Julia Extra Band 0295
Wie war noch Dans Telefonnummer?“
Brooke gab ihr die Nummer. „Also, wir sprechen uns morgen.“
„Klar. Bis bald.“ Simone legte auf.
Brookes Hände waren feucht, und ihr Puls raste. Sie war siebenundzwanzig Jahre alt und seit ihrem zwanzigsten Lebensjahr selbst Mutter. Und trotzdem schaffte ihre Schwester es spielend, dass sie sich wieder wie ein Kind vorkam.
Nachdem sie sich einen Moment gesammelt hatte, kehrte Brooke ins Haus zurück. Dan war noch damit beschäftigt, den Inhalt des Kühlschranks zu erforschen. Dass er die gleiche Unart wie Cal besaß, ärgerte sie mächtig.
„Alles in Ordnung?“, fragte Dan.
„Ausgezeichnet.“
„Musst du noch jemanden anrufen?“
Brooke zuckte die Schultern. „Ich habe sonst niemanden.“
„Das klingt ziemlich dramatisch.“
„Dramatisch?“ Sie stellte das Telefon in die Ladestation. „Soll ich vielleicht eine der Rennfahrerfrauen anrufen, die mich nach Cals Tod plötzlich nicht mehr kennen? Oder eine der Mütter von Beaus Schulkameraden, die hinter vorgehaltener Hand über uns tratschen? Tut mir leid, Dan, aber ich habe festgestellt, dass die meisten Leute einen nur betrügen. Ich schulde ihnen gar nichts.“
Nun gut, dann führte sie sich eben ein bisschen dramatisch auf. Kein Wunder: zuerst das Gespräch mit Simone, dann die Erinnerungen an Cal beim Anblick des offenen Kühlschranks. Und nun auch noch Dans verheißungsvolle Blicke, die sie aus dem Gleichgewicht brachten, und seine Nähe, die ihr den Atem nahm.
Als er langsam hinter sie trat, hüllte sein Zitrusduft sie ein. „Ich möchte dich nicht zum Feind haben, meine Liebe.“
„Dann sorge dafür, dass es nicht passiert“, gab sie scharf zurück.
„Das werde ich“, versprach er todernst und setzte sich auf einen Küchenstuhl. Nach einer Weile fragte er: „Und wie geht es der guten alten Simone?“
Alt? Das würde Simone sicher nicht gefallen. Lachend ließ Brooke sich auf den Stuhl neben ihm sinken. Nach der Anspannung der letzten Stunden fühlte sie sich plötzlich wunderbar befreit. „Die gute alte Simone ist so anstrengend wie immer.“
Als Dans Fuß zufällig ihr Bein streifte, hielt Brooke den Atem an. Hatte er die Berührung auch bemerkt? Zumindest ließ er sich in dem Fall nichts anmerken: Er lehnte sich nur zurück und schaute durchs Küchenfenster in den Garten.
„Wie kommt das?“, fragte er. „Bedrängt sie dich mit ihrer Fürsorge?“
„Eigentlich findet sie immer etwas, damit ich mir wie ein dummes Kind vorkomme.“ Sofort bereute Brooke ihre Worte. „Tut mir leid, das hätte ich nicht sagen dürfen.“
„Warum nicht?“
„Weil es gemein ist. Du kennst sie ja. Es war einfach nicht fair von mir.“
„Manche Menschen sind so veranlagt, dass sie sich ständig um die sorgen müssen, die sie lieben. Selbst wenn diese Liebe nicht erwünscht ist“, sagte Dan und blickte ihr bedeutungsvoll in die Augen.
Bei seiner Bemerkung lief Brooke ein Schauer über den Rücken. Verwirrt überlegte sie, was er damit andeuten wollte – und warum ihr Körper so darauf reagierte.
„Damit du dich besser fühlst, werde ich dir auch etwas erzählen, was ich eigentlich nicht einmal laut aussprechen dürfte“, wechselte Dan das Thema. „Gordon Rose hat die Absicht, mit dem Football aufzuhören. Ein Verlag bietet ihm Millionen für ein Buch, und er möchte, dass ich mich für ihn einsetze.“
Brookes Augen wurden immer größer. Dan kannte keine Frau, die so konzentriert zuhörte wie sie. Schon bei ihrer ersten Begegnung hatte sie ihm das Gefühl gegeben, der einzig interessante Mensch auf der Welt zu sein. Damals hatte er sich ermahnen müssen, dass sie die Frau seines besten Freundes war – doch da war es bereits zu spät gewesen …
„Wow! Ich schwöre, dass ich das Geheimnis für mich behalte“, versprach Brooke.
Dan lächelte. „Siehst du: Wenn du etwas gibst, bekommst du auch etwas zurück.“
„Stimmt“, sagte Brooke. „Vielleicht sollte das mein neues Lebensmotto werden.“
„Wie lautet dein altes?“
„In letzter Zeit? Jeder ist sich selbst der Nächste.“
Sie lächelten sich an und genossen beide diesen glücklichen Augenblick.
Doch schon bald überkamen Dan Schuldgefühle. Solche vertrauten Momente zwischen ihnen sollte er nicht heraufbeschwören. Schließlich hatte er Brooke nicht seinetwegen eingeladen. Er hatte es für Cal getan, um dessen Fehler wiedergutzumachen. Oder?
Brooke räusperte sich und band ihre blonden Locken zu einem lockeren Knoten
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