Julia Extra Band 0294
den leicht geröteten Hals. Schuldgefühle übermannten ihn, als er den zerfetzten String auf dem Boden sah, dann dachte er daran, dass sie es ebenso gewollt hatte wie er.
„Rebecca?“
Sie drehte das Gesicht zur Wand und hätte sich am liebsten wie ein tödlich getroffenes Tier zusammengerollt. „Bitte geh einfach, Xandros“, brachte sie nur matt hervor.
Er kniff die Augen zusammen und nahm das Bild wie eine Momentaufnahme ein letztes Mal in sich auf. „Leb wohl, Rebecca“, sagte er leise und zog die Tür hinter sich zu.
5. KAPITEL
„Bitte kommen Sie umgehend zu mir ins Büro, Rebecca!“
Vanessas Ton klang seltsam kühl. Rebecca packte den Telefonhörer so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. „Aber laut Dienstplan fliege ich doch erst heute Abend“, gab sie zu bedenken.
„Das weiß ich. Ihr Dienstplan liegt vor mir.“ Vanessas Stimme war jetzt unverkennbar eisig. „Ich muss Sie auf der Stelle sprechen.“
Wie erstarrt blickte Rebecca aufs Telefon. Weshalb wollte ihre Chefin sie sprechen? Warum sollte sie sich Stunden vor ihrem eigentlichen Dienstantritt bei Vanessa im Flughafenbüro einfinden?
Aber hatte sie insgeheim nicht fast schon mit so etwas gerechnet?
War es nicht sogar ein Wunder, dass es nicht schon eher dazu gekommen war?
So viel war geschehen, seit Xandros sie geliebt und gedemütigt, ihr Apartment verlassen und sie mit gebrochenem Herzen zurückgelassen hatte. Sie hatte sich im Bett verkrochen und geweint, bis sie keine Tränen mehr hatte.
Erst nach einigen Tagen hatte sie von Kollegen erfahren, dass Xandros nicht mehr mit Evolo flog. Aus heiterem Himmel hätte er alle Buchungen storniert. Vanessa sei darüber enttäuscht und sehr aufgebracht gewesen. Rebecca hatte Mühe gehabt, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie möglicherweise der Grund für Xandros’ drastische Entscheidung war.
Erst Wochen später hatte sie dann eine noch schrecklichere Entdeckung gemacht. Selbst jetzt konnte sie es immer noch nicht recht glauben, aber der Arzt hatte es bestätigt. Und jetzt musste sie versuchen, irgendwie damit fertig zu werden.
Aber wie?
Dankbar, dass ihre Uniformjacke noch genug verdeckte, hielt Rebecca ihren zu eng gewordenen Rock mit einer Sicherheitsnadel zusammen und legte mehr Make-up auf als sonst, um zu übertünchen, wie verängstigt und verzweifelt sie war. So hoffte sie, den unvermeidlichen Zusammenstoß mit Vanessa eher durchstehen zu können.
Durch die Glaswand von Vanessas Büro sah Rebecca ihre Vorgesetzte geschäftig telefonieren. Als sie aufblickte und Rebecca bemerkte, wurde ihre Miene zornig. Sie legte den Hörer auf und bedeutete Rebecca hereinzukommen.
„Schließen Sie die Tür“, waren Vanessas erste Worte.
Gefasst folgte Rebecca der Aufforderung. „Sie wollen mich sprechen?“ Ihre Chefin bot ihr keinen Stuhl an, sodass sie wie ein ungezogenes Kind, das vor seine erzürnte Lehrerin zitiert wurde, stehen bleiben musste. Und hatte sie es nicht verdient?, meldete sich die Stimme ihres Gewissens. Das und noch viel mehr?
„Spielen Sie nicht die Unschuldige, Rebecca“, sagte Vanessa kalt. „Sie dürften genau wissen, warum Sie hier sind.“
Wie viel wusste die stahlharte Blondine? Rebecca versuchte, Zeit zu gewinnen. „Ich dachte …“
„Das ist ja Ihr Problem“, schnitt ihre Chefin ihr scharf das Wort ab, „Sie haben eben nicht gedacht, sondern sich einfach hinreißen lassen und gegen unsere Hauptregel verstoßen: sich unter keinen Umständen privat mit unseren Fluggästen einzulassen.“
Vanessa kniff die Augen zusammen, sie konnte ihren Zorn kaum noch zügeln, und Rebecca hatte den Eindruck, dass es der Frau um mehr als nur eine berechtigte Verärgerung ging. Hatte Xandros nicht einmal angedeutet, Vanessa früher auch privat getroffen zu haben? So etwas gehöre nun mal zum Beruf, hatte sein Ton anklingen lassen. Rebecca verspürte einen schmerzlichen Stich im Herzen. Wer mochte ihren Platz bei ihm inzwischen eingenommen haben?
„Tut mir leid“, flüsterte sie.
Vanessa tat ihre Entschuldigung mit einer knappen Handbewegung ab. „Was hatten Sie erwartet? Ist Ihnen nicht mal der Gedanke gekommen, anderen könnte auffallen, wie verliebt Sie ihn angesehen haben, obwohl Sie versuchten, sich nichts anmerken zu lassen? Waren Sie wirklich so dumm, an eine Zukunft mit Alexandros Pavlidis zu glauben? Dachten Sie, ein Mann wie er würde Ihnen mehr bieten als eine schnelle Affäre?“
„Ich … muss mir das nicht anhören, Vanessa.“
„Oh
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