Julia Extra Band 0293
ungestört.
„Ja, wir kommen gleich mit“, antwortete er schließlich. Damit sprang er auf und hielt Susan seine Hand hin, während Dan und Wendy vorausgingen.
„Danke, ich komme zurecht“, sagte Susan leise, um sich wenigstens einen Funken Würde zu bewahren, nachdem sie gerade eben völlig die Kontrolle über sich verloren hatte. „Ich würde jetzt gern ein paar Schritte allein gehen.“ Mit diesen Worten wandte sie sich von ihm ab.
Während der nächsten Stunde konnte Susan an nichts anderes mehr denken als an Julians Hände auf ihrem Körper, seine Lippen auf ihrer Haut, seine zärtlichen Worte in ihrem Ohr …
Sie konnte kaum fassen, wie schnell sich die Dinge zwischen ihnen entwickelt hatten. Dabei war sie davon ausgegangen, nur Lust und Gier zu empfinden, sobald es intim werden würde. Stattdessen entwickelte sie ernsthafte Gefühle für Julian, er allerdings fühlte nichts.
Warum kann es nicht weniger kompliziert sein?, fragte sie sich unglücklich. Warum kann ich nicht weniger kompliziert sein?
Sie wollte Julian ihren Körper geben, aber nicht ihr Herz! Könnte es ihr auf Dauer reichen, dass er außer Verlangen und Freundschaft nichts für sie empfand? War sie dazu bereit, sich mit so wenig abzufinden, ganz einfach weil sie noch nie mehr als das gehabt hatte?
Langsam schüttelte Susan den Kopf. Nein, sie erwartete mehr vom Leben. Und das hatte sie Julian auch schon gesagt. Liebe, Respekt, vielleicht eine Ehe.
Und er war nicht bereit, ihr etwas davon zu geben. Sie wollte ihn, aber sie dufte ihm nicht trauen. Mittlerweile konnte sie sich nicht einmal mehr selbst trauen.
Tief in ihre trüben Gedanken versunken merkte sie nicht, wie Julian auf sie zukam. Erst als er sie bei den Schultern packte und ihr einen harten Kuss auf den Mund gab, schreckte sie hoch.
„Wo warst du denn? Ich war halb verrückt vor Sorge, weil ich dachte, du hättest dich verlaufen.“
„Ich habe doch Bescheid gesagt, dass ich eine Weile allein sein möchte“, verteidigte sie sich.
„Aber dass das so lange dauert …“, gab er zurück. „Vor meinem inneren Auge sah ich schon, wie du schwimmen gegangen bist und von der Strömung aufs Meer getrieben wurdest.“
Ach, das ist wieder ein Teil seines Theaters, dachte sie. Er wirft mir einen Ball zu, und nun soll ich darauf reagieren.
„Tut mir leid, mein Schatz“, gurrte sie, und er schien sich wieder zu entspannen. „Ich ahnte doch nicht, wie viele Gedanken du dir machst. Verzeihst du mir?“
„Du kannst es später wiedergutmachen.“ Er lächelte sie an und zog sie an der Hand zu den wartenden Jeeps.
Es wurde für Susan immer schwerer, dieses Wechselspiel aus künstlichen und echten Gefühlen durchzuhalten und die verschiedenen Umgangstöne mit Julian voneinander zu unterscheiden.
Als sie die Villa erreichten, waren alle Beteiligten nach dem ausgiebigen Strandtag todmüde. Hilda veranlasste, dass jedem das Abendessen aufs Zimmer gebracht wurde, damit alle sich früh ausruhen konnten.
Nach einer erholsamen, heißen Dusche schlüpfte Susan in ein leichtes, weißes Baumwollkleid. Ein Angestellter brachte einen Teewagen mit dem Abendessen: köstliches Hähnchen mit Knoblauch, gefüllte Pfannkuchen und frischer Obstsalat. Zum Dessert gab es cremige Kokosnusstörtchen.
Julian hatte Susan angekündigt, dass sie sich miteinander unterhalten müssten. Jetzt stand er selbst unter der Dusche, und Susan musste erst einmal frische Luft schnappen.
Ungeduldig riss sie die Fensterläden auf, die tagsüber als Schutz gegen die Sonne geschlossen wurden, und atmete tief die betörende Nachtluft ein: salzig vom Meer und süß von den exotischen Blüten um sie herum.
Das Wasser war nicht weit weg, und ehe Susan sich’s versah, hatte sie spontan die Beine über die niedrige Fensterbank geschwungen. Sie landete im Blumenbeet und ging eilig ein paar Schritte zum Sandstrand hinunter.
Dort setzte sie sich hin und starrte nachdenklich aufs Meer hinaus. Hinter ihr hörte sie fröhliches Gelächter aus einem der anderen Schlafzimmer, vor ihr rauschten leise die Wellen, und in den Palmen raschelte es von Zeit zu Zeit.
Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie so dort saß, doch mit einem Mal hörte sie Julian den Strand hinunterkommen. „Was machst du hier?“
„Ich bin ein bisschen für mich“, erwiderte sie nachdrücklich.
„Aber warum …“, begann er, doch sie fiel ihm ins Wort.
„Mann kann uns hier draußen hören.“
„Susan.“
Es klang so wunderbar, ihren Vornamen aus
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