Julia Collection Band 21
sich Temperament und Trotz. Roel war an Frauen gewöhnt, die ihm jede Bitte erfüllten und ständig versuchten, seine Erwartungen zu erfüllen, noch bevor er sich die Mühe machen musste, sie zu äußern.
Nie zuvor war ihm eine Frau begegnet, die den Mut hatte, ihn anzuschreien oder sich mit ihm zu streiten. Um genau zu sein, er stritt mit niemandem, weil er es nicht nötig hatte. Streit gab es für ihn nicht.
Hillary fühlte sich schuldig und durcheinander. Roel litt noch unter den Nachwirkungen eines schweren Unfalls, und sie hatte vor ihm die Beherrschung verloren. Was war nur in sie gefahren? Statt ruhig und geduldig zu sein, war sie aufgewühlt und vorwurfsvoll gewesen.
Er hatte verdutzt gewirkt. Vermutlich war er es nicht gewohnt, dass man ihn anschrie. Sie konnte es selbst nicht fassen, dass sie das getan hatte.
Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen, und betrachtete ihn. Ihr Herz pochte wie wild. Sein volles schwarzes Haar war zerzaust, seine Miene angespannt. Er sah außergewöhnlich gut aus und besaß eine verwegene männliche Ausstrahlung, die Frauen dazu brachte, sich nach ihm umzudrehen. Noch immer raubte er Hillary den Atem wie bei jener ersten Begegnung vor vier Jahren …
Roel war mit dem Handy am Ohr in den Friseursalon gekommen, in dem Hochbetrieb herrschte. Damals hatte sie dort gerade erst angefangen. Überrascht hatte er sich umgesehen, und ihr war sofort klar gewesen, dass er, wie viele andere vor ihm, den Salon mit einem viel exklusiveren, ein Stück die Straße hinunter, verwechselt hatte. In diesem kurzen Augenblick, als er sich schon wieder abwenden und hinausgehen wollte, hatte etwas Hillary zum Handeln veranlasst. Etwas? Die Tatsache, dass er so umwerfend gut ausgesehen hatte, dass sie für ein Foto von ihm glatt eine Woche gehungert hätte? Wie konnte sie dieses übermächtige Bedürfnis erklären, ihn einfach nicht mehr aus ihrem Leben verschwinden zu lassen?
„Telefonieren Sie ruhig weiter, ich kümmere mich um Ihre Haare“, hatte Hillary vorgeschlagen und sich zwischen ihn und der Tür aufgebaut.
Er sah sie mit diesem abwesenden Blick an, der verriet, dass er mehr auf das Telefongespräch konzentriert war und sie gar nicht richtig wahrnahm. Sie rechnete damit, dass sich das ändern würde, sobald sie die Schere um ihn herum schwang. Ihrer zugegebenermaßen kurzen Erfahrung nach waren gut aussehende Männer sich ihres guten Aussehens bewusst und genauso wie Frauen darauf bedacht, exakt nach ihren Vorstellungen frisiert zu werden.
„Tun Sie, was getan werden muss“, wies Roel sie ungeduldig an. „Aber es ist nur ein Haarschnitt, nichts Wichtiges.“
Also schnitt sie einfach den vorhandenen konservativen Stil nach. Selbst das dichte schwarze Haar an ihren Fingerspitzen zu fühlen war aufregend. Beim Bezahlen drängte sie ihn wiederzukommen. Er ging, und als sie den großen Geldschein sah, nahm sie an, es sei ein Versehen, deshalb lief sie ihm auf der Straße hinterher.
„Das ist Trinkgeld“, sagte Roel gequält, als sie versuchte, es ihm zurückzugeben. Er schaute auf Hillary herab, während eine Limousine von der Länge eines Zuges hinter ihm hielt, aus der ein livrierter Chauffeur sprang, um ihm die Tür aufzuhalten.
„Aber … das ist so viel“, sagte Hillary verwirrt.
Roel winkte nur mit herrischer Geste ab und stieg in die Limousine.
Hillary kehrte in die Gegenwart zurück und stellte fest, dass Roel schon wieder aufgestanden war, während sie ihren Erinnerungen nachhing.
„Sollst du aufstehen?“, fragte sie und sah, wie er den Telefonhörer auflegte.
„Wir fahren nach Hause“, eröffnete er ihr.
Sie wandte sich Hilfe suchend an den Arzt. „Dr. Lerther?“
Der ältere Mann rang sich ein Lächeln ab. „Es gibt gesundheitlich gesehen keinen Grund, Ihren Mann noch länger in der Klinik zu behalten.“
„Allerdings … und das andere Problem wird verschwinden“, erklärte Roel überzeugt.
Wir fahren nach Hause? Wo, um alles in der Welt, war das? Völlig unvorbereitet auf diese Entwicklung der Dinge, folgte Hillary Roel hinaus zum Fahrstuhl, der sie nach unten ins Erdgeschoss brachte. Dort erfuhr sie, dass der Koffer, den sie am Empfang gelassen hatte, inzwischen in das sie erwartende Fahrzeug verladen worden war.
„Wo warst du, als ich gestern mein Auto zu Schrott fuhr?“, wollte Roel wissen und klang dabei eine Spur ironisch.
„In London … ich habe dort ein Unternehmen“, antwortete Hillary und überlegte angestrengt, wie sie sich am
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