Julia Extra Band 0258
zweifelnd.
„Hat Ihnen schon mal jemand Pfefferspray ins Gesicht gesprüht? Damit sind wir garantiert sicher. Nur noch eine Minute, bitte.“ Emilia ging zu der Verbindungstür zwischen Caféund Buchhandlung und rief: „Cara?“
„Was ist?“ Die zierliche Brünette kam ihr sofort entgegen.
„Ich begleite eine Kundin zu ihrem Auto. Das Café ist leer, und die Kasse habe ich abgeschlossen. Passt du einen Moment auf, falls jemand kommt?“
„Natürlich. Stimmt etwas nicht?“
„Ich bin sicher, dass alles in Ordnung ist. Die Dame ist nur etwas nervös.“
„Okay. Aber wenn du in zehn Minuten nicht wieder da bist, rufe ich die Polizei.“
„Danke.“
Emilia kehrte zu der Frau zurück. „So, Pfefferspray habe ich, und jemand passt aufs Café auf. Jetzt können wir gehen.“
„Sind Sie auch wirklich sicher?“
„Völlig sicher.“
„Mein Wagen steht dort drüben, auf der anderen Seite.“
„Gehen wir.“
Auf der Straße kniff Emilia die Augen zusammen und spähte in die Dunkelheit. Dort drüben stand der Baum, den die Frau erwähnt hatte, und dahinter glaubte sie, einen Schatten zu sehen.
„Genau gegenüber?“, fragte sie.
„Ja, hinter dem großen Baum“, flüsterte die Frau. „Dort steht mein Auto.“ Sie zeigte auf einen kleinen VW.
„Kommen Sie.“
Sie überquerten die Straße, und Emilia wartete geduldig, während die Kundin den Wagen aufschloss und einstieg.
„Vielen Dank, Fräulein.“
„Gern geschehen. Hoffentlich kommen Sie bald wieder zu Monarch’s.“
Die Frau schlug die Tür zu und fuhr los. Emilia sah ihr nach, dann drehte sie sich um und ging – nicht zurück ins Café, sondern – in Richtung Park.
Die Wege waren beleuchtet, doch der Baum stand zu weit entfernt, um zu erkennen, ob sich wirklich jemand dahinter verbarg.
Da! Diesmal war sie sicher – etwas bewegte sich.
War es ein Mann?
Als sie näher kam, versuchte, wer immer es auch sein mochte, sich noch weiter in die Dunkelheit zurückzuziehen.
Emilia blieb stehen.
Sie dachte an die Horrorfilme im Fernsehen, mit ihren törichten Heldinnen, denen sie jedes Mal am liebsten zurufen würde: „Nicht in den Keller gehen, du dumme Gans.“
Niemand brauchte Emilia daran zu erinnern, den Gehweg nicht zu verlassen. Noch gescheiter wäre es natürlich, ins Café zurückzugehen, doch ihre Neugier gewann über die Vernunft. Wie bei den Filmheldinnen, die unbedingt wissen wollten, wer sich unten im Keller verbarg, selbst wenn sie dabei Kopf und Kragen riskierten.
Der Mann in der Dunkelheit war kaum noch zu sehen, aber er war da. Und um wen es sich handelte, dessen war sie sich so gut wie sicher.
Für den Fall, dass sie sich dennoch täuschte, griff sie nach dem Pfefferspray. „Onkel Jace?“, rief sie, forscher, als sie sich fühlte.
Sie hörte ein leichtes Rascheln.
„Ich weiß, dass Sie da sind. Und ich weiß, wer Sie sind. Ich sage nur schwarzer Kaffee, schwarze Lederjacke, Neffe und Nichte. Habe ich Recht?“
Wieder raschelte es.
„Wenn Sie nicht herauskommen, rufe ich die Polizei von meinem Handy. Ich warte, bis sie da sind, und zeige ihnen, wo Sie sich verstecken. Das Revier ist ganz in der Nähe, und ich kenne die Beamten. Sie trinken immer bei uns Kaffee und glauben mir bestimmt, wenn ich sage, dass Sie mich bespitzeln. Und ich weiß auch, warum Sie das tun. Sie arbeiten für ihn , nicht wahr?“
Es war ein Schuss ins Ungewisse, aber ein untrügliches Gefühl sagte ihr, dass ihr Vater dahintersteckte. Er ließ sie – wieder einmal – überwachen.
Deswegen kam ihr Onkel Jace so bekannt vor.
Deswegen versteckte er sich und beobachtete das Café.
Er war der Wasserträger des Fürsten.
Sie täuschte sich nicht. In der letzten Zeit hatte sie mehrmals den Eindruck gehabt, beobachtet zu werden – ein Gefühl, das sie von früher noch gut kannte. Sie hatte versucht, sich einzureden, dass sie sich etwas vormachte, doch es sah so aus, als habe sie sich nicht getäuscht.
„Wie Sie möchten. Ich rufe jetzt die Polizei an.“
Im nächsten Moment stand er vor ihr. „Was soll der Unsinn?“
Um ihre Nervosität zu verbergen, ging sie sofort zum Angriff über. „Erlauben Sie mal! Das ist kein Unsinn. Was will er von Ihnen wissen?“
„Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.“
Selbst bei der schwachen Beleuchtung konnte sie nicht übersehen, wie fantastisch der Mann aussah. In dem menschenleeren dunklen Park verbreitete er zusätzlich ein Flair von Gefahr. Gut aussehend und gefährlich, dachte sie.
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