JULIA EXTRA BAND 0273
würde sich zu Tode schämen, wenn sie von seiner Entdeckung wüsste.
Arme schöne, gebrochene Stephanie.
Der Teufel, der ihr das angetan hatte, verdiente den Tod. Und Daniel würde das Amt des Vollstreckers gern übernehmen. Ohne zu zögern.
Zwei Stunden lief Daniel ziellos durch die Straßen von Kensington, bis er zum Restaurant zurückkehrte. Mittlerweile fielen lange Schatten auf den Hof. Die Katze begrüßte ihn wie üblich. Er hob sie hoch und kraulte sie. Sofort fing sie zu schnurren an, und er trug sie ins Haus.
Sein Hemd war zerknittert, die Schuhe schmutzig. Die Krawatte hatte er längst in seine Hosentasche gesteckt, und die oberen Hemdknöpfe standen offen.
Von dem köstlichen Duft, der aus dem Bella Lucia drang, knurrte ihm der Magen. Für einen Mann, der seit Mittag keinen Bissen mehr gegessen hatte, kamen Gerüche von italienischem Essen dem Himmel auf Erden gleich.
In der Absicht, sich kurz zu unterhalten, klopfte er an Dominics Bürotür. Doch sein Bruder war bereits nach Hause gefahren. Dass Dominic jemanden hatte, zu dem er heimkehren konnte, eine Familie, weckte Sehnsucht in Daniel. Noch nie hatte er die schönen wie sorgenvollen Dinge des Lebens mit jemandem geteilt.
Als er in den Speisesaal ging, entdeckte er Stephanie.
Kühl und souverän bewegte sie sich inmitten des Personals und der Gäste, begrüßte hier jemanden und fragte dort, ob alles zur Zufriedenheit war. Und überall erklang diese sanfte wunderbare Jazzmusik, die einen den pulsierenden Londoner Alltag vergessen ließ.
Niemand ahnte, wie sehr sie verletzt und gedemütigt worden war.
Daniels Achtung vor ihr stieg immens. Stephanie hatte unendlich viel mehr erlitten als er jemals in seinem Leben, doch sie ließ sich nicht davon unterkriegen. Sondern nahm ihr Leben in die Hand.
Von der Tür aus beobachtete er sie, die perfekte Restaurantmanagerin, in jeder Hinsicht vollkommen, abgesehen von dem Kummer, den sie in sich verschloss.
Was auch immer ihr widerfahren war, Stephanie hatte das Beste aus ihrem Leben gemacht. Sie war erfolgreich, beliebt und kümmerte sich um die, die weniger privilegiert waren.
Und wenn er es richtig beobachtete, gab es niemanden, der für sie dasselbe tat. Wer kümmerte sich um sie, wenn sie krank war? Wer spendete ihr Trost, wenn sie weinte?
Mit einem Seufzer fragte Daniel sich, ob sein Leben wohl anders verliefe, wenn er fähig wäre zu lieben. Doch diese Spekulation führte nirgendwohin. Er konnte Stephanie nichts bieten. Er war kein Mann, der einer Frau gut tat. Dieses Wissen machte ihn noch mutloser.
Stephanie verschwand in der Garderobe. Aller Vernunft zumTrotz folgte er ihr.
Er trat hinter sie und küsste ihren Nacken.
„Fleißig wie immer …“
Stephanie fuhr herum. Ihre Haut prickelte von Daniels Berührung. Seit sie sich zum ersten Mal geküsst hatten, war etwas in ihr geschmolzen. Und auch, wenn sie dieses Abenteuer mit einem gebrochenen Herzen bezahlen müsste, hungerte sie nach seinen Berührungen.
„Ich habe mich schon gefragt, wo du bleibst. Wie ist es gelaufen?“
„Großartig.“ Er erzählte ihr von dem Vertrag, in Gedanken jedoch war er ganz woanders. „Ich brauche jemanden, der heute mit mir feiert. Wie wäre es mit dir?“
Mit Daniel zu feiern, klang wunderbar und verlockend. Doch sie antwortete: „Ich muss arbeiten.“
Daniel nahm Stephanies Hände und zog sie an sich. In seinen Augen blitzte es schalkhaft auf, aber sie sah noch etwas anderes darin, das sie nicht einordnen konnte.
„Deine tollen Mitarbeiter kommen wohl nie allein zurecht, wie?“
Stephanie schmiegte sich an ihn. „Doch, das tun sie.“
„Gut.“ Er trat einen Schritt zurück, behielt ihre Hände jedoch in den seinen. „Hol deinen Mantel, und lass uns gehen. Wohin auch immer du willst. Wenn es sein muss, binde ich sogar die alberne Krawatte wieder um.“
Sie lachte. „Aber das ist doch deine Feier.“
„Richtig. Und deshalb musst du mich verwöhnen. Wohin gehen wir?“
Zärtlich strich er über ihre Wange. Und wieder bemerkte sie diesen kleinen Unterschied in seinem Verhalten.
„Du bist heute anders.“
„Nur weil ich die Dame meines Herzens ausführen möchte?“ Er zog sie aus dem Restaurant.
„Ich muss Sheila Bescheid sagen“, protestierte Stephanie.
„Ruf sie von der Wohnung aus an.“
Ohne Vorwarnung drängte er sie an die Wand. Der Straßenverkehr pulsierte, und irgendwo hupte ein Auto. Ein weicher fragender Ausdruck legte sich auf Daniels Gesicht, und als seine Lippen
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