Julia Extra Band 0294
einverstanden?“, fragte Lily verwundert.
„Nicht ohne Diskussion.“ Ein Lachen blitzte in ihren haselnussbraunen Augen auf.
Sie sieht wirklich besser aus, ging es Lily durch den Kopf. Ihre Wangen hatten wieder Farbe angenommen, und ihre Stimme klang viel kräftiger.
„Die Nachricht von eurer Hochzeit hat mich meinen Lebensmut wiederfinden lassen.“ Sie ergriff Lilys Hand. „Der Tod meines Ehemanns vor zehn Jahren war ein furchtbarer Schlag für mich. Ich habe Sergio sehr geliebt. Meine beiden Söhne und die Hoffnung auf Enkelkinder haben mich am Leben erhalten.“
Fiora seufzte und zog ihre Hand zurück. „Dann, vor einem Jahr, sind mein Sohn Antonio und seine schwangere Frau bei einem Verkehrsunfall getötet worden. Und zu meinem größten Kummer schien es Paolos fester Entschluss zu sein, nie wieder zu heiraten.“ Sie zuckte die Schultern. „Auf gewisse Weise verstand ich ihn. Schließlich war er überzeugt, seinen eigenen Gefühlen nicht vertrauen zu können. Zweimal ist er sehr enttäuscht worden. Aber natürlich weißt du das bereits alles.“
Zu nicken fiel Lily überaus schwer. Noch eine Lüge! Paolo hatte ihr nie etwas Persönliches erzählt.
„Abgesehen von dem Wunsch einer jeden Mutter, ihren Sohn glücklich und verheiratet zu sehen, würde unsere Familie, auf die Sergio so stolz war, für immer aussterben, wenn Paolo keine Kinder bekommt. Diese Aussicht hat mir zusätzlichen Kummer bereitet. Aber …“, ein Lächeln überstrahlte die traurigen Erinnerungen, „nun hat er dich gefunden. Nach einem langen und schmerzhaften Jahr kann ich nun zuversichtlicher in die Zukunft blicken.“
Es war das erste Mal, dass Lily etwas von der Tragödie der Familie und Fioras Leid erfuhr. Endlich begriff sie, warum Paolo beschlossen hatte, seine Mutter zu belügen, als er von ihrer wahrscheinlich tödlich verlaufenden Krankheit erfahren musste.
Doch vollstes Verständnis für eine Lüge zu haben machte es auch nicht leichter, bei diesem Schwindel mitzuspielen. Ganz im Gegenteil. Es wurde schwieriger.
Für Lily war es eine große Erleichterung, als Fioras Freundin schließlich auf die Terrasse kam und die morgendliche Ruhestunde anmahnte.
„Du musst dich schonen, wenn du wieder ganz gesund werden willst“, tadelte Carla.
„Lily und ich führen ein wichtiges Gespräch“, widersprach Fiora und begegnete der dargebotenen Hand mit einer unwirschen Geste. „Und ich kann ohne deine Hilfe laufen! Lass uns allein … ich bin überhaupt nicht müde.“
„Das liegt daran, dass du dich bis jetzt vernünftig verhalten und in regelmäßigen Abständen ausgeruht hast“, konterte Carla ruhig.
Lily unterdrückte ein Lächeln und fragte sich, wer wohl aus diesem Wettkampf als Siegerin hervorging. Sie würde ihr Geld auf Fiora setzen!
Diese Wette hätte sie verloren, musste sie wenige Sekunden später einsehen, als Carla zum entscheidenden Argument ansetzte. „Du wirst all deine Kraft für die Planung der Hochzeit brauchen. Wenn du dich jetzt überanstrengst, leidet deine Gesundheit, und du wirst uns nicht helfen können!“
„Ausnahmsweise hast du einmal recht“, gab sie zu und stand auf, wandte sich jedoch gleich darauf schelmisch lächelnd an Lily. „Ich sehe dich und Paolo heute Abend zum Dinner. Es gibt aufregende Neuigkeiten, die ich euch mitteilen will.“
Danach erlaubte sie ihrer Freundin, sie ins Haus zu führen … allerdings nicht, ohne zu grummeln: „Wenn du jetzt anfängst, mich herumzukommandieren, wirst du den gleichen Weg nehmen, den auch die Krankenschwester gegangen ist!“
Carla grinste nur. Offenbar kannte sie Fioras leere Drohungen.
Kaum hatten die beiden Frauen die Villa betreten, sprang Lily auf. Sie fühlte sich viel zu unruhig, um still sitzen zu bleiben. Warum war Paolo nicht da, wenn sie ihn wirklich brauchte?
Die Hände zu Fäusten geballt, schlenderte sie zum Geländer hinüber und starrte blickleer über die bewaldeten Hügel und fruchtbaren Täler in der Ferne.
Irgendwie musste sie Paolo klarmachen, dass er der Hoffnung seiner Mutter auf baldige Hochzeitsglocken ein Ende bereiten musste. Und zwar jetzt! Sofort! Bevor Fiora sich noch tiefer in ihre Pläne verstrickte.
Dummerweise war er nicht da. Und sie würde noch verrückt werden, wenn sie auch nur eine Sekunde länger über alles nachdachte.
Kurz entschlossen wandte sie sich um und marschierte ebenfalls zurück in die Villa und die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Dort machte sie es sich auf dem Bett gemütlich und
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