JULIA EXTRA BAND 0262
Chancen auf ein glückliches Leben sehr gering.“
„Du liebe Güte, Erin!“
„Ich war total schockiert, als ich erkannte, dass ich Joey im Stich ließ“, sagte sie mit bebender Stimme und gab sich Mühe, die Tränen zurückzuhalten. „Auch wenn ich als Ehefrau versagt hatte, wollte ich doch unbedingt eine gute Mutter sein. Bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich, das wäre mir gelungen. Aber dann begann ich, auch daran zu zweifeln.“
Plötzlich klingelte es an der Tür.
Erin sah Luke an und erwartete, dass er sich rühren würde. Aber er reagierte nicht, seine Augen wirkten wie zwei schmale, schiefergraue Schlitze.
Dann legte Luke seine Hand auf Erins. „Du hast überhaupt nicht versagt. Joey ist ein super Junge, er macht dir alle Ehre.“
Bei der Berührung durchrieselte Erin ein Schauer.
Erneut klingelte es.
„Ist das nicht unser Essen?“, fragte sie, unsicher, ob sie sich über die Störung freuen oder ärgern sollte.
Luke runzelte die Stirn. „Ja, klar, natürlich. Bitte entschuldige mich.“ Er eilte zur Tür und kehrte kurz danach mit mehreren Plastikschüsseln zurück.
In der Küche fand Erin ein paar schöne blau-weiße Schüsseln, Sets aus Bast und Geschirr. Damit deckte sie den Glastisch im Wohnzimmer.
„Das riecht ja köstlich“, sagte sie, als Luke begann, das Essen in die Schüsseln zu füllen. Es gab Hühnchencurry, ein zweites Hühnchengericht mit Knoblauch und Paprika, dazu Reis, der nach Jasmin duftete. „Ich habe gerade gemerkt, dass ich am Verhungern bin. Eigentlich war ich heute Abend zum Essen eingeladen.“
„Hattest du ein Date?“
Sie war versucht, Luke in dem Glauben zu lassen. Doch während sie aßen, blieb sie lieber bei der Wahrheit und erzählte von Candias Einladung.
„Du hast es ja weit gebracht“, sagte er beeindruckt.
„Ach, halb so wild.“
„Danke, dass du mir das alles über Joey erzählt hast“, sagte er, nachdem er den ersten Hunger gestillt hatte. Er legte sein Besteck weg. „Ich liebe ihn wirklich, Erin.“
Sie nickte und wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte.
„Kurz nachdem du mich verlassen hast, bin ich total ausgerastet. Ich habe sogar daran gedacht, mir das Sorgerecht für ihn vor Gericht zu erstreiten.“
Ein Stück Huhn blieb Erin im Hals stecken, sie schluckte.
„Ich erlebte eine Phase, in der ich Männer, die ihre eigenen Kinder entführten, gut verstehen konnte.“
„Oh Gott, ich bin so froh, dass du nichts in der Richtung unternommen hast.“ Sie sah ihn an und wünschte sofort, sie hätte es nicht getan. Denn Lukes Gesicht war schmerzverzerrt.
„Aber mir war klar, dass ich dir dadurch nur noch mehr Kummer bereiten würde. Deshalb hielt ich es für das Beste, ganz mit dir zu brechen.“
Oh, Luke, hättest du das nur nicht getan.
Nach so vielen Jahren des Schweigens wurde es einfach zu viel für Erin. Sie brauchte all ihre Willenskraft, um nicht vor Lukes Augen zusammenzubrechen.
Sie holte tief Luft. Jetzt war es zu spät, ihm zu sagen, wie ausgesprochen naiv sie vor fünf Jahren gewesen war. Tatsächlich hatte sie ihn in der Hoffnung verlassen, er würde ihr hinterherfahren und versichern, dass seine Liebe zu ihr und Joey größer war als die zu Warrapinya.
So törichte, törichte Träume …
Erin hätte nicht zu sagen vermocht, wie lange sie stumm auf ihr Essen sah. Wie leicht wäre es, jetzt wieder denselben Fehler zu begehen wie früher, dachte sie.
Als Luke sich nachfüllte, lächelte er ihr behutsam zu. „Joey hat mir von deinem Freund erzählt, von dem du dich vor Kurzem getrennt hast. Er war Opernsänger, stimmt’s?“
„Wie reizend von Joey!“ Sie verdrehte die Augen. „Das mit Sebastian war keine große Sache. Ich war nicht wirklich in ihn verliebt.“
„Ja, das meinte Joey auch.“
„Heißt das, du hast ihn nach meinem Liebesleben ausgehorcht?“
Lukes Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. „Er hat von selbst darüber gesprochen. Aber natürlich hat es mich interessiert.“
„Trotzdem geht es dich nichts an“, beharrte sie. „Ich habe jedenfalls nicht die Absicht, dich nach deinen Frauengeschichten zu fragen.“
„Bist du denn gar nicht neugierig?“
„Überhaupt nicht.“
Lügnerin. Sie hasste sich dafür, so verklemmt und prüde zu klingen. Demonstrativ blickte Erin auf ihre Uhr und gähnte. „Ich wusste ja gar nicht, wie spät es schon ist.“
„Mir kannst du nichts vormachen.“
„Was meinst du damit?“
Er schmunzelte. „Dieses Gähnen war doch nur gespielt. Außerdem
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