar drückte. „Lisa, ich muss los.“
Schlagartig war die Realität wieder da. Seine kleine Tochter wartete bei Hannah auf ihn. Das hier war nur gestohlene Zeit. „Natürlich. Du musst Beth abholen.“
„Lisa, ich …“
Sie legte ihm den Finger auf den Mund. „Schsch. Wir können später darüber reden.“ Nur jetzt nicht.
Joel nickte, hielt sie noch einen Moment lang an sich gedrückt, einen letzten kostbaren Augenblick. Dann stand er auf und sammelte seine Sachen ein.
„Ich fahr dich zum Hafen zurück“, meinte Lisa.
„Es ist nicht weit. Ich werde laufen.“
Weil er nicht mehr mit ihr zusammen sein wollte?
Ihr Ausdruck war offenbar so verräterisch, dass Joel sanft hinzufügte: „Weil ich nicht dafür garantieren kann, dass ich dich nicht wieder will. Ich könnte dich ewig küssen. Und Küssen wäre längst nicht genug.“
Sie wusste genau, was er meinte. Sie hätte stundenlang mit ihm Sex haben können und trotzdem immer noch mehr wollen. Die Harmonie zwischen ihnen war einfach zu vollkommen.
Sobald er sich angezogen hatte, beugte er sich zu Lisa herunter und streifte ihre Lippen mit einem schnellen und dennoch unsagbar süßen Kuss. „Wir müssen miteinander reden. Ein anderes Mal.“
„Ja.“
Zärtlich umschloss Joel ihr Gesicht. Es war klar, dass er lieber bei ihr geblieben wäre. An der Tür drehte er sich um und sah Lisa mit einem glühenden Blick an, sodass ihre Körpertemperatur augenblicklich in die Höhe schoss.
Dann war er fort. Lisa hörte, wie die Küchentür hinter ihm ins Schloss fiel, und ließ sich in die Kissen zurücksinken.
Dies könnte der Anfang von etwas ganz Besonderem sein. Und es war gar nicht so erschreckend, wie sie es sich vorgestellt hatte.
6. KAPITEL
„Oh, Joel, wie lieb von dir. Aber das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen“, meinte Hannah. Doch ihr Gesicht leuchtete vor Freude, als sie den Blumenstrauß entgegennahm.
„Doch, das war es. Ich wollte mich bei dir dafür bedanken, dass du mir ausgeholfen hast. Mal wieder“, antwortete er. „Und weil ich nicht möchte, dass du denkst, ich würde das für selbstverständlich halten.“
„Das weiß ich doch. Es ist schwer, als Alleinerziehender einen solchen Job zu machen wie du“, sagte sie. „Die Rettungsaktion hat also länger gedauert als gedacht?“
Joel hatte ein schlechtes Gewissen. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Jemand hat einen Todessprung von den Klippen gemacht. Na ja, und da sind einige Erinnerungen bei mir hochgekommen. Ich wollte mich erst wieder beruhigen, bevor ich Beth abhole.“ Das stimmte, obwohl es natürlich nicht die ganze Wahrheit war.
„Vernünftig“, bemerkte Hannah. „Bist du jetzt wieder okay?“
„Ja, danke.“ Einerseits hatte Lisa ihm einen Teil der Last abgenommen. Andererseits war es jetzt zwischen ihm und ihr viel komplizierter als vorher. Und er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte.
„Wie geht es deiner Mutter?“, erkundigte er sich.
„Gut. Bis zum nächsten Mal.“ Hannah seufzte. „Ich weiß, sie kann nichts dafür. Wenn sie wenigstens ihre Medikamente regelmäßig einnehmen würde.“
„Es ist schwierig“, meinte Joel mitfühlend. Die Medikation war eines der größten Probleme bei psychisch Kranken. Sobald sie sich besser fühlten, hörten sie auf, Tabletten zu nehmen, weil sie glaubten, sie bräuchten sie nicht mehr. Dann gerieten in eine Krise und mussten erneut überwacht werden. Ein Teufelskreis.
„Daddy, Daddy!“ Mit ausgebreiteten Armen rannte Beth auf Joel zu. Er fing sie auf und wirbelte sie im Kreis herum.
„Hannah hat gesagt, dass du jemand mit dem Boot gerettet hast.“
„Ja, das stimmt.“
„Und Lisa rettet Menschen mit einem Hubschrauber. Hat sie heute auch jemand gerettet?“, fragte Beth.
„Ja.“
„Wow.“ Sie wand sich in seinen Armen. „Kann ich Lisas Hubschrauber auch mal angucken?“
„Mal sehen.“
Beth hatte Lisa offensichtlich ins Herz geschlossen. Sie waren einander mehrmals am Strand oder im Dorf begegnet. Und Lisa hatte sich immer Zeit für Beth genommen. Einmal hatte sie der Kleinen sogar mit Joels Einverständnis erlaubt, ihren Lipgloss auszuprobieren. In hellem glänzendem Rosa. Seine Tochter war hingerissen gewesen, dass endlich mal jemand etwas Mädchenhaftes mit ihr machte.
Lisa musste lächeln, als Beth es ‚Lipfloss‘ nannte. Dann hatte sie mit ihr die richtige Aussprache geübt und Beth dafür gelobt.
Ach, verdammt. Beth
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