JULIA COLLECTION Band 10
Zaun gebrochen, und keiner wusste, wie das alles enden würde.
Auf jeden Fall nicht glücklich, das war mal sicher. Rico seufzte, wandte sich wieder der Theke zu und trank den Rest von Charles’ Brandy. „Ich nehme noch einen“, sagte er dann zum Barkeeper. „Aber diesmal keinen Brandy, sondern Bourbon. Pur, ohne Eis.“ Er konnte es sich erlauben, sich zu betrinken. Freitagnachts fuhr er immer mit dem Taxi nach Hause, wo ihn nur ein kaltes Bett erwartete. Aber das war vielleicht immer noch besser, als zu einer Frau wie Dominique zurückzukehren, oder?
Rico blickte sich in der Bar um und entdeckte am anderen Ende des Tresens eine umwerfend gut aussehende Blondine von etwa dreißig Jahren. Als er ihr zulächelte, erwiderte sie sein Lächeln, wie es Frauen schon seit Jahrhunderten taten. Sie war keine Professionelle – dafür war sie ein bisschen zu teuer gekleidet –, aber auf jeden Fall gut für einen One-Night-Stand. Heute Nacht würde er also nicht allein bleiben, und sie brauchten auch nicht weit zu gehen. Das Regency hatte mit Sicherheit ein hübsches Zimmer frei.
Nur eins ließ ihn zögern: Mit der Blonden ins Bett zu gehen würde nichts an seiner Frustration ändern. Das konnte im Augenblick nur eine ganz bestimmte Frau, und die würde ihm als Bettgenossin bestimmt nicht zur Verfügung stehen. Renée verachtete ihn beinah genauso wie er sie. Warum es ihn trotzdem so furchtbar nach ihr verlangte, konnte er nicht sagen. Es war geradezu abartig und wurde immer schlimmer.
Vielleicht …
Er warf der Blonden noch einen Blick zu. Nein, für seinen Geschmack ähnelte sie viel zu sehr Dominique, und ein Mann in seiner Stellung konnte es sich nicht erlauben, mit jeder ins Bett zu steigen. Was das betraf, hatte er sich in der Vergangenheit ein bisschen zu sorglos verhalten. Schöne Frauen bedeuteten unweigerlich Ärger. Als er Dominique das erste Mal gesehen hatte, war ihm das sofort bewusst geworden. Aber Charles hatte sie ja unbedingt heiraten müssen. Na ja, verliebte Männer waren nun einmal nicht zurechnungsfähig.
Rico umfasste das Whiskyglas. Er wollte nicht an Liebe denken. Er wollte überhaupt nicht denken!
Verflixt und zugenäht! Es gab nur eine Lösung für sein Problem, auch wenn die nicht von Dauer, unklug und überflüssig war. Doch Rico stand trotzdem auf, nahm sein Whiskyglas und ging ans andere Ende der Bar, wo er sich neben die Blonde auf einen freien Barhocker setzte. „So ganz allein?“, fragte er daraufhin mit demselben herausfordernden Lächeln, das weltweit jede Woche Millionen von Frauen vor den Bildschirmen in Bann zog.
Die Fremde warf ihm einen selbstsicheren Blick zu. „Jetzt nicht mehr“, sagte sie dann.
4. KAPITEL
Dominique schreckte aus dem Schlaf hoch und wusste gleich, dass Charles zu Hause war. Sie hörte ihn im Penthaus umhergehen. Sofort setzte sie sich auf, stopfte sich das Kopfkissen in den Rücken und nahm das Buch, das ihr beim Einschlafen aus der Hand gefallen war. Sie hatte versucht, für Charles wach zu bleiben, sich dazu zwei Filme angesehen und dann einen Thriller zu lesen begonnen, bei dem man laut Schutzumschlag von der ersten bis zur letzten Seite hellwach bleiben sollte. Aber sie war bereits bei Seite zwanzig eingedöst.
Sie sah zum Wecker: zehn Minuten nach ein Uhr. Nicht besonders spät, um von einem Pokerabend nach Hause zu kommen. Viele Männer spielten die ganze Nacht. Nicht dass Charles’ Pokerfreunde alle männlichen Geschlechts gewesen wären. Das konnte man von der wunderschönen Mrs.
Renée Selinsky, einer vermögenden Witwe und Eigentümerin der Topmodelagentur „Renées“, nun wirklich nicht behaupten.
Dominique hatte sie zum ersten Mal eine Woche vor der Hochzeit auf der Rennbahn getroffen und war mehr als nur ein bisschen beunruhigt gewesen, dass Charles nach den Flitterwochen wieder jeden Freitag einige Stunden in ihrer Gesellschaft verbringen würde. Die Frau sah nicht nur umwerfend aus, sondern war offensichtlich auch besonders intelligent und gefährlich ungebunden. Sowohl auf der Rennbahn als auch bei der Hochzeit war sie ohne Begleiter erschienen.
Aber richtig eifersüchtig wurde Dominique erst, als sie Charles und Renée beim Hochzeitsempfang im Penthaus miteinander plaudern sah. Die beiden standen auf der Terrasse, hatten die Köpfe zusammengesteckt und wirkten dabei eher wie ein heimliches Liebespaar denn wie gute Freunde. Als sie ihn später danach fragte – bemüht, nur interessiert zu klingen –, hatte er ihr mehr über
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