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Julia Arztroman Band 62

Julia Arztroman Band 62

Titel: Julia Arztroman Band 62 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Taylor , Abigail Gordon , Amy Andrews
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sah man die Großaufnahme eines winzigen Babys, die Augen geschlossen, umgeben von zahllosen Schläuchen und Kabeln. Eine kleine rosa Mütze bedeckte das Köpfchen. Das kleine Mädchen hielt den Finger eines Erwachsenen umklammert. Im Vergleich dazu wirkte der Arm des Babys noch viel zerbrechlicher.
    „Das ist Daisy, ja?“
    „Ja“, antwortete Paige.
    Obwohl sie ihm das Fotoalbum gegeben hatte, zögerte Valentino. „Darf ich?“
    Sie atmete tief durch und nickte. Er öffnete das Album ganz langsam, wie ein wertvolles altes Pergament. Seine Ehrfurcht berührte sie.
    Sie schauten zusammen auf das erste Blatt. Ein Bild von Daisy, als sie gerade mal vier Stunden alt gewesen war. Sofort fühlte sich Paige wieder drei Jahre zurückversetzt. Die Angst. Die Unsicherheit. Die schreckliche Anspannung.
    „Sie sind in der achtundzwanzigsten Woche geboren?“, erkundigte sich Valentino. Behutsam blätterte er die Seiten weiter um.
    „Ja“, bestätigte sie. „Daisy wog neunhundert Gramm, McKenzie zwölfhundert.“
    Das erklärte vieles. Frühgeburten unter tausend Gramm hatten keine allzu großen Überlebenschancen.
    „Ein wunderschönes Album“, bemerkte Valentino. Jedes Foto dokumentierte Daisys Kampf und die immer umfangreicheren medizinischen Maßnahmen, um sie zu retten. Die Seiten waren in Blassrosa gehalten und mit niedlichen Stickern, Seidenschleifen und Ausschnitten zu unterschiedlichen Babythemen gestaltet. Es war sehr viel Mühe darauf verwandt worden, Daisy als innig geliebtes und kostbares Geschenk darzustellen.
    „Meine Mutter hat es für mich gemacht, nachdem …“ Paige brach ab.
    „Das ist eine wunderbare Idee“, meinte er. „Sie hat offenbar viel Liebe hineingesteckt.“
    „Ja. Mum kann so etwas sehr gut. Sie macht auch ihr Briefpapier und alle Grußkarten selbst.“
    Valentino blätterte weiter. „Man sieht, dass das Baby mehrere Schläuche in der Brust hatte“, stellte er fest.
    „Zum Ende hin hat Daisy mehrfach einen Pneumothorax bekommen“, erwiderte Paige. „Ihre chronische Lungenerkrankung war so schlimm, dass sie auf keine Behandlung mehr ansprach, und sie konnte nicht mehr beatmet werden.“
    Er schwieg. Was sollte er schon sagen? Es musste eine Qual gewesen sein, das alles mit anzusehen. Das konnte man an Paiges Gesichtsausdruck auf den Fotos erkennen.
    „Das heißt, die Behandlung wurde abgebrochen?“
    „Ja. Sie hatte schon so unendlich viel gelitten.“ Zärtlich strich Paige mit dem Zeigefinger über Daisys Gesichtchen. „Mehr durften wir nicht von ihr verlangen.“
    Auf der vorletzten Seite war das Foto eines blonden Mannes zu sehen. Seine Hand lag auf dem Wollmützchen des Babys.
    „Dein Mann?“, fragte Valentino.
    Paige nickte. „Arnie.“
    „Er ist … gegangen?“
    „Zwei Tage nach Daisys Beerdigung.“
    Valentino war empört. Wie konnte der Kerl das tun? Einfach seine trauernde Frau und sein zweites Kind im Stich lassen? Welcher Mann war zu so etwas fähig? „Hast du noch Kontakt mit ihm? Kennt McKenzie ihn?“
    Paige schnaubte verächtlich. „Die einzige Korrespondenz seit dem Tag, als ich Arnie angefleht habe, mich nicht zu verlassen, fand durch seinen Anwalt statt, der mir die Scheidungspapiere zuschickte.“
    In ihrer Stimme schwang tiefe Bitterkeit mit. Es bestand kein Zweifel daran, dass Arnie für Paiges wenig schmeichelhafte Meinung über Männer verantwortlich war. Und für die steinerne Mauer um ihr Herz. Aber sie schien über ihn hinweg zu sein.
    Valentino drehte die Seite zum letzten Bild um. Er spürte, wie sich Paige neben ihm versteifte. Kein Wunder. Man konnte das Foto kaum ansehen, ohne das Gefühl zu haben, einen sehr persönlichen Moment zu stören. Ein Bild voller Trauer und Leid, von einer geradezu quälenden Intimität.
    Darauf hielt Paige die in Tücher eingewickelte Daisy, von allen Schläuchen und Kabeln befreit, die geschwollenen Augen geschlossen, das rosa Mützchen über das kleine Köpfchen gezogen. Der Mund war eine gerade Linie, die Lippen ohne jede Farbe, die Haut totenblass. Die Bildunterschrift lautete: „Ruhe in Frieden, geliebte Daisy.“
    Auf dem Foto schaute Paige weinend auf ihr Töchterchen hinunter, mit einem solchen Schmerz, als gäbe sie alles darum, ihre Tochter wieder zurückzuholen. Ja, sogar an ihre Stelle zu treten. Ihr Blick sagte: Geh nicht! Ich hatte ja noch gar keine Chance, dich kennenzulernen.
    Valentino traf diese absolute Trostlosigkeit bis in die tiefste Seele.
    „Sie war einfach zu klein“, flüsterte

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