JULIA COLLECTION Band 11
Teller bis auf den Bacon. Ihm fiel auf, dass sie den Toast ohne Butter aß und nur einen Spritzer Sahne in den Kaffee nahm.
Nachdem er gegessen hatte, holte er Zahnbürste und Rasierer aus seinem Handgepäck und entschuldigte sich, um den Waschraum aufzusuchen.
„Jetzt dauert es nicht mehr lange“, teilte er ihr mit, als er den Platz neben ihr wieder einnahm. Sie lächelte, und er widerstand dem Drang, ihr zu sagen, wie hübsch sie war.
Gemeinsam sahen sie sich die Nachrichten vom Vortag auf dem Monitor an, der mit den Wechselkursen schloss.
Avis blickte besorgt drein. „Ich habe ganz vergessen zu tauschen.“
Er griff in sein Jackett nach der Brieftasche. „Ich würde Ihnen gern …“
„Nein“, sagte sie nachdrücklich. „Nein danke.“
Also befand sich ein stählerner Kern hinter ihrer sanften Fassade. Seltsam erfreut, aber auch ein bisschen belustigt gab er nach. „Okay, dann werde ich Ihnen nur zeigen, wo Sie im Flughafen wechseln können.“
Sie nickte lächelnd und stand auf, um ihrerseits den Waschraum aufzusuchen. Als sie zurückkehrte, kündigte der Pilot die Landung an, und die Anschnallzeichen leuchteten auf. Lucien ließ Avis auf den Fensterplatz zurückkehren und setzte sich wieder zu ihr. Ihm fiel auf, dass sie die Armlehnen umklammerte. Er legte die Hand auf ihre und musterte sie besorgt, aber er sah nur freudige Aufregung.
„Sie können das nicht verstehen“, murmelte sie. „Sie sind Ihr Leben lang durch die Weltgeschichte gereist, aber für mich ist es ein gewaltiges Abenteuer. Dabei ist es ein Jammer, dass ich nur hier bin, weil ich vor jemandem weglaufe.“
Er drückte ihre Hand. „Vor wem denn?“
„Vor meinem Stiefsohn.“
Beinahe schockiert hakte er nach: „Sie mögen keine Kinder?“
„Doch, natürlich. Aber Ellis ist kein Kind mehr. Er ist dreißig.“
„Ihr Stiefsohn ist dreißig Jahre alt?“
„Mein Mann war wesentlich älter als ich.“
Lucien zog eine Augenbraue hoch. „Es kommt nicht häufig vor, dass ein Ehegatte jünger ist als ein Stiefkind.“
„Aber ich bin nicht jünger. Ich bin zwei Jahre älter.“
„Ich hätte Sie auf höchstens achtundzwanzig geschätzt. Ich selbst bin sechsunddreißig“, teilte er ihr mit, so als wäre es von Bedeutung.
Für sie war es das offensichtlich, denn sie lächelte strahlend. „Ich wusste doch, dass Sie noch jung sind.“
Jung. Er selbst hätte sich als reif bezeichnet, als erfahren, vielleicht sogar als ein wenig abgestumpft. Wann hatte er aufgehört, sich jung zu fühlen?
Die Motoren wurden gedrosselt. Avis drehte ihre Hand in seiner um, drückte fest zu und hielt den Atem an, als der Landeflug begann. Lucien grinste und erfreute sich an ihrer Aufregung. Anscheinend war er doch noch nicht so abgestumpft.
Avis spürte, wie ihr Magen hüpfte, als das Fahrgestell aufsetzte, doch der Ruck war überraschend milde. Die ganze Landung war eher enttäuschend unspektakulär, bis die Schubumkehr erfolgte und sie in ihren Sitz gepresst wurde. Die gewaltige Maschine holperte über die Rollbahn und kam schließlich vor dem Terminal zum Stillstand. Regen prasselte an die Fensterscheiben.
Lucien stand auf, bevor die Anschnallzeichen erloschen, und sammelte ihre Sachen ein. Er half Avis in den Mantel, den die Stewardess von der Garderobe gebracht hatte, und reichte ihr den Aktenkoffer, bevor er in seinen hellen Trenchcoat schlüpfte und sie vor den anderen Passagieren zum Ausgang führte.
Ein Van brachte sie mitsamt Gepäck zum Terminal. Avis blickte hinaus auf den Regen.
„Morgen soll es warm und sonnig werden“, teilte Lucien ihr mit, „jedenfalls am Nachmittag. So hat zumindest die Wettervorhersage gelautet, bevor ich in Kalifornien abgeflogen bin.“
„Das ist gut zum Sightseeing.“
„Sie sollten trotzdem immer einen Regenschirm zur Hand haben. Schließlich sind Sie in London.“
Lächelnd atmete sie tief durch. „London.“ Sie konnte kaum glauben, dass sie wirklich da war.
Er musterte ihr verklärtes Gesicht, erklärte dann abrupt: „Ein Gepäckträger wird unsere Koffer zum Zoll bringen. Das ist nur eine Formalität. Haben Sie Ihren Pass griffbereit?“
„Ja.“
„Nachdem Sie Geld gewechselt haben, setze ich Sie in ein Taxi.“
„Ein Taxi? Mir wurde gesagt, dass ich mit der Bahn fahren müsste.“ Soweit sie wusste, lag Gatwick Airport ein gutes Stück von der Innenstadt entfernt.
Er lächelte. „Das Taxi braucht zwar ein bisschen länger als die U-Bahn, aber es ist bequemer für Sie.“
Sie
Weitere Kostenlose Bücher