JULIA COLLECTION Band 20
eingehend, bevor sie die Tür öffnete. „Kommen Sie rein. Ist das Tims Mutter?“
„Ich bin eine Freundin“, antwortete Sasha, bevor Jake erklären konnte, dass sie im Grunde eine Fremde war, die eher zufällig bei ihm im Auto gesessen hatte. „Können wir sie sehen?“
„Sie hat gerade gespuckt, und ich hatte noch keine Zeit, sie umzuziehen.“
Sie ging in ein ziemlich schäbiges Schlafzimmer voraus. Mitten auf einem unordentlichen Bett stand eine Bananenkiste mit einem Kissen darin. Winzige rosa Füße traten gegen die gelbe Decke, mit der das Baby zugedeckt war. Eine kleine Faust stieß in die Luft, während das Baby mit knallrotem Gesicht dalag und seinem Ärger Luft machte.
„Das ist sie. Ich habe sie Tuesday genannt, weil sie an einem Dienstag geboren wurde. Tuesday Smith“, fügte sie hinzu, als müsse sie sich für den Namen verteidigen.
„Und wie heißen Sie?“ Jake wirkte so angespannt, als könne er bei der geringsten Berührung zerplatzen.
„Cheryl“, antwortete sie zögernd. „Cheryl Moser.“
Sasha konnte sich nicht entscheiden, ob sie Jake beruhigen oder das schreiende Baby auf den Arm nehmen sollte. Schließlich beugte sie sich über das Baby und umfasste den kleinen Fuß. „Hallo, Süße. Beschwer dich nur, ich nehme dir das nicht übel.“ Sasha wandte sich an die erschöpft aussehende Blondine. „Und wie alt, sagten Sie, ist die Kleine?“
„Fünfeinhalb Wochen.“
„Sie hätten früher anrufen können.“ Nur mühsam behielt Jake die Beherrschung.
„Ich wusste ja nicht, dass Sie Interesse an ihr haben.“
„Und was ist mit Ihren Eltern?“
Cheryl zuckte mit den Schultern. „Meine Mom ist tot, und Daddy sagt, ich bräuchte gar nicht erst heulend anzukommen, wenn ich in Schwierigkeiten geraten sei.“
Sasha öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Sie konnte nichts sagen, was in dieser Situation hilfreich wäre. Das hier ging nur Jake und diesen dünnen, blassen Teenager etwas an. Und dieses Baby mit dem albernen Namen.
Jake runzelte die Stirn. „Was ist mit dieser Organisation in Norfolk?“
Hastig mischte Sasha sich ein. „Was immer diese Frau Ihnen geboten hat, wir zahlen das Doppelte.“ Sie hatte eigentlich schweigen wollen, aber die Worte waren ihr einfach so herausgerutscht.
Jake warf ihr einen Blick zu, als zweifle er an ihrem Verstand. Zu Cheryl gewandt sagte er: „Gehen wir nach nebenan und besprechen dort alles.“
Sasha wollte sich nicht ausschließen lassen. Also hob sie das Baby aus dem behelfsmäßigen Bettchen, sprach leise auf die Kleine ein in einem Tonfall, in dem sie seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr gesprochen hatte. Langsam folgte sie den beiden anderen ins Wohnzimmer. Das schreiende, nasse Baby hielt sie fest an sich gedrückt. Oh, wie gut es sich anfühlte, wieder ein Baby zu trösten!
Wütend drehte Jake sich zu ihr um. Cheryl seufzte und verlagerte das Gewicht von einem nackten Fuß auf den anderen. „Verstehen Sie doch, ich muss einfach wieder ganztags arbeiten, okay? Als ich zu dick wurde, um an den Tischen zu servieren, haben sie mich in die Küche gesteckt. Da ist die Bezahlung noch lausiger. Ich hätte die Kleine ja mit zur Arbeit genommen, aber mein Boss will das nicht. Wie viel, sagten Sie, sind Sie bereit, mir für sie zu geben?“
Als sie gerade etwas sagen wollte, was sie hinterher bereuen würde, spürte Sasha etwas Warmes und Feuchtes auf ihrer teuren Bluse, die nur chemisch zu reinigen war. Es roch nach saurer Milch, und genau das war es wahrscheinlich auch.
Sasha war neuneinhalb Jahre alt gewesen, als ihre Zwillingsschwestern auf die Welt kamen, und elf, als ihr Bruder geboren wurde. Ihre Mutter war kurz nach Roberts Geburt krank geworden, und so hatte Sasha sich viel um ihren kleinen Bruder und die Zwillinge kümmern müssen.
Der warme Babykörper und der vertraute Geruch brachten ihr eine Mischung aus nostalgischen und bitteren Erinnerungen.
Jake sprach mit ruhiger, kontrollierter Stimme. Er nannte eine Summe, und als Cheryl an ihren Nägeln kaute, während sie über das Angebot nachdachte, räusperte Sasha sich laut und deutlich. Jake sah zu ihr, und sie hob die Augenbrauen, um ihn daran zu erinnern, dass sie auch Geld besaß, falls er das Angebot erhöhen wollte.
Ihr war klar, dass sie sich nicht in seine Angelegenheiten einmischen sollte, aber hier ging es letztlich nur um das Wohl des Babys. Wenn Sasha in irgendeiner Weise helfen konnte, dann wollte sie das tun, auch wenn sie dadurch anderen auf die
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