Julia Extra Band 0294
Lösung eingefallen. Lilys Großtante war schließlich auch schon betagt und brauchte sie. Seine Mutter würde verstehen, dass es grausam wäre, der alten Dame die Gesellschaft ihrer über alles geliebten Großnichte noch länger vorzuenthalten.
Die Verlobungszeit würde sich immer weiter ausdehnen, bis er und Lily irgendwann erkannten, dass sie einander nicht mehr liebten. Damit war das Thema Hochzeit erledigt.
Hoffentlich erwies sich die Gesundheit seiner Mutter zu diesem Zeitpunkt als so stabil, dass sie ihre Enttäuschung gut verarbeiten konnte.
Er würde Lily in die neuen Pläne einweihen müssen. Unvermittelt entspannte er sich. Endlich würde er sie aus ihrem Elend befreien! Allerdings musste er zugeben, dass sie die Rolle, die er ihr zugedacht hatte, überaus perfekt spielte.
An ihren schauspielerischen Leistungen als verliebte Frau gab es nichts auszusetzen. Natürlich wusste sie, dass die Unterstützung von Life Begins allein von ihrer Fähigkeit abhing, seine Mutter zu täuschen. Doch an der Art und Weise, wie sie ihn verträumt ansah, wie sie errötete, wenn er sie anlächelte, war absolut überzeugend.
Und wenn er sie berührte, wenn er einen Arm um ihre schmale Taille legte, konnte er hören, dass sie kurz den Atem anhielt, konnte spüren, wie sich ihr Puls beschleunigte, und sehen, wie sie den Mund ein wenig öffnete.
Und ihre Lippen wirkten sehr einladend. Gehörte es auch zu ihrer Darbietung, dass sie seine Küsse so leidenschaftlich erwidert hatte? Irgendwie glaubte er das nicht.
Ohne dass er es bemerkte, lächelte er. Wer hätte gedacht, dass sich die Landstreicherin, als die er sie kennengelernt hatte, in eine so attraktive, faszinierende Schönheit verwandeln würde?
In eine verführerische noch dazu. Hitze breitete sich in ihm aus, als er sich an alle Einzelheiten erinnerte. Unvermittelt verspürte er das Bedürfnis, sie wieder in seinen Armen zu halten, diesen sinnlichen Mund zu küssen und anschließend sehr, sehr viel weiter zu gehen.
Basta! Genug! Paolo trat so heftig auf die Bremse, dass der Kies unter den Reifen wegspritze. Er stieg aus und knallte die Wagentür hinter sich zu. Mit Lily Frome zu schlafen, so verlockend die Aussicht auch sein mochte, kam nicht infrage. Abgesehen davon, dass sie seine Angestellte und damit sowieso tabu war, war sie auch überhaupt nicht sein Typ!
Sein Typ. Er runzelte die Stirn. Groß, blond, langbeinig. Kurz war er mit so einer Frau verlobt gewesen, ebenso kurz mit einer anderen verheiratet. Das war, bevor er auf die harte Tour gelernt hatte, dass Treue nur etwas für Dummköpfe war.
Lily hingegen war klein. Allerdings besaß sie eine perfekte Figur. Ihr Haar schimmerte in der Farbe von Karamell. Sie war süß, mitfühlend und hatte keine Angst, offen und ehrlich ihre Meinung zu sagen. Bestimmt empfand sie Höllenqualen aufgrund der Farce, zu der er sie praktisch gezwungen hatte. Wahrscheinlich litt sie unter Albträumen, sobald sie zu Bett ging.
Zu Bett ging … Paolo betrat die Villa durch einen Nebeneingang und erreichte den ersten Stock über die Dienstbotentreppe. Er wollte niemandem begegnen und endlich die hartnäckige Verbindung von Lily und Bett in seinen Gedanken lösen. Wenn er ihr eine nette kleine Affäre vorschlug, würde sie eine Meile weit weglaufen. Und zwar schreiend!
Oder ihn mit dem nächstbesten schweren Gegenstand niederschlagen!
Und er könnte es ihr nicht einmal verübeln. Sie war wunderschön, warmherzig, besaß eine durch und durch gute Seele und verdiente einfach etwas Besseres. Sie verdiente jemanden, der sie liebte, schätzte und verehrte.
Lily wusste genau, dass sie wie ein kopfloses Huhn in ihrem Zimmer umherlief. Wie ein nacktes kopfloses Huhn, um genau zu sein.
In der Hoffnung, Paolo bei seiner Rückkehr abzufangen, zögerte sie das Duschen und Anziehen nun schon seit geraumer Zeit hinaus. Sie musste ihn endlich dazu bringen, etwas gegen die Hochzeitspläne seiner Mutter zu unternehmen.
Doch eine halbe Stunde vor dem von Fiora anberaumten Familiendinner war er immer noch nicht zurückgekehrt.
„Lily …“ Die Worte, mit denen Paolo sie hatte fragen wollen, ob sie einen schönen Tag verbracht hatte, waren vergessen. Alle Probleme spielten plötzlich keine Rolle mehr. Ohne zu klopfen war er in ihr Zimmer marschiert, als besitze er jedes Recht dazu … und nun stand sie nackt vor ihm.
Ihm stockte der Atem. In seiner Brust verspürte er einen harten Kloß. Er sollte sich entschuldigen und schleunigst
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