JULIA COLLECTION Band 16
Stimme. „Ich hoffe, du kannst mich verstehen. Aber selbst wenn nicht, kann ich nicht bleiben.“
Ihre Großmutter seufzte und drückte noch einmal Tinas Hand. „Ich verstehe dich ja, Liebes. An deiner Stelle würde ich wahrscheinlich genauso handeln.“
„Danke.“
Angelina nickte und fügte dann hinzu, als wäre ihr der Gedanke eben erst gekommen: „Wirst du denn wenigstens noch ein letztes Mal Lebwohl zu Brian sagen?“
„Nein.“ Tina stand auf und warf achtlos ein Hemd in den Koffer.
„Zu ängstlich?“
Tina seufzte wieder. „Zu müde.“
Brian verließ die Militärbasis früh, aber er fuhr nicht nach Hause. Er fühlte sich einem Gespräch mit Tina immer noch nicht gewachsen. Und wenn ihn das zu einem Feigling machte, dann würde er wohl dazu stehen müssen. Stattdessen zog er es vor, ins Lighthouse zu gehen, um sich mit seinen Brüdern zu treffen.
„Du lässt sie schon wieder gehen?“, fragte Connor fassungslos.
„Sie lässt sich nicht von mir sagen, was sie tun soll und was nicht“, verteidigte Brian sich, so gut er konnte. „Tina kann hin gehen, wo sie will, und tun, was sie will. Ich bin nicht ihr Vormund.“
„So, so“, sagte Aidan nur unbeeindruckt. „Und warum, bitte schön, geht sie fort?“
„Woher zum Teufel soll ich das wissen?“, sagte Brian gereizt, obwohl er es sogar sehr gut wusste. Tina wollte fortgehen, weil sie kein Baby erwartete, weil es keine Zukunft für sie beide gab. Und das war auch gut so. Ohne ihn war sie sehr viel besser dran. Und das arme Baby hätte auch ein trauriges Leben geführt mit Eltern, die ständig einen Weg suchen mussten, wie sie sich das Sorgerecht auf so große Entfernung hinweg teilen konnten.
Unwillkürlich rieb er sich die Brust, wo ihn in letzter Zeit häufig ein seltsamer Schmerz erfasste. Inzwischen war er schon richtiggehend an ihn gewöhnt. Dieser Schmerz kam immer dann, wenn er sich daran erinnerte, dass er und Tina kein Baby erwarteten und dass Tina abreisen und er sie vermutlich nie wiedersehen würde.
Brian rief sich zur Ordnung. Er hatte sich vor fünf Jahren an Tinas Abwesenheit gewöhnt und würde es auch jetzt wieder tun. Mit diesem tröstenden Gedanken gab er der Kellnerin ein Zeichen, ihm noch ein Bier zu bringen.
„Du weißt es aber, Brian, oder?“, fragte Liam ihn und stieß ihn ungeduldig mit dem Ellbogen in die Seite.
Brian warf seinem Bruder einen abweisenden Blick zu. „Wenn du eine Beichte erwartest, rate ich dir, zu deinen Schäfchen zu gehen.“
„Oha“, sagte Connor lachend. „Ganz schön empfindlich heute.“
„Bemitleidenswert“, bemerkte Aidan trocken. „Wirklich bemitleidenswert. Er gibt es nicht einmal vor sich selbst zu.“
„Was soll ich zugeben?“ Brian dankte der Kellnerin für die kalte Bierflasche und nahm sofort einen großen Schluck daraus. Mein Leben wäre so viel leichter, wenn ich ein Einzelkind wäre, ging es ihm dabei durch den Kopf.
„Dass du sie liebst, du Blödmann“, sagte Liam leise.
Brian stockte einen Moment der Atem, und er hatte das Gefühl, eine kalte Faust umklammere sein Herz. Liebe. Was hatte es bloß mit diesem kleinen Wort auf sich, dass es unzählige Männer in die Knie zwang? Und was brachte sie dazu, so widerwillig über ihre Gefühle zu reden, wenn es um Liebe ging?
Er sah sich im Restaurant um – überall die gleichen vertrauten Gesichter, die er meistens um diese Tageszeit hier sah. Dieselben Familien, dieselben Kinder, dieselben dicht aneinander geschmiegten Paare.
Und plötzlich wurde ihm klar, dass die Liebe eigentlich völlig unkompliziert war und dass kein Grund bestand, vor ihr davonzulaufen. Entweder man empfand Liebe oder man tat es nicht. Entweder man wollte lieben oder man lief davor weg. Entweder man wusste zu schätzen, was für ein großes Geschenk einem damit gemacht wurde, oder man warf es fort.
Brian sah seinen großen Bruder finster an. „Weißt du, ich bin es allmählich wirklich leid, ständig von dir beschimpft zu werden.“
„Dann hör doch einfach auf, dich so blöd zu benehmen.“
„Lernst du diese trostreichen Sprüche im Priesterseminar?“
„Ach, halt doch die Klappe“, warf Connor ein und lachte, als Brian ihm einen drohenden Blick zuwarf. „Wenn du glaubst, ich kriege Angst vor dir, hast du dich getäuscht, mein Lieber.“
„Warum bin ich eigentlich hier?“, fragte Brian niemanden im Besonderen.
„Weil du zu dumm bist zu begreifen, dass du viel lieber bei Tina wärst“, sagte Connor schlicht.
„Du hast die
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