JULIA COLLECTION Band 10
verwendeten.
„Das hast du beim ersten Mal auch gesagt, aber du siehst ja, wohin es dich geführt hat.“
„Nicht jede Frau ist wie Jasmine.“
„Ich verstehe sowieso nicht, was du an ihr gefunden hast.“
Er lachte. „Weil du kein Mann bist.“
Teresa schüttelte den Kopf. Glaubte ihr Sohn etwa, sie wisse nicht mehr, wie sich sexuelle Anziehung auswirkte? Sie war erst dreiundsiebzig und nicht hundertunddrei! „Jasmine hatte vielleicht ein hübsches Gesicht und einen schönen Körper, aber sie ist auch eingebildet und egoistisch gewesen. Nur ein Narr hätte das nicht erkannt.“
„Verliebte Männer sind Narren, Mum“, sagte Rico in einem Ton, als würde das inzwischen schon wieder auf ihn zutreffen.
Erschrocken blickte Teresa zu ihm hoch, aber Enrico hatte den Blick in die Ferne gerichtet. Sie konnte nur hoffen, dass er mit den Gedanken nicht bei dieser Renée war. Auch wenn Teresa die Frau nicht kannte, hatte sie sich anhand von Enricos Erzählungen ein Bild von ihr machen können. Nach dem Tod ihres viel älteren Mannes war sie eine unheimlich reiche Witwe geworden. Außerdem handelte es sich bei ihr um ein Exmodel, das sich zur cleveren Geschäftsfrau gemausert hatte und eine Modelagentur führte. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, war sie schon Mitte dreißig, aber kinderlos, wahrscheinlich weil sie wie so viele Karrierefrauen nie welche hatte haben wollen.
Mit anderen Worten, diese Renée war nicht so ganz das, was sich Teresa Mandretti unter der idealen Schwiegertochter vorstellte.
„Ich komme morgen nicht zum Essen, Mum“, sagte Enrico da plötzlich. „Ich muss noch woandershin.“
„Und wohin?“
„Unser Pferdetrainer will den Beginn der Frühjahrssaison feiern und hat morgen Tag der offenen Tür.“
„Dann gibt er also eine Party?“
„Ja, ich glaube, so kann man es nennen.“
Zu Jahresbeginn hatte Ward Jackmans Assistentin Lisa den cleveren Einfall gehabt, einmal im Monat die Türen des Rennstalls für Besitzer und Interessierte zu öffnen, damit diese mit den Trainern oder Stallburschen die Fortschritte und Erfolgsaussichten der Tiere besprechen konnten. Danach gab es immer ein kleines Mittagsbüfett. Aber morgen sollte daraus ein kulinarisches Highlight werden, zu dem Champagner gereicht wurde.
Ursprünglich hatte Enrico nicht teilnehmen wollen, weil das Fest auf ihren Familiensonntag fiel. Und der war ihm wichtiger, als mit den Reichen und Schönen Sydneys Small Talk zu halten oder sich womöglich noch einmal mit Renée zu streiten. Doch nach dem vergangenen Abend wäre morgen der Tag der Entscheidung.
„Ich verstehe“, sagte seine Mutter nachdenklich. „Kommt Charles auch?“
„Wahrscheinlich nicht. In letzter Zeit interessieren ihn Pferde nicht mehr so sehr wie früher.“
„Kein Wunder, schließlich hat er jetzt eine Frau und bald auch ein bambino. Was ist mit dem Scheichsohn? Er ist ja nicht verheiratet. Kommt er?“
„Nein, Ali geht nie auf solche Veranstaltungen.“
Bleibt noch die Witwe, schloss Teresa messerscharf. Es sei denn, der Pferdetrainer beschäftigte einen blonden weiblichen Jockey. Aber die waren eigentlich viel zu klein und dürr für Enricos Geschmack. Wie wohl diese Renée aussah? Als Exmodel war sie bestimmt groß, und wenn sich ihr Sohn zu ihr hingezogen fühlte, musste sie einfach blond sein. Vielleicht hatte sie sogar eine üppige Oberweite wie Jasmine.
„Was ist mit deiner Pokerfreundin?“, konnte Teresa schließlich nicht umhin zu fragen. „Renée, oder?“
„Die kommt bestimmt.“ Enrico lächelte, aber nicht glücklich, sondern wehmütig.
Da wusste Teresa, was sie wissen wollte: Ihr Sohn war verliebt, doch seine Gefühle wurden nicht erwidert. Was sie davon halten sollte, wusste sie allerdings nicht. Dabei wollte sie bestimmt nicht, dass er sich noch einmal auf eine Frau wie Jasmine einließ. Aber es ärgerte sie, dass es überhaupt eine Frau gab, die ihrem Jüngsten widerstehen konnte.
Teresa steckte die Minzeblätter in die Schürzentasche und hakte sich bei ihrem Sohn unter. „Komm, Enrico, ich will dir mein neuestes Pastarezept zeigen.“
Sie schlenderten zum Haus, und Teresa erzählte Rico schon einmal, worauf es bei dieser neuen Kreation ankam. Er genoss die Aufmerksamkeit und Fürsorge seiner Mutter und ließ sich davon trösten. Morgen wäre der Tag der Entscheidung, da brauchte er all seine Kräfte. Dabei war es nicht von Belang, dass er sich gerade erst entschlossen hatte, zum Rennstall zu gehen. Das bewies nur,
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