JULIA COLLECTION Band 10
„Welche Freude, Sie diesen Abend bei uns begrüßen zu dürfen. Seine Hoheit, Prinz Ali, sind bereits eingetroffen. Ich bringe Sie direkt zu monsieur le prince.“
Der Prinz ist schon da, dachte Charmaine erstaunt, während sie dem Oberkellner in den hinteren Teil des Restaurants folgte, vorbei an weitestgehend leeren Tischen. Schließlich war es noch ziemlich früh am Abend. Da hatte sie angenommen, auch der Prinz würde noch ein wenig auf sich warten lassen, um sie gefügiger zu machen.
Doch dann rief sie sich in Erinnerung, dass der heutige Abend ja kein Rendezvous war, sondern seine Gelegenheit, sich zu rächen. Selbstverständlich wollte er da keinen Moment ihrer Demütigung missen. Er hatte ja keine Ahnung, mit wem er es zu tun hatte. Dieses Bewusstsein ließ sie zumindest nicht bedauern, überhaupt hier zu sein, sodass sie sogar lächelte.
Bei dem Separee, zu dem man sie brachte, handelte es sich um einen quadratischen Raum in einer stillen Ecke des Restaurants. Ein offener Bogen führte hinein, aber selbst der war von großen Palmen flankiert. Die Wände hatte man schwarz gestrichen, und lediglich einige kleine Strahler spendeten etwas Licht. Außer dem runden Tischchen und den Stühlen gab es kein Mobiliar. Auf der weißen Decke stand eine weinrote Kerze, die den Blick auf das Gegenüber nicht behinderte.
Zweifellos hatte man bei der Gestaltung des Raums an Liebespaare gedacht, die unter sich bleiben wollten. Reiche Geschäftsleute speisten hier mit ihrer Geliebten und Berühmtheiten mit dem jeweiligen Lebensabschnittsgefährten. Wahrscheinlich saß an diesem Tisch selten ein Paar wie der Prinz und sie.
Zuerst konnte sie den Mann in dem spärlich beleuchteten Raum kaum ausmachen, wozu seine dunkle Kleidung und der Teint noch beitrugen. Aber sobald sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, trat er gleichsam aus dem Schatten hervor – zunächst sein Gesicht und dann auch alles andere.
Er trug wieder einen teuren, aber lässigen Anzug und sah damit ganz wie der typische Playboy der westlichen Hemisphäre aus. Doch hoppla, was war denn das? Schlug da etwa ihr Herz höher bei seinem eleganten Äußeren? Oder war der Adrenalinschub auf die bevorstehende Gegenüberstellung zurückzuführen? Rico hatte gesagt, der Prinz sei gefährlich, und Rico war kein Narr. Auf jeden Fall hatte Charmaine das Gefühl, Prinz Alis Blick würde sie verbrennen, so wie er sie ansah. Nun, da ihre Kurven nicht gleich ins Auge sprangen, schien er sie noch mehr zu begehren.
Als er sich erhob, um sie zu begrüßen, zuckte sie regelrecht zusammen. So viel Benimm hätte sie ihm gar nicht zugetraut.
„Guten Abend, Charmaine“, sagte er und nickte leicht. Dabei fiel ihr sein wunderbar dichtes Haar auf, leicht wellig und perfekt frisiert. Dahinein hätte sie gern einmal die Hän de geschoben. Wie bitte? Sie erschrak, als ihr klar wurde, was sie gerade gedacht hatte.
„Sie sehen sehr … hübsch aus“, fügte er nun hinzu und sah sie nach wie vor begehrlich an.
Charmaine war froh, dass ihr der Oberkellner in diesem Moment den Stuhl herauszog. So konnte sie beim Hinsetzen den Blick abwenden, und der Scheich sah nicht, dass sie sich über sein Kompliment freute.
„Ich schicke sofort jemanden vom personel, der Ihnen den ganzen Abend exclusivement zur Verfügung steht, Eure Hoheit“, sagte der Oberkellner und verneigte sich vor dem Prinzen, bevor er geschäftig davoneilte und die beiden allein ließ.
Charmaine war nach wie vor so geschockt über ihren Wunsch, das Haar des Prinzen zu berühren, dass ihr um nichts in der Welt einfallen wollte, was sie sagen sollte. Für einige Sekunden herrschte unangenehmes Schweigen, und Charmaine hoffte inständig, ihre Bedienung möge bald kommen. Glücklicherweise erschien gleich darauf ein schlanker junger Mann mit feingliedrigen Händen. Er reichte jedem eine Speisekarte, ratterte – ohne französischen Akzent – die Empfehlungen des Chefkochs herunter und fragte dann, ob sie einen Aperitif wünschten oder eine Flasche Wein.
„Bringen Sie mir Mineralwasser“, befahl der Prinz, ohne die Weinkarte eines Blickes zu würdigen. „Mit Kohlensäure.“ An Charmaine gewandt fügte er hinzu: „Ich trinke keinen Alkohol, aber wenn Sie einen Drink zum Essen möchten …“ Er reichte ihr die Karte.
„Ich trinke auch keinen Alkohol“, antwortete sie und gab dem Ober die Karte zurück. „Mineralwasser ist wunderbar.“ Daraufhin schenkte sie ihrem Gegenüber sogar ein
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