JULIA COLLECTION Band 16
Heulen und Kreischen des Windes zu achten, der um das Haus herumpeitschte.
„Abenteuer sind ja schön und gut“, sagte sie leise vor sich hin. „Aber das hier geht wirklich zu weit.“
Und Aidan befand sich mittendrin.
Stunden waren vergangen, seit er fort war, um eine neue Rettungsaktion einzuleiten. Und seitdem konnte Sally sich nicht beruhigen. Sie sollte sich keine Sorgen machen, schließlich war genau das Aidans Job. Er war für solche Situationen ausgebildet worden und machte seine Arbeit ausgezeichnet. Das hatte sie heute Morgen am eigenen Leib erfahren können. Wenn sie sich jetzt den Lärm anhörte, den der Wind draußen machte, konnte sie sich nicht erklären, wie sie so dumm hatte sein können, mit dem Boot aufs Meer hinauszufahren.
Zu ihrem Ärger half es ihr überhaupt nicht, dass sie wusste, wie gut Aidan in seinem Job war, und dass er sehr gut in der Lage war, auf sich aufzupassen. Sie hatte trotzdem das Gefühl, eine eiskalte Faust würde ihr Herz umklammern, wenn sie sich vorstellte, wie Aidan aus dem Hubschrauber in das aufgepeitschte Meer sprang. Sie sah ihn auf den Mann zuschwimmen, der aus dem Boot gefallen war, und wie er dann plötzlich von einer riesigen Welle in die Tiefe gerissen wurde.
Je mehr solcher finsteren Gedanken ihr durch den Kopf gingen, desto nervöser wurde Sally. Sie erschauderte, stellte den Kaffeebecher auf den Küchentresen und verließ die Küche. Als sie das Wohnzimmer durchquerte, das jetzt trotz der eingeschalteten Lampen finster wirkte, gaben die verbarrikadierten Fenster ihr das Gefühl, sie befände sich in einem Grab.
Mit einem Kopfschütteln, das diese düsteren Gedanken verscheuchen sollte, drehte sie sich um und ging zur Haustür. Sie riss sie auf, und sofort drängte die Wucht des Windes sie wieder ins Haus zurück. Der Regen holte regelrecht nach ihr aus, als hätte er sprungbereit auf der Veranda auf der Lauer gelegen.
Die ganze Welt war verrückt.
Die Bäume schwankten wild hin und her und wurden fast bis zum Boden durchgebogen. Sie sahen aus wie verzweifelte Sünder, die um Gnade flehten. Der Himmel war fast schwarz, und der Regen brach aus ihm heraus, als wären seine Schleusen geöffnet worden. Niemand war auf der Straße. Die Anwohner hatten sich verbarrikadiert, wie Aidan gesagt hatte, und beteten, dass der schlimmste Teil des Hurrikans sie verschonen mochte.
Sally tastete sich bis an den Rand der Veranda hinaus, obwohl es war, als wollte sie in einem Swimmingpool laufen. Sie klammerte sich an das Geländer und sah sich mit zusammengekniffenen Augen um.
Sie war so unglaublich dumm. Sie sollte besser wieder ins Haus gehen, wo es warm und trocken war. Aber im Haus war sie so allein, und alles erinnerte sie daran, dass sie nicht zu dem Rest dieser kleinen Stadt gehörte. Alle anderen waren mit ihrer Familie zusammen, mit Menschen, die sie liebten oder mochten. Sally dagegen hatte niemanden.
Doch sie hatte es nicht anders gewollt. Jahrelang hatte sie alles getan, um niemanden an sich heranzulassen. Alle Männer hatte sie auf Abstand gehalten und nicht im Traum an eine feste Beziehung gedacht. Sie hatte ein einziges Mal geliebt, und sie hatte ihre Liebe verloren und sich geschworen, dass sie nie wieder einen solchen Schmerz durchmachen wollte.
Nun, es hat ja auch geklappt, sagte sie sich düster und packte das Geländer der Veranda fester, während sie ungläubig in diese fürchterliche, rasende Welt hinausstarrte. Sie hatte es geschafft, sich von allen Menschen zu isolieren.
Und sie hatte sich noch nie so einsam gefühlt wie jetzt.
Die Familie war in Sicherheit.
Aidan steuerte seinen Wagen vorsichtig die Straße hinunter. Seine Scheibenwischer taten ihr Bestes, damit er trotz des nicht nachlassenden Regens eine einigermaßen klare Sicht hatte. Die Umgebung war nur schemenhaft auszumachen, Aidans Gedanken jedoch waren klar und konzentriert.
Er hatte sich vergewissert, dass es dem Rest der Reillys gut ging. Seine Mom war bei Tina und Brian, und Connor und Emma waren in der Kirche und halfen Liams Gemeindemitgliedern dabei, die Luken von St. Sebastian dicht zu machen.
Jetzt war Aidan frei, seinem Herzen zu folgen – er wollte endlich zu Sally. Nachdem er nach seinem Einsatz mit einem sehr nassen, wütenden Mann zur Basis zurückgekehrt war, hatte Aidan sich sofort auf den Weg zum Frog House gemacht. Mithilfe der anderen Geschäftsleute hatte er Donnas Buchladen gesichert und danach Selma geholfen. Jetzt war alles getan, was getan werden
Weitere Kostenlose Bücher