Julia Extra Band 0295
aus.“
Tim warf es achtlos beiseite. „Lass sie los, Dad“, brüllte er aus Leibeskräften. Cilla und Rowdy, bis eben mit dem neuem Spielzeug beschäftigt, drehten sich erschrocken um und schauten ihren Vater an.
„Lass sie los, habe ich gesagt.“
„Wie bitte?“ Noah sah an sich hinunter. Er hielt tatsächlich noch immer Jennifers Hand.
Der Ärger, der in ihm hochstieg, konnte es mit dem seines Sohnes aufnehmen. Es wurde Zeit, die väterliche Autorität, die er vor drei Jahren verloren hatte, wiederherzustellen. Wenn er sich weiter der Angst um seinen Sohn beugte, würde der Achtjährige bald das Sagen in der Familie haben.
Noah zwang sich zur Ruhe. „Ich bin hier der Erwachsene, Tim. Ich bestimme, nicht du. Was Jennifer und ich machen oder nicht machen, geht nur uns beide etwas an.“
„Du bist mit meiner Mum verheiratet“, schrie der Junge.
Noah ließ Jennifers Hand los und ging auf seinen Sohn zu. Obwohl der Junge sich dagegen sträubte, fasste er ihn bei den Schultern. „Tim, ich habe euch nicht verlassen. Mummy ist weggegangen, weil sie traurig war. Wenn sie hätte zurückkommen wollen oder können, dann wäre das längst geschehen. Dein Schimpfen und Schreien, auch dein Weglaufen bringt Mummy nicht zurück. Verstehst du, Sohn? Es gibt nur noch uns.“
„Nein, nein.“ Der Junge schlug wild um sich. „Sie kommt nach Hause. Sie kommt. Sie hat es versprochen.“
Noahs Herz verkrampfte sich angesichts der Pein seines Kindes. „Sie hat versprochen, in einer Stunde wieder zurück zu sein“, sagte er ruhig.
„Es ist deine Schuld. Wir hätten zu Hause bleiben müssen.“ Tim ballte die Hände zu Fäusten.
„Sie wusste die ganze Zeit, wo wir waren, aber sie kam nicht.“
„Weil du sie traurig gemacht hast. Du hast sie traurig gemacht.“
Noah schloss die Augen. Er wusste, wer seinen Sohn mit diesen Argumenten fütterte. „Hör zu, mein Sohn. Mummy war krank. Die Krankheit heißt postnatale Depression. Ich habe sie nicht traurig gemacht. Ich habe Mummy sehr lieb gehabt. Ich wollte, dass sie bei uns bleibt. Aber sie war sehr sehr krank. Keine Medizin hat ihr geholfen. Deshalb ist sie fortgelaufen. Wenn sie zurückkommt, wird sie uns finden. Nana und Pa wohnen in derselben Straße, in der wir gewohnt haben. Sie werden Mummy erzählen, wohin wir gezogen sind.“
„Nein, nein.“Tim zitterte am ganzen Leib. Als sein Vater ihn an seine Brust zog, wehrte er sich nicht mehr. „Das können sie nicht. Nana und Pa wohnen auch nicht mehr da“, jammerte er.
„Was sagst du da?“ Noah hielt ihn von sich fort und betrachtete sein Gesicht.
„Hau ab!“, schrie Tim plötzlich in neu entflammter Wut. „Lass meinen Dad in Ruhe.“
Jennifer war zu ihnen getreten. Traurig und mitfühlend sah sie aus. „Heute Morgen war ich noch deine Freundin, Tim. Und das bin ich noch immer. Aber ich habe auch deinen Dad sehr gern.“
Wie wohl das tat. Noah spürte es ja schon lange, dass sie ihn mochte, aber es aus ihrem Munde zu hören, war etwas anderes.
„Dein Dad hat sich große Sorgen um dich gemacht, Tim. Ich habe ihn umarmt, um ihn zu trösten. Darf ich nicht auch die Freundin deines Dad sein?“
Tim wandte sich ab. Seinem blassen Gesicht sah Noah die Anstrengung an, mit seinen Gefühlen fertig zu werden. „Dad.“ Das klang wie die Bitte eines kleinen Jungen, für ihn die Welt wieder in Ordnung zu bringen. Oder ihm wenigstens das zu lassen, woran er sich klammerte: das Versprechen seiner Mutter zurückzukommen.
„Tim, wo sind Nana und Pa?“, fragte er ruhig. Er hatte einen unguten Verdacht.
Als Tim mit den Füßen scharrte und schuldbewusst die Augen niederschlug, sprach Noah es aus. „Sie sind hier, nicht wahr? Sie haben von der Frau gehört, die Mummy ähnlich sieht und hier in der Nähe lebt.“
Tim sah ihn an. Er hatte die gleichen Augen wie Belinda. Sie loderten. „Du weißt, dass Mummy hier ist?“
Ohne hinzusehen spürte Noah, wie Jennifer stocksteif wurde. Er hatte jetzt keine Zeit, ihr Erklärungen zu geben. „Ja, mein Sohn, ich weiß von der Frau. Wo sind Nana und Pa jetzt?“
Seine Schwiegereltern hatten sich von ihm zurückgezogen. Sie verübelten ihm, dass er die Fakten akzeptierte, während sie weiterhin all ihre Zeit und ihr Geld dafür einsetzten, Belinda zu finden. Wenn seine Schwiegereltern anriefen, verlangten sie Tim und ließen sich dann an Cilla und Rowdy weiterreichen.
Plötzlich verstand Noah, warum Tim in den vergangenen Wochen so umgänglich gewesen war. Peter und
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