Julia Extra Band 0293
in Schwierigkeiten“, jammerte Dani am Telefon. „Das war alles so unfair.“
Diese Tour kannte Susan bereits. Wann immer in Danis Leben etwas schieflief, versuchte sie sofort, die Schuld bei anderen zu suchen. Und Susan machte sich selbst verantwortlich dafür. Sie war mit Sicherheit oft zu nachsichtig mit ihrer kleinen Schwester umgegangen, um sie für ihr Leben als Vollwaise bestmöglich zu entschädigen.
„Ich bin exmatrikuliert“, platzte sie heraus. „Sie haben mich einfach rausgeschmissen.“
„Wie bitte? Du bist doch erst seit einer Woche dort! Wie konnte das geschehen?“
„Es war eine Party …“
„Und?“
„Ich war betrunken, und meine Freundin und ich haben uns wohl reichlich danebenbenommen. Ein paar von uns sind in das Fotolabor der Uni eingebrochen, um ein paar Bilder zu machen. Dabei sind einige Sachen zu Bruch gegangen. Teure Ausrüstungsgegenstände.“
Im Geiste zählte Susan bis zehn, um ihre Fassung zu bewahren.
„Ich werde in der Uni anrufen“, versprach sie tonlos.
„Ich gehe aber nicht dahin zurück.“ Erst jetzt fiel Susan auf, wie jung und ängstlich ihre Schwester klang.
„Oh, Dani. Brich doch jetzt bitte keine Entscheidung übers Knie. Ich bin in zwei Tagen wieder zu Hause.“
„Ich muss heute Abend hier weg.“
„Heute Abend?“ Es musste wirklich ernst sein. „Gut, dann nimm den Zug nach Hause. Ich komme, so schnell ich kann.“
„Hass mich nicht, Susan“, bat Dani, und Susan ließ sich von dem verzweifelten Tonfall erweichen. „Ich könnte es nicht ertragen, wenn du wütend auf mich bist. Mir ist klar, dass ich Mist gebaut habe, und das nach nur einer Woche. Es tut mir so leid.“
„Schon gut, Dani, ich könnte dich doch niemals hassen.“ Sie redete mit ihrer Schwester wie mit einem Kleinkind. „Wir kriegen das alles wieder hin.“
„Ich weiß, du bist ganz weit weg, irgendwo.“ Dani schluckte schwer. „Kannst du trotzdem schnell kommen? Für mich? Ich brauche dich.“
Susan fühlte einen regelrechten Stich im Herzen. Entschlossen schob sie ihr Kinn vor. „Natürlich komme ich“, versprach sie. Julian musste es einfach verstehen. Schließlich hatte sie heute einen Eindruck davon gewonnen, wie sensibel er sich verhalten konnte. Außerdem ging es ja nur noch um einen weiteren Tag.
Doch als sie sich zu ihm umdrehte, nachdem das Telefonat beendet war, erkannte sie sein Gesicht kaum wieder. Es war hart, verschlossen und so düster, wie sie es noch nie gesehen hatte.
„Was sollte das?“, grollte er.
„Offenbar hat meine Schwester es geschafft, von der Uni zu fliegen. Eine Party ist etwas aus dem Ruder gelaufen.“ Sie wurde rot. „Das ist natürlich keine Entschuldigung, ich weiß, aber sie ist eben noch jung.“ Nicht einmal für ihre eigenen Ohren klang das überzeugend. Trotzdem ignorierte sie seinen zynischen Gesichtsausdruck. „Jedenfalls braucht sie mich, und ich muss augenblicklich nach Hause.“
„Unser Flug geht in weniger als achtundvierzig Stunden“, wandte er ein. „Meinst du nicht, bis dahin kommt sie allein zurecht?“
„Sie ist völlig am Ende, Julian.“
„Ganz sicher, wenn sie es fertigbringt, nach nur einer Woche von der Uni zu fliegen“, bemerkte er trocken.
„Julian!“ Mit erhobener Hand brachte sie ihn zum Schweigen. „Sie ist meine Schwester, und außer mir hat sie niemanden. Ich muss so schnell wie möglich an ihrer Seite sein. Jan wird es schon verstehen.“
„Wegen seines Familienticks, was?“ Julian schüttelte den Kopf. „Nein, Susan. Du bleibst hier.“
Sein entschlossener Ton jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass sie beide noch immer vollkommen nackt waren. Aber am meisten beunruhigten Susan jedoch Julians unendlich kalte Augen. Sie wünschte sich mehr als alles andere, Liebe darin zu erkennen, wenn sie mit ihm intim war. Stattdessen wirkten sie wie tot.
Hastig griff sie nach ihrem Kleid und streifte es sich mit zitternden Händen über.
„Ich verstehe dich einfach nicht“, begann sie mit erstickter Stimme. „Wie kannst du in einem Moment so verständnisvoll und lieb sein, und im nächsten dann …“
„Das kannst du nicht verstehen?“, forderte er sie heraus und baute sich – splitternackt – vor ihr auf.
Ihr wurde schwindelig. Völlig überfordert schüttelte sie den Kopf. Dabei erkannte sie den Menschen, der so kaltherzig und wütend vor ihr stand, nicht wieder. Die Wahrheit machte ihr Angst …
„Was geschehen ist …“ Sie brach ab,
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