Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
trat. Er blickte auf den Hund hinunter. Wenigstens würde Josh nichts von seinem Schicksal erfahren.
Hoffnungsvoll sah der Hund zu Rick auf, legte die Ohren zurück und wedelte eifrig mit dem Schwanz.
„Na schön.“ Rick machte seine Papiertüte auf und nahm ein Stück Lamm aus dem Burger. Er warf es dem Hund hin, der das Fleisch noch im Flug auffing und gierig verschlang.
Rick ging weiter. Zu seinem Loft war es nicht weit, und er hatte das Bedürfnis gehabt, sich ein bisschen die Beine zu vertreten. Einen halben Häuserblock weiter stellte er fest, dass er nicht allein war.
„Geh nach Hause“, befahl er dem Hund streng. „Du gehörst doch bestimmt irgendwohin.“
Es war dumm gewesen, dem Tier etwas zu fressen zu geben. Zwar hielt der Hund nun einen respektvollen Abstand ein, war aber immer noch da, als Rick seine Einfahrt erreichte.
„Okay, ich geb dir jetzt noch was zu fressen, und dann läufst du nach Hause, verstanden?“
Da er nicht den Rest seines Burgers opfern wollte, schüttete er die Hälfte der Süßkartoffelspalten auf eine Seite der Einfahrt. Danach ging er ins Haus und schloss die Tür hinter sich. Morgen früh war der Hund sicher weg. Sollte er eingefangen werden, wäre er zumindest nicht völlig ausgehungert. Mehr konnte Rick nicht tun.
Warum hatte er dennoch das Gefühl, dass er bei allen versagte, obwohl er sein Bestes tat?
Bei dem Hund.
Simon.
Sarah.
Josh.
Sogar bei sich selbst.
Früher war das Leben nie so kompliziert gewesen. Wenn das hier Erwachsenwerden bedeutete, hatte er vielleicht recht damit gehabt, es so weit wie möglich hinauszuschieben.
Diesmal wartete Sarah auf Rick.
Schon zum vierten Mal war sie aus Joshs Zimmer geschlüpft und lief draußen auf und ab. Der Aufnahmetresen war nur zu den üblichen Arbeitszeiten besetzt, und jetzt saß niemand mehr dort. Die Pflegekräfte waren entweder mit ihren Patienten beschäftigt oder im Schwesternzimmer.
Josh, der unter Schmerzen und Übelkeit litt, hatte am Nachmittag eine Bluttransfusion bekommen. Quengelig hatte er in regelmäßigen Abständen nach seinem Vater gefragt. Inzwischen war es sieben Uhr abends, und Rick war noch immer nicht aufgetaucht. Wie konnte er einen todkranken kleinen Jungen so hängen lassen? Aufgebracht marschierte Sarah hin und her.
Als sie Rick schließlich durch die Doppeltür kommen sah, brach es aus ihr heraus. „Wo bist du den ganzen Tag gewesen, Rick? Josh hat ständig nach dir gefragt.“
„Jetzt bin ich ja da.“ Er wirkte müde. Als wäre er nur hier, weil es eine zusätzliche Pflicht war, die er abhaken musste.
„Er schläft jetzt“, entgegnete Sarah eisig. „Wahrscheinlich die ganze Nacht.“
„Oh.“ Rick wandte sich ab. „Dann komme ich morgen früh wieder.“
„Klar.“ Sarkastisch meinte sie: „Wenn’s gerade passt, natürlich.“
Er drehte sich zu ihr um und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Ich hatte einen sehr anstrengenden Tag“, sagte er leise. „Ich habe einen Dreizehnjährigen auf der Intensivstation, der Probleme hat. Er hat Krämpfe bekommen und …“
„Du hast einen neunjährigen Sohn, der Probleme hat!“, fuhr Sarah ihn an. „Und du warst heute nicht mal bei ihm.“
Rick seufzte. „Jetzt bin ich da.“
„Zu spät“, gab sie schroff zurück. „Er hatte einen schrecklichen Tag, und das Einzige, was ihm ein bisschen Freude gemacht hätte, wäre ein Besuch seines Vaters gewesen. Aber der kam nicht. Was ist los, Rick? Seit Tagen meidest du ihn. Ist er jetzt nicht mehr interessant für dich oder was?“
Er lachte ungläubig. „Ich war jeden Tag bei ihm.“
„Nur einmal. Vorher bist du mehrmals täglich gekommen. Wenn du bei Kindern erst mal mit einer Sache anfängst, dann glauben sie, dass es so weitergeht. Ähnlich wie Hunde.“
Rick wollte etwas sagen, doch Sarah ließ ihm keine Gelegenheit dazu.
„Du hast gesagt, du würdest dein Bestes geben, um ein guter Vater zu sein“, erklärte sie vorwurfsvoll. Ihre schwankende Stimme zeigte, wie sehr sie den Tränen nahe war. „Wenn dies das Beste ist, was du zustande bringst, dann reicht das nicht. Es wäre besser gewesen, gar nicht erst den Kontakt mit Josh aufzubauen, als ihn glauben zu lassen, dass er dir wichtig ist, und ihm jetzt so aus dem Weg zu gehen.“ Sie musste den dicken Kloß in ihrem Hals herunterschlucken. „Das ist nicht fair, Rick.“ Ihre Stimme wurde brüchig. „Es ist nicht einmal nett.“
„Ich gehe Josh nicht aus dem Weg.“
„Doch, das tust du.“ Sarah sah ihn
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