Julia Extra Band 0297
er eine warme und freundliche Atmosphäre aus.
„Haben Sie keinen Hunger?“, fragte der Earl.
Wortlos starrte sie auf den Teller, den sie sich von dem hervorragenden Frühstücksbuffet, das sowohl heiße wie auch kalte Speisen bot, zusammengestellt hatte. Bislang hatte sie lediglich ein Glas frisch gepressten Orangensaft getrunken und einen kleinen Streifen Bacon gegessen. Das Rührei und den Toast hatte sie nicht angerührt.
Ihr merkwürdiger Tränenausbruch hatte sie erschüttert und ihr den Appetit geraubt.
„Ich glaube, ich brauche einfach etwas Schlaf“, gab sie zu. Wenn sie schlief, konnte sie nicht nachdenken. Und sie wollte weder über Shane noch über den Mann, der ihr gerade gegenübersaß, weiter grübeln. Noch viel weniger wollte sie an die wundervolle, sicherlich gänzlich bezaubernde Lady Tiffany Ravensbrook denken.
„Sind Sie sicher, dass Sie den Besuch heute Nachmittag im Krankenhaus schaffen?“, fragte James besorgt.
„Natürlich schaffe ich das“, fauchte Marina beinahe. „Also denken Sie bitte nicht einmal im Traum daran, den Termin abzusagen. Ich möchte keinerlei Verzögerung in dieser Hinsicht. Falls ich noch schlafen sollte, wenn Sie von der Bank zurückkommen, dann wecken Sie mich einfach.“
Vorhin, als sie sich zu ihm an den Frühstückstisch gesetzt hatte, hatte er ihr erzählt, dass er Vizepräsident einer der größten Londoner Handelsbanken war und noch für einige Stunden in die Bank musste. Außerdem stand auch noch ein Treffen zum Lunch in seinem Terminkalender.
„Oder noch besser – Henry kann mich rechtzeitig wecken, sodass ich fertig bin, wenn Sie kommen“, korrigierte sie sich.
An seinem Stirnrunzeln erkannte Marina, dass ihr knapper Ton ihn irritierte. Sie seufzte und sagte sich, dass all das ja nicht sein Fehler war.
„Es tut mir leid, James“, sagte sie, um gleich darauf zusammenzuzucken. „Oh … oh, ich meine … Mylord.“
Sein Lächeln wirkte verschmitzt und geradezu entwaffnend charmant. „Aha, jetzt ist Ihnen also doch ein kleiner Lapsus unterlaufen“, sagte er, und seine blauen Augen funkelten amüsiert. „Ich habe mich schon gefragt, wie lange es wohl dauern wird. Von nun an werden Sie mich nur noch James nennen. Und ich werde wirklich kein Nein akzeptieren.“
Marina konnte nicht anders und lächelte – während sie innerlich dahinschmolz. „Also gut … James.“
Natürlich kam Henry genau in dem Moment in den Raum, als sie ihren Gastgeber hilflos anlächelte. Und was es noch schlimmer machte – James erwiderte das Lächeln und sah sie dabei so an, als wäre sie die begehrenswerteste und schönste Frau der Welt. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, strahlte er seinen alten Kammerdiener an und verkündete: „Marina hat sich endlich einverstanden erklärt, mich James zu nennen, Henry. Ich hatte schon befürchtet, dass ich mir die nächsten zehn Tage oder mehr ständig dieses ‚Mylord‘ anhören muss.“
„Zehn Tage oder mehr, Mylord?“, wiederholte Henry steif, während er die Stirn in Falten legte. „Ich habe Miss Marinas Rückflug für nächstes Wochenende gebucht. Im Krankenhaus hat man mir versichert, dass sie bis dahin wieder in der Lage sein würde zu reisen.“
„Ja, das ist sie sicherlich auch“, erwiderte James im Aufstehen. „Aber ich fahre ein paar Tage mit ihr nach Winterborne Hall, bevor sie nach Australien zurückfliegt. Machen Sie sich keine Gedanken, ich lasse den Flug einfach von meiner Sekretärin umbuchen.“
Daraufhin vertieften sich die Falten auf Henrys Stirn. „Aber haben Sie es denn vergessen, Mylord?“
„Was vergessen?“
„Lady Tiffany wird zu dieser Zeit in Italien sein.“
James warf seine Serviette auf den Tisch. „Nein, Henry“, erwiderte er mit einem warnenden Unterton. „Das habe ich nicht vergessen. Aber ich bringe Marina auch nicht nach Winterborne Hall, damit sie dort unsere Nachbarn kennenlernt. Ich will ihr die Landschaft und Rebeccas Zuhause zeigen.“
Marina holte hörbar Luft. Offensichtlich hatte der Earl of Winterborne nicht die Absicht, ihr von seiner nahenden Verlobung zu erzählen. Ebenso schien er auch nicht zu wollen, dass sie seine zukünftige Braut kennenlernte.
Zu dem Schock gesellten sich augenblicklich wilde Spekulationen. Tat er es ganz bewusst? Kannte Henry seinen Arbeitgeber besser als sie? Hegte der Earl of Winterborne eine heimliche Vorliebe für Rothaarige? Plante er vielleicht sogar ihre Verführung? Während seine Verlobte sich im Ausland aufhielt?
Es
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