JULIA EXTRA Band 0281
Weinbergs entlang. Sie trug immer noch ihr Nachthemd, und ihr rotgoldenes Haar wehte wie eine leuchtende Fackel hinter ihr her. Sie lief genau auf die Stadt zu.
Marcos trat hart aufs Gaspedal, und der Ferrari schoss auf der Straße nach vorn, bis er vor Tamsin zum Stehen kam und mit einem waghalsigen Bremsmanöver ihren Weg abschnitt.
Erschrocken schrie sie auf, machte kehrt und versuchte, durch den Weinberg zu entfliehen. Mit grimmiger Miene sprang Marcos aus dem Wagen und folgte ihr.
„Bleib stehen!“
Natürlich hörte sie nicht auf ihn. Sie rannte kreuz und quer über Äste und Steine, und als er zu Boden schaute, konnte er Blut in ihren Fußspuren sehen. Offenbar trug sie keine Schuhe und hatte sich dadurch Verletzungen zugezogen. Seltsamerweise brachte ihn das noch mehr in Rage.
„Bleib endlich stehen!“, rief er erneut, doch sie warf ihm nur einen Blick über die Schulter zu, wie ein verängstigtes Tier, bevor sie zwischen den dicht belaubten Bäumen der Orangenplantage verschwand, die sich dem Weinberg anschloss. Sie war sehr schnell, und Marcos brauchte einige Zeit, bis er sie eingeholt hatte.
Als er sie endlich an der Schulter zu fassen bekam und herumwirbelte, war er so aufgebracht, dass er sich kaum noch unter Kontrolle hatte. „Was soll ich denn noch tun?“, herrschte er sie an. „Dich doch in den Turm sperren und den Schlüssel einfach wegwerfen?“
„Versuche es nur“, entgegnete sie nach Atem ringend. „Ich werde dir trotzdem entkommen! Du kannst mich nicht halten!“ Sanft umspielte die zarte Baumwolle ihren Körper. Ihre Wangen waren gerötet, und ihre blauen Augen blitzten vor Wut.
Selbst in der frühen Morgendämmerung entging ihm nicht, wie herausfordernd sich die zarten Brustspitzen unter ihrem Nachthemd abzeichneten.
„Sag mir endlich, warum du so entschlossen bist, Aziz zu heiraten“, forderte Marcos.
„Vielleicht sehne ich mich ja nach einem richtigen Mann!“, schleuderte sie ihm entgegen.
Marcos fasste nach ihrer Schulter und drängte sie an den rauen Stamm eines Orangenbaumes. „Einem richtigen Mann? Was bin ich denn für dich?“
„Du bist nicht besser als jeder andere. Was du haben willst, nimmst du dir einfach.“
„Ah, du hast mir also nicht deine Jungfräulichkeit quasi auf einem silbernen Tablett serviert? Und mich wie eine Circe umgarnt, um dann fliehen zu können?“
„Ich hatte keine andere Wahl! Du hast mich gezwungen …“
Er hatte sie gezwungen? Das war zu viel!
„Nenn es, wie du willst!“, knurrte Marcos. „Dann bin ich eben ein selbstsüchtiger Bastard, der gegen deinen Willen mit dir geschlafen hat. Es hat mir großes Vergnügen bereitet. Und ich gedenke es zu wiederholen, wann immer mir danach ist!“
Er bemächtigte sich ihrer bebenden Lippen und küsste sie mit einer Wildheit, die ihr fast die Sinne schwinden ließ. Zuerst wehrte sie sich mit aller Macht, doch dann wurde sie ganz weich und anschmiegsam in seinen Armen. Nur mit Mühe gelang es Marcos, sich daran zu erinnern, warum sie überhaupt hier im Orangenhain standen.
Aziz und seine Kumpane waren möglicherweise schon in der Nähe und suchten nach ihnen. Sanft machte er sich von Tamsin frei, die ohne es zu merken ihre Arme um seinen Nacken geschlungen hatte.
„Wir führen unsere Diskussion später fort“, sagte er rau. Dann hob er sie schwungvoll auf die Arme, warf sie über die Schulter wie einen Sack Kartoffeln und marschierte los, ohne sich um ihren empörten Protest zu kümmern.
„Nein, warte! Du musst mich gehen lassen!“, stieß sie verzweifelt hervor. „Sonst stirbt meine Schwester!“
Marcos konnte den Ferrari schon sehen, setzte Tamsin aber sofort auf dem Boden ab.
„Was hat Sheldon für ein Druckmittel in der Hand?“, fragte er hart.
„Nicole … es ist Nicole. Sie ist doch erst zehn. Ich dachte, unsere alte Nanny kümmere sich um sie, aber vor einem Monat fand ich heraus, dass mein Stiefbruder nicht nur mein privates Erbe durchgebracht, sondern sich inzwischen auch an Nicoles Treuhandfonds bedient hat. Ich habe sie allein und halb verhungert in Yorkshire gefunden, während er und Camilla Nicoles Geld in London und Zermatt verprassten.“
Marcos schüttelte fassungslos den Kopf. „Und du bist wirklich davon überzeugt, dass er sich besser um Nicole kümmern würde, wenn du Aziz heiratest?“
Tamsin lachte bitter auf. „Niemals! Aber Sheldon hat versprochen, mir das Sorgerecht für sie zu übertragen, wenn ich tue, was er will. Natürlich könnte sie
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