Julia Collection Band 62
hoffte, dass dies das Zuhause sein würde, in das sie Alice nächste Woche nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus bringen konnte. Darüber hinaus hatte sie sich noch keine Gedanken darum gemacht, wo sie beide – sie drei? – dauerhaft wohnen würden. Sie wusste nur, dass sich ihre Entscheidungen ausschließlich nach Alices Wohl richten würden. Und was Stephen anging, so konnte sie sich im Moment noch gar nicht vorstellen, ihn in diese Erwägungen miteinzubeziehen.
Selbst der Rest dieses Tages schien ihr noch vollkommen offen.
„Ich habe keine Ahnung, was ich packen soll“, gestand sie ihm. „Irgendwie macht das alles im Augenblick gar keinen Sinn. Dass wir gerade geheiratet haben und du in dieser Wohnung bist.“
„Wohnung? Das ist ein Lagerhaus!“
„Ich mag es.“
„Für ein kleines Baby?“
Eins zu null für Stephen.
„Wir werden uns etwas überlegen“, meinte sie trotzig. „Die Heizung funktioniert, und es ist ja nur vorübergehend. Ich konnte es mir jedenfalls leisten, und ich hatte keine Zeit, ewig lange zu suchen.“
Obwohl sie sich dagegen wehrte, fühlte sie sich durch seine Kritik unter Druck gesetzt, so, wie es ihr auch häufig mit ihrer Mutter erging. Doch wo Rose ihren Vorteil genutzt hätte und zuckersüß noch weiter zum Angriff übergegangen wäre, da entschuldigte sich Stephen.
„Ich bin ungerecht“, erklärte er. „Natürlich stimmt, was du sagst. Ich habe außerdem schon unter schlimmeren Umständen gewohnt. Wir können hieraus etwas machen, solange wir es benutzen.“
Als sie dann endlich in der gemieteten Limousine auf dem Weg zur Fifth Avenue saßen, kamen sie mitten in den Feierabendverkehr, und so dauerte die Fahrt eine ganze Weile.
„Wir müssen eventuell bis heute Abend warten, ehe wir das Baby besuchen können“, meinte Stephen.
„Das wollte ich sowieso vorschlagen“, erwiderte sie. „Ich habe nicht vor, die Angelegenheit in einen Wettbewerb ausarten zu lassen.“
„Das ist es aber doch schon, oder? Der Kampf um das Herz eines Kindes.“
„Du hast doch gehört, was meine Mutter John in der Kirche erzählt hat. Sie stiehlt meine Geschichten über Alices Lächeln, als wenn es ihre eigenen wären. Dabei war sie nicht einmal im Krankenhaus! Du kannst allerdings davon ausgehen, dass sich das von nun an ändern wird. Ich denke, sie wird nicht wie geplant am Montag nach Philadelphia zurückfahren, sondern bis zur Anhörung vor Gericht hierbleiben.“
„Ja, den Eindruck habe ich auch.“
„Aber ich werde es nicht zu einem Marathon kommen lassen, bei dem entschieden wird, wer den längeren Atem hat und Feldman und die Schwestern besser beeindrucken kann. Deshalb habe ich nicht die ganzen letzten Wochen an ihrem Brutkasten verbracht.“
„Ich weiß, dass das nicht der Grund ist.“
„Ich hatte nicht die Absicht, irgendjemanden zu beeindrucken. Ich war da, weil ich ihr mit meiner Liebe, meiner Stimme und meiner Berührung die Kraft geben wollte, am Leben zu bleiben! Und ich werde sie auch jetzt nicht verraten!“
Suzanne zitterte und spürte, wie ihr eine Träne die Wange hinab auf die nackte Schulter fiel. Er sah den glitzernden Tropfen, streckte einen Finger aus und wischte ihn fort, bevor er den hellen Satin ihres Kleides beflecken konnte. Es war nur eine ganz leichte Berührung, aber sie beide erstarrten. Ihre Blicke begegneten sich, und dann legte er die Hand langsam wieder zurück auf seinen Schoß.
Vorbei. Die Träne war verschwunden. Genauso wie sein Finger. Sicher.
Sie begann wieder normal zu atmen. Wieso hatte sie überhaupt damit aufgehört?
Oh. Okay. Deshalb. Es war noch gar nicht vorbei …
Sinnlich und träge bewegte er den Mund über ihre Lippen, so, als wenn er fürchtete, er könnte ihr Angst einjagen. Seine Hände waren genauso sanft – stellten Fragen, keine Forderungen. Dabei fürchtete sie sich gar nicht, auch wenn das vielleicht besser gewesen wäre.
Suzanne vergaß fast, dass sie sich in einer Limousine befanden. Sehnsuchtsvoll schloss sie die Augen, um blind die Hitze seines Mundes zu genießen, und spürte dabei, wie der Satin nachgab und seine Liebkosung ihre nackte Haut förmlich in Brand setzte. Und dabei waren es wieder nur diese zarten Berührungen, die ihr so viel zu sagen schienen – in einer lautlosen Sprache ohne Worte.
Die brauchte sie auch gar nicht. Sie verstand vollkommen. Mit den Händen glitt er zu ihren Hüften, umfasste ihren Po und zog sie enger an sich. Sie ließ es willig geschehen, nur überrascht
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