Julia Ärzte zum Verlieben Band 37
öffnete das Tor, damit die Limousine die letzten Meter bis zur Eingangstür passieren konnte.
Noch bevor Viv sich bewegen konnte, hatte der Fahrer ihr die Tür geöffnet. Nun stand er ehrerbietig da und wartete darauf, dass sie ausstieg. Bis jetzt hatte er noch kein einziges Wort an sie gerichtet. Hatte Ghaleb seinen Angestellten verboten, mit ihr zu sprechen?
Sie würde ihren Fahrer jedenfalls nicht wie einen seelenlosen Lakaien behandeln, der nur dazu da war, ihre Wünsche zu erfüllen.
Rasch stieg sie aus und blieb vor ihm stehen. Als der Mann sie verunsichert musterte, lächelte Viv freundlich. „Ich möchte mich bei Ihnen bedanken. Es war eine wundervolle Fahrt.“
Sichtlich verlegen erwiderte er mit gesenkter Stimme: „Ich habe nur meinen Job gemacht, ya Sayedati.“
„Trotzdem wollte ich Ihnen danken …“ Sie sah ihn entschuldigend an. „Ich kenne Ihren Namen noch gar nicht.“
Er zögerte. „Khadamek Abdur-Rahman.“
„Freut mich sehr. Ich bin Vivienne LaSalle.“ Lächelnd streckte sie ihm die Hand entgegen.
Verunsichert wich er ihrem Blick aus. Plötzlich wurde Viv klar, wo das Problem lag.
Dieser Mann hatte nicht nur von Ghaleb, seinem Chef, den Befehl erhalten, sie wie eine Königin zu behandeln – er gehörte auch einer völlig anderen Kultur an als sie. Der silberne Ring an seinem Finger zeigte ihr, dass er verheiratet war. Außerdem war es in seiner Kultur nicht üblich, fremden Frauen die Hand zu geben, das käme einer Respektlosigkeit gleich. Daran erinnerte sich Viv wieder.
Sie bedachte ihn mit einem freundlichen Lächeln. „Ich werde Ihnen rechtzeitig Bescheid geben, wenn ich zur Arbeit fahren möchte.“
„Aber … ya Sayedati , das wird nicht nötig sein. Ich warte hier in der Dienstbotenunterkunft auf Ihre Anweisungen.“
„Warum?“, fragte sie verdutzt. „Selbst wenn Sie am anderen Ende der Stadt leben, brauchen Sie doch weniger als eine halbe Stunde hierher. Ich habe einen festen Dienstplan, auf den Sie sich einstellen können. Es ist vollkommen unnötig, auf Abruf bereitzustehen.“
Unglücklich sah er sie an. Viv wusste, was ihn bedrückte: Ghaleb, dessen Anweisungen gänzlich anders lauteten. Doch Viv hatte nicht die Absicht, sich einen Haussklaven aufzwingen zu lassen. „Es ist in Ordnung. Ich werde Prinz Ghaleb alles erklären. Und nun fahren Sie bitte nach Hause.“
Sie winkte ihm zu und verschwand im Haus. Doch erst als sie bereits im zweiten Stock angekommen und durch den langen Korridor zu Sams Zimmer gegangen war, hörte sie, wie die Limousine gestartet wurde. Neugierig überlegte sie, ob Abdur-Rahman sich ihrem Wunsch fügen oder an den Anweisungen Ghalebs festhalten würde.
Leise öffnete Viv die Tür zu Sams Zimmer und schlich auf Zehenspitzen hinein. Diese Vorsichtsmaßnahme wäre allerdings nicht nötig gewesen, denn der dicke Teppich, mit dem der Raum ausgelegt war, dämpfte ihre Schritte. Doch sie wollte kein Risiko eingehen. Sam hatte einen sehr leichten Schlaf – genau wie sein Vater. Beim kleinsten Geräusch war er augenblicklich hellwach.
Vorsichtig setzte sie sich neben ihn auf die Bettkante, gegen den üblichen schlaftrunkenen Protest gewappnet. Aber Sam rührte sich nicht. Eine dunkle Vorahnung ließ Viv erschaudern. Sie beugte sich über ihren Sohn und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Wieder keine Reaktion. Panik stieg in Viv auf.
Mit zitternden Fingern tastete sie nach seinem Puls und knipste mit der anderen Hand die Nachttischlampe an.
„Mo-om … Licht aus … müde … kann heute nicht zur Schule gehen …“
Viv schluchzte, und Tränen der Erleichterung strömten ihr über die Wangen. Trotz Sams mürrischen Protests nahm sie ihn in den Arm und drückte ihn fest an sich.
„Heute ist keine Schule, mein Liebling. Mommy hatte dir nur noch keinen Gutenachtkuss gegeben.“
Sam blinzelte verschlafen. „Das waren aber genau zehn Küsse.“
Sie lachte. „Du hast mitgezählt?“
Er zog sich sein Kissen über das Gesicht und murmelte etwas Unverständliches.
Lächelnd knipste Viv die Lampe wieder aus, nahm ihm das Kissen vom Gesicht und gab ihm einen letzten Kuss, bevor sie das Zimmer verließ.
Draußen lehnte sie sich erschöpft an die Tür. Sie war in einer weit schlechteren Verfassung als angenommen. Wenn es um Sams Sicherheit ging, war sie schon immer etwas zwanghaft gewesen, doch die gerade durchlebte lähmende Angst hatte eine neue Dimension angenommen.
Sie sah auf ihre Uhr. Noch genau fünfunddreißig Minuten, bis sie
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