Julia Extra Band 0258
Anna kurz. Ihr blieb schließlich gar keine andere Wahl, oder? Leo Makarios zwang sie zum Sex – da musste sie jede Chance, der nächtlichen Wiedergutmachung zu entkommen, ergreifen.
Natürlich! Ich muss die Chance sogar mit beiden Händen ergreifen! Alles andere wäre nur verdächtig.
Endlich ließ er ihren Ellenbogen los.
„Gut“, war alles, was er sagte.
Dann ging er weiter den Pfad entlang, und sie folgte ihm.
Ein großer Sonnenschutz überspannte die Terrasse und die Tische des Restaurants. Von der Bucht her wehte eine sanfte Brise herauf und machte die Hitze erträglich.
Anna setzte sich und betrachtete die Umgebung. Es ist wirklich wunderschön hier, dachte sie und verspürte einen schmerzhaften Stich.
Alles ist so idyllisch, so magisch! Warum kann ich nicht mit jemand anderem hier sein? Warum muss es ausgerechnet Leo Makarios sein?
Seufzend griff sie nach der Karte, die vor ihr lag.
„Anna …“, warnte Leo sie.
„Ja?“, erwiderte sie brüsk.
„Wir haben eine Abmachung.“
Für einen Moment hielt sein Blick den ihren gefangen, und so lange behielt sie ihren üblichen leeren Ausdruck bei.
„Mach eine Pause, Anna“, bat er müde.
Wütend knallte sie die Karte auf den Tisch. „Wie könnte ich?“, stieß sie hervor. „Du willst, dass ich mich bei dir einschmeichle, nicht wahr? Wie all deine anderen Frauen! Ich soll dich anhimmeln und zu dir aufschauen und …“
„Nein.“
Doch Anna war nicht mehr zu bremsen. „Doch, das willst du. Das ist deine Vorstellung von Normalität. Du kannst doch gar nicht mit Frauen umgehen, die dich nicht mit Samthandschuhen anfassen.“
„Du machst dich ja lächerlich“, entgegnete er ungehalten. „Ich verlange nur, dass meine Partnerin …“, er zuckte mit den Schultern, suchte nach dem richtigen Wort und fand es, „… freundlich ist“, schloss er. „Und warum“, fuhr er schnell fort, „sollte sie sich wünschen, das nicht zu sein?“
Die Arroganz seiner Frage verärgerte Anna noch mehr, weil sie ihr das Problem überdeutlich zeigte. Leo Makarios war reich und gut aussehend – kein Wunder, dass er von Frauen nie ein Wort der Kritik hörte. Kein Wunder, dass sie sich bei ihmeinschmeichelten, ihn anhimmelten, ihn begehrten.
Stopp! Sie durfte nicht darüber nachdenken, Leo Makarios zu begehren. Sehnsucht nach ihm zu haben, ihn so sehr zu wollen, dass sie Nacht für Nacht in seinen Armen dahinschmolz und in dem flammenden Inferno der Lust absichtlich verdrängte, dass sie nur in seinem Bett lag, weil das die Alternative zum Gefängnis war.
Aber ich bin im Gefängnis – einem Gefängnis, aus dem ich niemals entkommen kann – einem Gefängnis aus Leidenschaft und Verlangen, das mich Nacht für Nacht einschließt.
Außer heute Nacht, wenn sie auf Leos Handel einging. Entschieden hob sie das Kinn. Sie würde es schaffen. Für eine Nacht würde sie ihrem Gefängnis entkommen.
Ihr Blick wanderte zur Karte; sie ließ Leos herausfordernde Frage unbeantwortet. Einen Moment spürte sie, wie er sie angespannt beobachtete und darauf wartete, dass sie einen weiteren sinnlosen Pfeil auf sein kolossales Ego abfeuerte, dann entspannte er sich. Sie versuchte das Gleiche zu tun und studierte die köstlichen Gerichte auf der Karte, die sie wieder einmal nicht essen würde.
Erst als sie sich innerlich bereits für gegrillten Fisch und Salat ohne Dressing entschieden hatte, entflammte ein rebellischer Funke in ihr. Wenn sie den Tag über höflich zu Leo Makarios war, sollte sie sich auch eine gewisse Entschädigung für diese Qual gönnen.
Als der Kellner kam, bestellte sie gebratene Garnelen in Kokosmilch mit Reis. Dazu wollte sie Wein trinken.
Sollten die Kalorien sich zum Teufel scheren! Immerhin hatte sie etwas zu feiern – eine freie Nacht!
Unfreiwillig wanderte ihr Blick zu Leo, während er seine eigene Bestellung aufgab, anschließend nach der Weinkarte verlangte und diese konzentriert studierte.
Sie betrachtete ihn weiter, verlor sich in seinem Anblick.
Ich könnte ihn den ganzen Tag lang ansehen.
Die ganze Nacht.
Für immer.
Als diese Gedanken ungebeten in ihrem Kopf auftauchten, fröstelte sie plötzlich und versuchte, sie zurückzudrängen, sie ungeschehen zu machen.
Gleichzeitig zwang sie sich dazu, ihn weiter anzusehen.
Das dunkle Haar, die Linien auf seinem Gesicht, die schweren Lider, der sinnliche Mund – alles war ihr inzwischen schmerzhaft vertraut. Es gab keinen Zentimeter an seinem Gesicht, an seinem Körper, den sie nicht
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