JULIA COLLECTION Band 11
Searle ihre Anwesenheit erforderlich sei, und zwar am kommenden Donnerstag um zehn Uhr morgens in der Anwaltskanzlei in Puma Springs. „Was hat das denn zu bedeuten?“
„Das können wir uns auch nicht erklären.“
„Ich kann es nicht fassen, dass er uns drei in seinem letzten Willen genannt hat“, bemerkte Avis. „Ich frage mich, wer sonst noch betroffen ist.“
„Na ja, Heston wahrscheinlich“, meinte Gwyn.
„Er hat uns doch wohl nicht die Ranch hinterlassen, oder?“, sinnierte Valerie.
Gwyn winkte ab. „Unsinn. Wahrscheinlich ist es irgendwelcher Krimskrams.“
„Viel kann es nicht sein“, vermutete Valerie. „So, wie er gelebt hat.“
„Ich hätte gern ein Andenken an ihn“, meinte Sierra.
„Trotzdem ist es sehr seltsam, dass er euch in seinem Testament erwähnt hat“, murrte Gwyn. „Vor allem, da er so gut wie nichts zu hinterlassen hatte.“
„Außer der Ranch“, gab Avis zu bedenken.
Sierra schüttelte den Kopf. „Er hat mir mal erzählt, dass es sich dabei um ein Treuhandgut der Familie handelt.“
Eine Weile lang saßen sie stumm da und grübelten. Dann sagte Avis schließlich: „Wir werden es ja am Donnerstag herausfinden. He, meint ihr, dass Ian Keene auch einen Brief gekriegt hat?“
„Ich weiß nicht“,erwiderte Valerie.„Aber ich frage ihn, wenn er mich anruft.“ Drei weibliche Augenpaare leuchteten neugierig auf. Valerie lächelte. „Wir waren am Samstag zum Dinner aus.“
„Ich wusste es doch“, triumphierte Avis und stieß Sierra mit dem Ellbogen an. „Habe ich es dir nicht gesagt?“
„Ach ja?“, wunderte sich Valerie. „So, wie ich ihn behandelt habe, hat es mich sehr überrascht. Und verwirrt, offen gesagt.“
Avis tauschte einen Blick mit Sierra und murmelte: „Hm, das könnte sehr, sehr gut oder sehr, sehr schlecht sein.“
„Was soll das heißen?“
„Es könnte sich um Anziehung von Gegensätzen handeln“, sagte Sierra, „oder um …“
„Einen Typ, der nur das Eine im Sinn hat“, warf Gwyn ein, „und sobald er es gekriegt hat, heißt es: Sorry, Babe, aber es klappt doch nicht mit uns.“
Valerie schluckte schwer, und Avis tätschelte ihr tröstend die Hand. „Lass es einfach langsam angehen. Es wird sich schon ergeben.“
„Auf die eine oder andere Weise“, stichelte Gwyn. „Gewöhnlich auf die andere.“
„Ach, ich weiß nicht“, meinte Sierra. „Ian scheint echt nett zu sein. Ich glaube nicht, dass er dich vorsätzlich hinters Licht führt.“
„Trotzdem ist es am Besten, vernünftig zu sein“, riet Avis.
Sierra nickte. „Wenn er dich anruft, dann erklär ihm einfach, dass du es langsam angehen lassen willst.“
„ Falls er dich anruft“, wandte Gwyn ein.
„Ganz bestimmt“,erwiderte Valerie zuversichtlich und dachte dabei an die heißen Küsse, die sie getauscht hatten. „Das weiß ich genau.“
6. KAPITEL
Ian rief nicht an. Nicht am Montag, nicht am Dienstag und nicht am Mittwoch.
Valerie war gründlich sauer auf ihn, und sie war es echt leid, mit falscher Nonchalance zu lächeln, wenn sie ihren Freundinnen jeden Nachmittag beim Kaffee den Mangel an Kommunikation eingestand.
Der Marktplatz stellte am Donnerstag auf dem Weg zur Anwaltskanzlei eine erfrischende Abwechslung zum Einkaufszentrum dar, in dem Valerie sonst die Vormittage verbrachte.
Die Stadthalle war das einzige moderne Gebäude in der Innenstadt. Im Gegensatz zur Kreishauptstadt wurde der Platz nicht von einem Gerichtsgebäude mit Türmchen und Giebeln aus einem vorherigen Jahrhundert beherrscht. Diese Ehre gebührte einer kleinen, mit weißem Holz verschalten Kirche und einem schattigen, gepflegten Friedhof, den die Einheimischen eher als Stadtpark betrachteten. Mindestens seit einem Jahrhundert war dort niemand mehr zur letzten Ruhe gebettet worden, und die Kirche war vor gut fünfzig Jahren in ein landwirtschaftliches Museum verwandelt worden.
Verschiedene Geschäfte wie Bank, Druckerei, Damenboutique und Geschenkladen säumten den Platz. Darüber befanden sich Büroräume – wie auch die Anwaltskanzlei, die über einem Möbelgeschäft lag.
Valerie hatte die Treppe zu der Kanzlei halb erklommen, als jemand die Haustür hinter ihr öffnete. In der Annahme, dass es Avis und Sierra sein könnten, blieb sie stehen und blickte über die Schulter. Ian Keene grinste zu ihr hinauf.
Ihr erster Gedanke war, dass er immer diesen eisblauen Farbton seines Polohemdes tragen sollte, der seine Augen leuchten ließ.
Ihr zweiter Gedanke war, dass er
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