JULIA EXTRA BAND 0274
Daddy.“ Sie trat auf den Flur und zog die Tür hinter sich zu, damit Scott nicht aufwachte. Es war ein Wunder, dass ihn das ständige Kommen und Gehen bisher nicht gestört hatte.
„Bist du auch wieder ganz gesund, Daddy?“, fragte sie besorgt und legte eine Hand auf seinen Arm.
„Mach dir keine Sorgen, Liebes. Die Ärzte haben mir versichert, dass es nur ein leichter Anfall war. Eine Warnung sozusagen, damit ich in Zukunft Stress vermeide.“
„Aber jetzt, wo du pensioniert bist, hast du doch keinen Stress mehr. Ich weiß, du bist acht Jahre älter als Mutter, aber …“
„Diese Art von Stress ist auch nicht gemeint, Schätzchen. Aber in unserer Familie gibt es Dinge, die mir nicht gefallen, und die müssen endlich bereinigt werden.“ Sein Ton war sanft, aber bestimmt.
Also täuschte sie sich nicht – er hatte sich verändert. Äußerlich sah er viel gebrechlicher aus als früher, aber seelisch kam er ihr robuster vor. Entschlossener und weniger nachgiebig. Sie fragte sich, ob Scott und sie zu den Dingen gehörten, die er bereinigen wollte.
David schien ihre Gedanken zu erraten, denn er fuhr fort: „Du bist meine Tochter, Meg, und Scott ist mein Enkel. Und in Zukunft will ich euch beide öfter hier sehen.“
„Das wäre wundervoll, Daddy. Nur …“ Sie verstummte.
Liebevoll tätschelte er ihre Hand. „Alles wird gut werden, Meg, verlass dich darauf. Du weißt, wie sehr ich deine Mutter liebe. Aber ich habe zwei Töchter und jetzt auch einen Enkel, die mir alle sehr viel bedeuten. Und das muss Lydia eben verstehen.“ Er streichelte ihre Wange. „Ich weiß, was du denkst, Liebling, aber manchmal trügt der Schein. Eure Mutter hat dich und Sonia sehr lieb, glaub mir, und mit der Zeit wird sie auch Scott lieb haben.“ Er lächelte. „Wie könnte sie dasnicht? Er ist so ein reizendes Kind.“
Meg fand, dass ihr Vater ziemlich viel erwartete. Bisher hatte ihre Mutter mit keiner Silbe oder Geste angedeutet, dass sie für ihren Enkel etwas empfand. Das Einzige, was man ihr zugutehalten konnte, war, dass sie nichts Nachteiliges über ihn sagte. Nach dem Motto: Wenn man nicht freundlich sein kann, hält man den Mund.
„Jetzt sehe ich wohl besser nach deinem Freund“, verkündete David und wies auf das Hemd und die Krawatte. „Übrigens, er gefällt mir“, fügte er mit einem Lächeln hinzu.
„Jed?“, erwiderte Meg ein wenig unbehaglich. Dass sie ihrem Vater die Wahrheit verschwieg, bedrückte sie. „Wie du selbst sagst – der Schein kann trügen, Dad. Wir …“ Sie verstummte, als die Tür hinter ihr aufging und Jed aus ihrem Zimmer kam.
„Oh! Tut mir leid, dass ich störe“, sagte er mit einem schiefen Lächeln. „Ich wollte gerade zu Ihnen, David. Wegen dem da.“ Er zeigte auf das Hemd und die Krawatte in den Händen des alten Herren. „Vielen Dank.“ Er nahm beides entgegen, drehte sich um und verschwand wieder in Megs Schlafzimmer.
Nicht gerade der richtige Moment, um ihrem Vater mitzuteilen, dass sie und Jed sich erst seit gestern kannten. Noch dazu wegen eines Autounfalls …
„Was wolltest du sagen?“, fragte David seine Tochter.
„Ach, das ist nicht so wichtig.“ Und unter den Umständen nicht sehr glaubhaft.
Er nickte. „Dann gehe ich mich jetzt auch umziehen. Und hör auf, dir Sorgen zu machen, Liebling. Du wirst sehen, alles wird gut.“
Meg schaute ihm nach. Sie bewunderte seinen Optimismus, obwohl sie ihn nicht teilte. Seufzend wandte sie sich ab, dann verfinsterte sich ihre Miene. Schnurstracks ging sie zu der Tür nebenan und öffnete. Was dachte Jed sich eigentlich, einfach bei ihr …
Wie vom Donner gerührt hielt sie inne. Die scharfen Worte, die ihr auf der Zunge lagen, blieben ungesagt, als sie Jed, nur mit den verwaschenen Jeans bekleidet, neben dem Bett stehen sah. Sein Oberkörper war ebenso gebräunt wie das Gesicht. Kurze dunkle Härchen wuchsen von der breitenBrust bis zur Gürtellinie, und nirgends saß ein überflüssiges Gramm Fett.
Meg konnte kaum atmen, geschweige denn sprechen. Sie hätte anklopfen sollen. Warum hatte sie nicht daran gedacht, dass er sich gerade umzog?
Spöttisch hob er eine Augenbraue. „Weshalb schaust du so entgeistert? Das ist doch nicht das erste Mal, dass du einen halb nackten Mann vor dir siehst.“
Sie brachte immer noch keinen Ton hervor. Nein, natürlich war es nicht das erste Mal, doch auf diesen Anblick war sie nicht vorbereitet. Schon angezogen sah Jed umwerfend aus, aber so, wie er jetzt vor ihr stand,
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