Julia Extra Band 0292
Flugzeug zu springen?
Er schien ihr Zögern zu bemerken. „Gehen Sie mit mir essen“, bat er leise.
Beim Klang seiner tiefen Stimme begann ihre Haut erregend zu prickeln, und das fand sie ausgesprochen unfair. Immerhin war dieser Mann ihr Gegenspieler, wenn vielleicht auch nicht ihr Feind.
„Dann können wir in Ruhe über alles reden“, fügte er hinzu. „Als kultivierte, wohlerzogene, moralisch denkende Erwachsene. Sie wollen unbedingt die Gedanken, die Sie Ihrem Tagebuch anvertraut haben, vor der Neugier der Öffentlichkeit bewahren. Von daher müssten Sie doch verstehen, warum mir so viel an meiner Privatsphäre liegt.“
Hat er recht?, fragte Simone sich zweifelnd. Konnten sie zu einem Einverständnis in dieser Sache gelangen? Und dann alles zu den Akten legen und weitermachen wie vorher?
Wie schön, wenn sie Ryan Tanner vergessen und sich ihrer wahren Aufgabe widmen könnte: sich mit ihrem Großvater auszusprechen und ihn zu bitten, ihr zu verzeihen.
Dann hätte sie endlich Frieden.
„Wo sollen wir uns treffen?“, fragte Simone einlenkend.
„Wo Sie wollen. Suchen Sie das Restaurant aus. Oder darf ich Sie zu mir einladen?“
„Zu Ihnen?“
„Warum nicht?“
Es gab unzählige Gründe, die dagegen sprachen, nicht nur den, dass sie dann mit einem der begehrenswertesten Junggesellen Sydneys allein wäre. Bisher hatte sie ziemlich erfolgreich versucht, nicht darauf zu achten, wie umwerfend attraktiv Ryan Tanner war.
Jetzt war sie verwirrt. Ging es bei seiner Einladung tatsächlich darum, die Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten aus der Welt zu räumen?
„Das klingt ja wie ein richtiges Date“, meinte Simone schließlich zögernd.
„Na und? Dann lassen Sie uns doch einfach ein richtiges Date verabreden“, schlug er vor und grinste herausfordernd. „Was würde dagegen sprechen?“
„Erstens …“ Sie holte tief Luft, denn sie wusste nicht weiter. „Dass Sie voreilige Schlüsse ziehen“, beendete sie den Satz ziemlich lahm.
Ryan blieb unbeeindruckt. „Na gut, dann ist es eben kein Date, nur ein Treffen. Allerdings muss ich Sie warnen: Meine Wohnung ist überhaupt nicht luxuriös. Aber wir sind dort ungestört. Und ich koche gar nicht schlecht. Vor allem meine Currygerichte sind berühmt-berüchtigt.“
Er lächelte entwaffnend, während er sich vorbeugte und seine Telefonnummer und Adresse auf einen ihrer Notizblöcke schrieb.
Simone betrachtete seine schlanken Finger und seufzte insgeheim. Sie wusste, sie würde zusagen.
Ryan blickte zweifelnd auf das in seiner Küche herrschende Durcheinander von Töpfen, Schneidbrettern und Zutaten. Es war nicht gerade einer seiner genialsten Schachzüge gewesen, Simone Gray zu sich zum Essen einzuladen.
Das Kochen war nicht das Problem. Sondern Simone.
Er interessierte sich schon viel zu intensiv für sie, und ob das gut gehen konnte, war fraglich. Was wollte er eigentlich erreichen, abgesehen davon, dass sie sich bereit erklären sollte, seine Lebensgeschichte nicht in City Girl zu veröffentlichen?
Unwillkürlich erinnerte er sich an ihre wunderschönen blauen Augen und wie sie ihn gestern in ihrem Büro kriegerisch angefunkelt hatte. Wie ihr das goldblonde Haar über die Schultern fiel, wenn sie hochmütig den Kopf in den Nacken legte. Er erinnerte sich daran, wie anmutig sie durch den Flur zu ihrem Büro gegangen war, an ihre endlos langen Beine …
Ja, es lag klar auf der Hand, warum er Simone Gray unwiderstehlich fand! Er hatte sie vom ersten Augenblick an begehrt.
Kritisch sah Ryan sich in seiner Wohnung um. Hier gab es wenig Beeindruckendes – und das ließ sich hervorragend zu einem Test nutzen. Wenn einer Frau seine Umgebung nicht gefiel, wusste er, dass er an eine Beziehung von vornherein nicht zu denken brauchte.
Schon vor Jahren hatte er dem Vermögen seines Vaters den Rücken gekehrt. Allerdings hatte er das von seiner Mutter geerbte Geld in Stadtsanierungsprojekte investiert und sich seitdem nicht mehr groß darum gekümmert. Er hatte auch niemandem davon erzählt, schon gar nicht seinem Vater.
Viel zu oft hatte er mitbekommen, wie die Leute um Tanner senior herumscharwenzelten, nur weil er sagenhaft reich war. Und er hatte oft genug erlebt, wie sich Frauen ihm selbst gegenüber plötzlich anders verhielten, wenn sie erfuhren, dass es sich bei ihm um den Sohn und möglichen Erben des Milliardärs Jordan Tanner handelte.
Zuletzt war es ihm in London passiert, also erst vor Kurzem.
Nach Tanner seniors
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