Julia Extra Band 0292
junge Frau mit den aufsehenerregenden Beinen auf, als er – hundemüde nach dem langen Flug von London nach Sydney – in der Schlange vor der Zollabfertigung stand.
In der Ankunftshalle sah er sie dann noch einmal. Die schlanke Blondine im schlichten rosa Minikleid bewegte sich strahlend und selbstsicher durch das Gedränge der Reisenden, die mit ihren langweiligen Anzügen und Jeans alle gleich aussahen.
Sein Interesse für die attraktive Fremde war allerdings nur flüchtig. Woher sie kam und wohin sie reiste, war ihm egal. Er kam endlich heim, nach anderthalb Jahren in London, nach anderthalb Jahren tristen englischen Wetters. Den ganzen Flug über hatte er von der Sonne geträumt, von seinem ersten Blick auf den Bondy Beach, wo sich die aquamarinblauen Wellen weiß schäumend am goldenen Strand brachen … Und was erwartete ihn hier bei seinem üblichen Pech? Strömender Regen aus dichten grauen Wolken, die jeden Ausblick versperrten.
Ryans Stimmung wurde immer schlechter, als er nach draußen kam und den voll bepackten, sperrigen Trolley zum Taxistand schob … wo natürlich schon eine endlos lange Reihe anderer Passagiere wartete.
Gähnend sagte er sich, er hätte wohl doch jemand benachrichtigen sollen, dass er an diesem Morgen in Sydney ankam. Aber er hatte keine Lust gehabt, sich nach zwanzig Stunden Flug mit irgendjemand unterhalten zu müssen.
Fragen über London zu beantworten, Fragen über den hässlichen Streit mit seinem Chefredakteur in der Fleet Street, die noch immer das Zentrum des britischen Zeitungswesens darstellte.
Mittlerweile fühlte er sich ziemlich schmuddelig und sehnte sich nach einer Dusche. Rasieren wäre auch nicht schlecht, dachte er und rieb sich das stoppelige Kinn.
Und genau in diesem Augenblick sah Ryan die langbeinige Blondine zum dritten Mal. Sie stand ein Stück vor ihm in der Warteschlange und wirkte taufrisch wie eine gerade gepflückte Rose.
Ein Windstoß fegte plötzlich über die Straße. Er zerrte an ihrem Rock und gab verlockende Blicke auf ihre sensationellen Beine frei, bevor sie das Kleid mit einer Hand bändigen konnte.
Ryan beobachtete sie unauffällig, während sie sich langsam vorwärts bewegten. Es war sonst nicht seine Art, attraktive Frauen begehrlich anzustarren, aber diese Frau faszinierte ihn. Warum eigentlich?
Vielleicht weil sie den Eindruck von Vitalität und Selbstsicherheit vermittelte, ohne eingebildet zu wirken? Sie stand entspannt und zugleich aufrecht da, die Schultern gerade, den Kopf erhoben, einen sperrigen Rucksack auf dem Trolley. Der passte allerdings nicht ins Bild.
Teure Koffer wären eher ihr Stil, dachte Ryan. In dem Moment drehte sie sich um, und für einige Sekunden trafen sich ihre Blicke. Ein eigenartiges Prickeln überlief ihn.
Ihre Augen waren dunkel, ob blau oder braun ließ sich auf die Entfernung nicht sagen, und ihr leicht gelangweilter Ausdruck wandelte sich beinah unmerklich zu einem von beginnendem Interesse. Ihre Mundwinkel zuckten, als würde sie gleich lächeln.
Plötzlich schien ihn ein Stromstoß zu durchzucken, wie es manchmal passierte, wenn man einem fremden Menschen einen Moment lang zu tief in die Augen sah …
Doch bevor er irgendetwas unternehmen konnte, hielt ein Taxi vor ihr. Der Fahrer verließ nur widerwillig den warmen Wagen. Er schnappte sich den Rucksack und versuchte, ihn in den Kofferraum zu stopfen, während sie rasch hinten einstieg.
Ryan warf einen letzten Blick auf ihre wohlgeformten Beine und bemerkte dabei, dass ein kleines Buch aus einer der Seitentaschen des Rucksacks rutschte und in den Rinnstein fiel.
„He, Mister, wollen Sie nun ein Taxi oder nicht?“, erklang es plötzlich.
Ihm war nicht aufgefallen, dass die Leute vor ihm schon abgefahren waren und somit er an der Reihe war. Was sollte er jetzt tun?
Das Buch im Rinnstein sah aus wie ein Notizbuch oder ein Terminplaner, konnte also für die Besitzerin sehr wichtig sein …
„Einen Moment“, bat er. „Sie haben etwas verloren!“, rief er dem Fahrer des anderen Taxis zu und winkte heftig.
Zu spät. Der Mann stieg ein und brauste los.
„Hören Sie mal, entweder nehmen Sie jetzt mein Taxi, oder Sie überlassen es jemand, der es nötiger hat. Sie können bei dem Wetter doch nicht den ganzen Betrieb aufhalten!“, beschwerte sich der Chauffeur vor ihm.
Schnell traf Ryan eine Entscheidung. „Verstauen Sie schon mal das Gepäck“, wies er den Fahrer an. „Und beeilen Sie sich. Wir müssen das Taxi da vorn
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